Krankenkassen

Wie hoch ist ein „angemessenes“ Gehalt eines Kassen-Vorstands?

Berlin - 06.07.2017, 17:45 Uhr

Streit über das Gehalt: Der Fall des Vorstandsgehaltes der Schwenninger BKK zeigt, dass es in Deutschland schlichtweg keine verbindlichen Vorgaben und kein gemeinsames Verständnis von der Höhe der Vorstandsgehälter gibt. (Foto: staras / stock.adobe.com)

Streit über das Gehalt: Der Fall des Vorstandsgehaltes der Schwenninger BKK zeigt, dass es in Deutschland schlichtweg keine verbindlichen Vorgaben und kein gemeinsames Verständnis von der Höhe der Vorstandsgehälter gibt. (Foto: staras / stock.adobe.com)


Krankenkasse will verbindliche Vorgaben für Vorstandsgehälter

Konkrete Zahlen oder Gehaltstabellen legte der Gesetzgeber allerdings nicht fest. Es ist also letztlich den Verwaltungsräten der Kassen selbst überlassen, was „angemessen“ bedeutet. Das BVA veröffentlicht seit der Gesetzesänderung daher sogenannte Trendlinien, in denen aufgezeigt wird, in welcher Spanne sich die de facto ausgezahlten Vorstandsgehälter bewegen. In diesen Trendlinien wird auch dargestellt, wie das Verhältnis zwischen dem Vorstandsgehalt und der Mitgliederzahl ist. Folgt man diesen Richtlinien, liegt das neue Gehalt vom Schwenninger-Chef in der Tat weit über dem „Normalen“. Denn für eine Kasse mit etwa 330.000 Mitgliedern zeigt das BVA ein Vorstandsgehalt von etwa 150.000 Euro auf. (s. Tabelle unten)

               

Die Schwenninger selbst sieht das ganz anders. Die Kasse verteidigt die Gehaltserhöhung ihres Chefs. Ihr geht es aber um mehr. Die Kasse will grundsätzlich und ein für alle Mal klären, wie der Begriff „angemessen“ zu interpretieren ist. In einer Stellungnahme der BKK gegenüber DAZ.online heißt es: „Mit der Klage geht es dem Verwaltungsrat um die Klärung des unbestimmten Begriffs ‚Angemessenheit‘: Was ist konkret darunter zu verstehen und woran hat sich eine angemessene Vergütung zu orientieren? Es ist unser erklärtes Ziel, Rechtssicherheit für alle Beteiligten herzustellen: für die Verwaltungsräte als Entscheider, für das BVA als Aufsichtsbehörde und für die Vorstände als Vertragspartner.“

Gemeinsames Verständnis für Vorstandsvergütung fehlt

Weiter schreibt die Schwenninger: „Ein gemeinsames Verständnis über die Frage der Angemessenheit von Vorstandsvergütungen ist dringend erforderlich. Deshalb hatte die Schwenninger ein Gutachten in Auftrag gegeben, um Anhaltspunkte für eine leistungsgerechte Vergütung herauszuarbeiten. Das Ergebnis des Gutachtens hat der Verwaltungsrat zur Grundlage seiner Klage gemacht.“

Für die Diskussion rund um die Gehaltserhöhung ihres Vorstandsvorsitzenden Gänsler hat die Krankenkasse keinerlei Verständnis. Dazu teilte die Krankenkasse mit: „In den Medien wird über einen ‚Gehaltssprung‘ von rund einem Drittel berichtet. Dies entspricht im Vergleich zu den vorherigen Dienstverträgen keineswegs den Tatsachen. Die vom Landessozialgericht in seiner Pressemitteilung vom 4. Juli 2017 als ‚Mittelmaß‘ angegebene jährliche Vorstandvergütung in Höhe von 159.500 Euro stellt unseres Erachtens die durchschnittliche Grundvergütung dar. Aus unserer Sicht ist es nicht plausibel, diesen Betrag mit der in Rede stehenden Gesamtvergütung zu vergleichen.“ Das Urteil sei der Kasse aber noch nicht zugestellt worden. Daher wolle man sich weitergehend nicht äußern.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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6 Kommentare

Evaluierung der Notwendigkeit zwingend

von Ratatosk am 07.07.2017 um 8:20 Uhr

Ist doch ganz einfach nach GKV Forderungen. Eine externe Stelle muß evaluieren, klingt ja so vornehm, ob eine Erhöhung der Vorstandsgehälter zwingend notwendig ist. Aber nein - so was gilt ja doch nur für das gemeine Volk, priveligierte mit der Politik und Gewerkschaft verwobene Strukturen haben andere Rechte.

