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Nachdem die Homöopathie nach Zwischenfällen und Verbotsforderungen in letzter Zeit vermehrt in die Kritik geraten ist, positioniert sich nun der Bundesverband der Arzneimittelhersteller zu dem Thema. Er betont die hohe pharmazeutische Qualität und Unbedenklichkeit wie auch die Bedeutung der Apothekenpflicht. Doch der Verband lässt offen, wo die Homöopathie ihre Grenzen hat. Dass es wenige bis keine Studien zum Nachweis der Wirksamkeit von Homöopathika gibt, sei normal, da Nachweise bei individuellen Therapien nur schwer möglich seien.
Kritik an fehlenden Wirksamkeitsnachweisen, Forderungen gegen Kostenerstattungen und verstorbene Kinder in den USA, Italien oder Belgien, die homöopathisch behandelt worden waren: Die „besondere Therapierichtung“ Homöopathie ist derzeit stark unter Beschuss. Auch von Seiten der Politik werden Forderungen laut, den gesetzlichen Sonderstatus von Globuli & Co. zu ändern, und der unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA), Josef Hecken, hatte infrage gestellt, ob Krankenkassen Homöopathika als Satzungsleistung weiterhin erstatten sollten. Bei manchen Pharmaverbänden trifft das verständlicherweise nicht auf Wohlgefallen. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hatte kürzlich eine Umfrage zum Thema durchgeführt – und nun folgt der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) mit einem Positionspapier zum Thema, zu dem auch Homöopathika-Hersteller wie die Deutsche Homöopathie-Union, Heel oder Hevert gehören.
„Das Grundprinzip in der Therapie mit klassischen homöopathischen Arzneimitteln besteht in der Behandlung von Erkrankungen nach dem Ähnlichkeitsprinzip“, erklärt der Pharmaverband zunächst – und verweist darauf, dass die „Potenzierung“ als „Kraftentfaltung“ zu verstehen sei, die die Homöopathie von allen anderen Heilmethoden unterscheide. Die Symptome des Patienten würden durch den behandelnden Therapeuten erfasst und geordnet, um das im individuellen Fall passende homöopathische Arzneimittel zu finden, erklärt der Verband. Homöopathische Mittel können entweder in der Selbstmedikation oder nach ärztlicher Verordnung angewendet werden.
Die Verkehrsfähigkeit homöopathischer Präparate sei gesetzlich geregelt, betont der BAH. Wie alle anderen Fertigarzneimittel müssten sie auf ihre Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit geprüft werden, heißt es in dem Papier zunächst. Doch in Sachen Wirksamkeits-Nachweis fügt der BAH hinzu: „Wenn homöopathische Arzneimittel neben der Qualität und Unbedenklichkeit zusätzlich ihre Wirksamkeit durch Studien oder anderes wissenschaftliches Erkenntnismaterial nachweisen, erhalten sie eine Zulassung für ein konkretes Anwendungsgebiet.“ Denn neben einer „Zulassung“ könnten homöopathische Mittel auch lediglich registriert werden, „der Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit ist nicht notwendig“.
In jedem Fall müssten sie die gesetzlichen Anforderungen an eine hohe pharmazeutische Qualität und Unbedenklichkeit und damit Sicherheit erfüllen, betont der Verband – und erklärt: „Homöopathische Arzneimittel sind ein bewährter Bestandteil der Therapievielfalt in der Selbstmedikation mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln“.
BAH benennt keine Grenzen der homöopathischen Therapie
In einem Abschnitt zu „Möglichkeiten und Grenzen der homöopathischen Arzneimittel“ erklärt der Pharmaverband, dass der Gesetzgeber durch den Status der Apothekenpflicht sicherstelle, dass eine sachgerechte und indizierte Anwendung im Rahmen einer heilberuflichen Beratung durch den Apotheker erfolge. „Homöopathische Arzneimittel sind daher besonders gut geeignet, um im Rahmen der apothekengestützten Selbstmedikation bei Störungen des Alltags und leichten vorübergehenden Erkrankungen eingesetzt zu werden“, heißt es. Das könnten sowohl akute Beschwerden als auch wiederkehrende Symptome im Rahmen einer Grunderkrankung sein.
Darüber hinaus würden homöopathische Arzneimittel auch bei Erkrankungen im Rahmen einer ärztlichen Diagnose und Verordnung eingesetzt, erklärt der BAH. „Verantwortungsvolle Apotheker und Ärzte kennen dabei die therapeutischen Grenzen homöopathischer Arzneimittel“, betont der Verband lediglich – ohne dabei die selbst aufgeworfene Frage zu beantworten, wo die Grenzen homöopathischer Therapien eigentlich liegen.
