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Orphan Drug-Status ebnet Weg in die Zulassung
Der Report geht zudem dem Orphan-Drug-Trend nach. Denn die Onkologika werden immer häufiger als Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen zugelassen. „Die Pharmafirmen haben offenbar ein großes Interesse daran, Krebsmittel als Orphan Drugs zuzulassen. Um eine solche Zulassung zu erhalten, müssen weniger Belege über Nutzen und Sicherheit des Arzneimittels vorgelegt werden“, erläuterte einer der Studienautoren, Professor Dr. Daniel Grandt vom Klinikum Saarbrücken. So seien bei jedem dritten Orphan Drug zum Zeitpunkt der Zulassung weniger als 100 Patienten untersucht worden, randomisierte Vergleichsstudien fehlten meist. Zur Sicherheit der Patienten sollten Orphan Drugs einer regulären frühen Nutzenbewertung unterzogen werden, forderte er. Derzeit gilt ihr Zusatznutzen bereits mit der Zulassung als belegt.
Inakzptable Herstellerstrategien
Ebenfalls ein Dorn im Auge ist der Barmer, dass teure Krebsarzneien oft im Abfall landen: Nämlich die Restmengen, die bei Herstellung der Zytostatika-Rezepturen anfallen. Allein für ihre Versicherten habe die Kasse im Jahr 2015 zehn Millionen Euro für diese ungenutzten Verwürfe ausgeben müssen. Auch hierin sehen die Autoren eine weitere Strategie der Pharmaunternehmen zur Gewinnmaximierung – denn sie erzwängen den Verwurf durch praxisuntaugliche übergroße Einzeldosen. „Dass ein Hersteller beispielsweise die 1-mg-Ampulle seines Arzneimittels vom Markt nehmen kann und bei durchschnittlich pro Patient benötigter Wirkstoffmenge von 2,2 mg dieses nur noch in 3,5-mg-Ampullen anbietet (wodurch sich der Verwurf um 50 Prozent erhöht), ist inakzeptabel“, heißt es dazu im Report. Gemeint ist das zur Behandlung des multiplen Myeloms zugelassene Arzneimittel Velcade® mit dem Wirkstoff Bortezomib der Firma Janssen-Cilag.
Haftungsrisiko für Apotheker
Prof. Irene Krämer, Leiterin der Apotheke der Universitätsklinik Mainz, und Daniel Grant kritisieren in dem entsprechenden Kapitel, dass Hersteller zudem die tatsächliche Haltbarkeit angebrochener onkologischer Arzneimittelstammlösungen durch den pharmazeutischen Hersteller verschwiegen. Dass weitergehende Informationen zur physikalisch-chemischen Stabilität fehlen, führe neben den Verwürfen zu weiteren Problemen – auch für Apotheker. Diese seien, wenn sie auf Basis physikalisch-chemischer Untersuchungen und mikrobiologischer Validierung Zytostatika-Zubereitungen über die in der Fachinformation genannte Spanne hinaus verwenden, einem Haftungsrisiko ausgesetzt. Denn der Apotheker übernehme hier die Verantwortung für die Haltbarkeit der Zytostatika-Lösungen. Zudem würden die Untersuchungen komplett durch die untersuchende Einrichtung und indirekt durch die Gemeinschaft der Steuerzahler oder Versicherten finanziert.
Die Autoren fordern als Ausweg, dass die Verfügbarkeit praxistauglicher Einzeldosisstärken schon bei der Zulassung vorgeschrieben und bei der Preisfestsetzung berücksichtigt werden müsse. Auch die Durchführung von Untersuchungen zu physikalisch-chemischer Stabilität sei als Voraussetzung für die Zulassung von onkologischen Rezepturarzneimitteln vorzuschreiben.
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