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Liebe DAZ

von Peter Lahr am 06.07.2017 um 16:31 Uhr

Wenn ich die Überschrift lese wäre doch mal ein Artikel schön in dem man die Frage stellt wie hoch ein angemessenes Einkommen eines selbstständigen Apothekers sein sollte. und als Fachorgan nach Umfrage das Betriebsergebnis der typischen Apotheke mit den Antworten vergleichen. Hierzu könnte man gerne auch die Kassen befragen ;) Denn von diesen hört man immer wieder, dass selbst der typische Apotheker zu viel verdient drückt sich aber gleichzeitig vor der Antwort was man diesem typischen Apotheker denn gönnen würde. Mich interessiert aber schon lange brennend was man man von Kassenseite denn bereit ist zu gönnen.

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AW: Vertrag

von Holger am 07.07.2017 um 10:07 Uhr

Jetzt ist allerdings das Einkommen eines (angestellten!!) Kassenchefs ausschließlich von seinem Vertrag abhängig. Das Einkommen des (selbständigen) Apothekers wird hingegen mit niemandem vereinbart oder geregelt. Lediglich die Vergütung je Abgabevorgang eines Rx-Arzneimittels wird festgelegt. Schon die Vergütung für die Herstellung von Arzneimitteln fällt ja in die Zuständigkeit der Selbstverwaltung, so dass die Apothekerschaft da zumindest gewissen Einfluss drauf nehmen kann. Die anderen gewichtigen Faktoren wie Umsatz, Betriebskosten etc. sind hingegen erstens Privatsache (eK) und zweitens hochgradig unterschiedlich von Person zu Person. Wer als Apotheker ein im vertraglichen Sinne geregeltes Einkommen haben will, dem steht der Weg in das Angestelltenverhältnis jederzeit offen :)

AW: @holger

von Peter Lahr am 07.07.2017 um 13:17 Uhr

So war das nicht gemeint ;)
Die Betriebskosten bei uns sind prozentual gesehen allerdings schon recht fix, vor allem nach oben abgegrenzt und bei der TYPISCHEN Apotheke auch ziemlich homogen. Was ich meinte war, dass die GKV bei unseren Arztkollegen als zu erstrebendes Einkommen bei den niedergelassenen Ärzten einen Ertrag rein aus GKV in der Höhe des angestellten Oberarztgehaltes sieht und GÖNNT, NACH Abzug der Betriebskosten! Nicht bloss das Gehalt des normalen angestellten Arztes aber auch nicht das des Chefarztes. Auch hier gehen die einzelnen Einkommen der Niedergelassenen wohl teilweise auseinander, aber man gibt eine Zahl vor die man bereit ist zu gönnen und diese auch jährlich anzugleichen. So eine Zahl hätte ich gerne auch mal aus dem Mund der Kassen in unsere Richtung. Hier könnte man die typische Apotheke als Äquivalent zum Allgemeiner/Oberarzt nehmen und, das Wichtigste, auch hier nur den Ertrag aus GKV. Der eine Arzt hat viele Private, die eine Apotheke hat viel OTC, der andere Arzt hat fast nur GKV ebenso wie die andere Apotheke fast nur GKV Umsatz hat. Die Ärzte sagen Erträge aus Privat und IGEL gehen die GKV nichts an und so sehe auch ich das im Bezug auf uns, denn wieso sollen wir mit den Umsätzen für die nur wir alleine die Verantwortung tragen die GKV subventionieren. Ich weiss, Apothekenpflicht und angebliches Monopol, aber private Arzt und IGEL Leistungen sind auch "arztpflichtig" und dort argumentiert keiner mit Arztmonopol denn es wäre absurd etwas Monopol zu titulieren wozu Voraussetzungen in Form einer Approbation von Nöten sind. Diese ist bei den Ärzten aber auch bei uns Voraussetzung, Monopolgelaber also fehl am Platz. Also liebe GKV, sagt unseren "typischen " Kollegen was sie als größte Gruppe mit einem Umsatz von 1,3-1,5 Mio von EUCH aus GKV Umsätzen bei durchschnittlichen Betriebskosten und nach Abzug derselben gegönnt bekommen würden. Die Kollegen liefern sicher gerne nach der Nennung eures gegönnten Einkommens den Euro Ertrag aus GKV Umsätzen nach Abzug der Betriebskosten wie er heute ist. Und wenn sie nichts sagen, liebe DAZ, löchert sie mal, so eine Zahl wurde nämlich noch nie genannt und mich und sicher viele andere Kollegen interessiert es brennend wie die GKV den Wert der typischen Apotheke zur Versorgung der Patienten beziffert. Was darf der typische Apotheker im Dienste der GKV Patienten von GKV Seite aus verdienen.