Mehr Platz räumt der Verband hingegen der Frage ein, wie es denn mit der Evidenz von Homöopathika aussieht. Hier erklärt das Papier, dass ein früher Verfechter der evidenzbasierten Medizin, der Epidemiologe David Sackett, neben der wissenschaftlichen Evidenz, die beispielsweise auf Studien beruht, auch Erfahrungen oder Wünsche des Therapeuten oder Patienten berücksichtigt habe. „Bei dem individuellen Therapieprinzip, das hinter der klassischen Homöopathie mit Einzelmitteln steht und bei dem nach systematischen Regeln für jeden Patienten ein für ihn persönlich passendes Arzneimittel bestimmt wird, können keine großen identischen Vergleichsgruppen gebildet werden“, behauptet der BAH – weshalb seiner Ansicht nach Studien „oft nicht möglich“ seien. Bei zugelassenen Arzneimitteln sei dies jedoch anders, erklärt er – ohne jedoch entsprechende Studien aufzuführen.
„Sowohl für Einzelmittel als auch für homöopathische Komplexmittel gibt es eine breite Basis interner Evidenz“, erklärt der Verband. „Diese basiert einerseits auf der Erwartungshaltung und den positiven Erfahrungen der Patienten und andererseits auf den positiven Erfahrungen der Ärzte und Apotheker.“ Er sieht auch eine „steigende Akzeptanz“ als weitere Bestätigung. Die Dokumentation und Beurteilung auftretender Nebenwirkungen generiere außerdem eine externe Evidenz im Hinblick auf Sicherheit und Unbedenklichkeit.
Sollen Kassen für Homöopathie zahlen?
Einige Diskussionen hat in letzter Zeit die Frage verursacht, inwiefern Kassen homöopathische Therapien erstatten sollten – neben Hecken hatte sich beispielsweise auch der Chef der kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, dagegen ausgesprochen.
Mittlerweile bietet über die Hälfte aller Kassen im Rahmen von sogenannten Satzungsleistungen an, ärztlich verordnete Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen – wie auch Homöopathika – bis zu einer bestimmten Grenze zu erstatten, erklärt der BAH. „Damit entsprechen sie dem Wunsch ihrer Versicherten und erkennen an, dass die Expertise des Arztes und die Patientenadhärenz einen bedeutenden Faktor für den Therapieerfolg darstellen.“
Die aktuelle Diskussion, Homöopathika sollten wegen fehlender Evidenz nicht mehr im Rahmen von Satzungsleistungen erstattet werden, bezeichnet der Verband als „sachlich falsch“ – er verweist auch hier wieder auf die interne Evidenz sowie auf den „ausdrücklichen Willen“ des Gesetzgebers. Gleichzeitig führe sie zu einer „fahrlässigen Verunsicherung der Patienten“.
Denn: „Oberstes Ziel des BAH in dieser Diskussion ist es, das Vertrauen der Patienten in die Sicherheit und Unbedenklichkeit aller rezeptfreien Arzneimittel und das Vertrauen in den Wert der arztgestützten Empfehlung rezeptfreier Arzneimittel zu erhalten“, erklärt der Verband. Nur so entstehe die „für einen Therapieerfolg unerlässliche Therapieakzeptanz“ der Patienten.
Gleichzeitig betont das Papier, dass der Gesetzgeber durch den Status der Apothekenpflicht sicherstelle, dass eine sachgerechte und indizierte Anwendung im Rahmen einer heilberuflichen Beratung durch den Apotheker erfolgt. Diese stelle – „zum Zwecke einer angemessenen Arzneimittelanwendung“ – den Mehrwert und das Alleinstellungsmerkmal der inhabergeführten öffentlichen Apotheke dar, schreibt der BAH.
5 Kommentare
Leidliches Thema ... warum?
von mili am 22.09.2017 um 10:28 Uhr
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Pharmaverband verteidigt Homöopathie
von Dr. Edmund Berndt am 21.06.2017 um 14:42 Uhr
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Rumgeiere. Und ein Affront gegen die Ärteschaft.
von 2xhinschauen am 21.06.2017 um 0:13 Uhr
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AW: Rumgeiere. Und ein Affront gegen die Ä
von Dr. Edmund Berndt am 21.06.2017 um 8:33 Uhr
Pharmaverband verteidigt Homöopathie
von Dr. Edmund Berndt am 20.06.2017 um 17:44 Uhr
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