AW: @Peter Lahr

von Holger am 07.07.2017 um 15:48 Uhr

grundsätzlich d'accord.

Aber bei den Ärzten ist halt die KV zwischengeschaltet. Die Kasse nimmt einfach die Anzahl der Ärzte multipliziert mit einem fiktiven Durchschnittsgehalt und sagt das ist die Gehaltssumme. Wie das dann innerhalb der Ärzteschaft verteilt wird, regelt die KV. Das ist bei den Apothekern natürlich komplett anders.

weiterhin hat der niedergelasssene Arzt die Pflicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung, so dass sein "Umsatz" viel mehr mit seinem Einkommen korelliert, als das bei Apotheken der Fall ist. Ausnahmen mögen vielleicht Radiologen oder Laborpraxen sein, bei denen extreme Investitionen eine Rolle spielen. Aber für eine Apotheke ist Umsatz doch eigentlich keine Leistungsgröße, denn wenn alle Pharmazeutischen Unternehmer ihre Preise morgen halbieren, bleibt unsere Arbeit und bleiben unsere Prozesskosten bei halbem Umsatz absolut gleich, verdoppeln sich aber relativ. Zum Zweiten KANN der Apotheker seine gesamte Leistungserbringung an Mitarbeiter delegieren und sich rein auf die persönliche Leitung zurückziehen.

Zusammenfassung:
Wird schwierig, die ärztlichen Verhältnisse auf die Apothekerschaft anzuwenden. Wir werden halt nicht nur als Händler wahrgenommen, sondern wirtschaftlich betrachtet sind wir es auch!


Nachtrag:
Die Angleichung der "Ziel-Durchschnitts-Einkommen" niedergelassener Ärzte an die von Oberärzten hat meines Erachtens vor allem historische Hintergründe. Einstmals war es doch so, dass der Mediziner nach dem Ende seiner Sklavenjahre als Assistent entweder zum Oberarzt erhoben wurde und somit seinerseits Assistenten knechten durfte oder halt in die Praxis ging. Dass man da auf halbwegs gleiche Einkommensoptionen achten muss, versteht sich irgendwie von selbst, wenn nicht einer der Bereiche ausbluten soll. Heute sieht das in den Kliniken etwas anders aus. Einerseits sind die Möglichkeiten moderner Sklavenhaltung deutlich eingeschränkt worden, andererseits gibt es für die Niederlassung erhebliche Beschränkungen (die es für Apotheken NICHT gibt) und die Zahl der Oberarztstellen ist nicht dramatisch gewachsen. Dies hat zur Bildung eines "Prekariats" sogenannter Altassistenten geführt - also Fachärzte, die keine Oberarztstelle kriegen, sich aber auch nicht niederlassen (können)....

angemessen

von Karl Friedrich Müller am 06.07.2017 um 15:48 Uhr

"Das beitragsfinanzierte System der GKV beruhe schließlich auf dem Solidarprinzip und unterscheide sich damit fundamental von den Strukturen gewerblicher Wirtschaft."

Folgerung: die Erhöhung wird an die Honorare im Apothekenbereich gekoppelt...

LOL

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