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Seit Gesetzesänderung
4000 Cannabis-Rezepte mehr in Apotheken
Nach Analysen des Marktforschungsunternehmens QuintilesIMS gab es im Mai 6468 Abgaben Cannabis-haltiger Fertigarzneimittel oder Rezepturen auf Kassenrezept – rund 4000 mehr als vor Inkrafttreten des Cannabisgesetzes. Neurologen verschreiben Cannabis am häufigsten: Ungefähr jedes dritte Rezept kommt von ihnen.
Seit dem 10. März 2017 ist Cannabis durch Gesetzesänderungen verschreibungs- und erstattungsfähig – für Patienten, Apotheker und Ärzte stellen sich seitdem viele Fragen. So bemängelten Mediziner wie auch Schmerzpatienten, dass Krankenkassen in vielen Fällen die Kostenübernahme verweigern, obwohl dies laut Gesetz nur in begründeten Ausnahmefällen geschehen soll. So lehnt beispielsweise die Techniker Krankenkasse rund zwei von fünf Anträgen ab, wie eine Anfrage von DAZ.online ergab.
Laut Zahlen des Pharma-Marktforschungsunternehmens QuintilesIMS ist die abgegebene Anzahl von Cannabis-Fertigarzneimitteln und Rezepturen auf Kassenrezept in den letzten Monaten um rund 4000 gestiegen. Vor Inkrafttreten des Gesetzes konnten nur die Fertigarzneimittel Canemes® (Nabilon) und Sativex® (Nabiximols) auf Kassenrezept verordnet werden, die gegen Spastiken bei Multipler Sklerose beziehungsweise gegen Nebenwirkungen von Chemotherapien zugelassen sind.
Im März stieg die Zahl abgerechneter Verordnungen um mehr als 1000 auf 3604, bis Ende Mai um weitere rund 80 Prozent auf 6467. Hierbei wurden nur Fälle gezählt, bei denen die jeweiligen Kassen die Kostenerstattung genehmigt hatten, wie es mit dem neuen Gesetz bei schwer kranken Patienten unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist.
Welche Ärzte haben Cannabis verschrieben?
QuintilesIMS analysierte außerdem, welche Arztgruppen die Arzneimittel verordnet haben. Neurologen haben 31 Prozent der Cannabis-Rezepte ausgestellt, Praktische Ärzte und Allgemeinmediziner weitere 23 Prozent und Internisten 8 Prozent. Weitere 19 Prozent der Verordnungen gingen von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) aus, von Klinikambulanzen rund 7 Prozent.
„Mit der Legalisierung der Verschreibung von Medizinalhanf-Produkten könnte die Nachfrage schnell steigen“, erklärt QuintilesIMS – und kündigte an, den Markt weiter aufmerksam zu beobachten. Demnächst dürfte die ABDA außerdem Zahlen für das zweite Quartal 2017 veröffentlichen, nachdem sie im Juni aufgrund von Auswertungen von Kassenrezepten bekannt gegeben hatte, dass Apotheker im März mehr als 500 Mal Cannabis-haltige Zubereitungen oder Cannabis-Blüten in Rezepturen abgegeben hatten.
Der Deutsche Ärztetag hatte den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) im Mai aufgefordert, das Verfahren zur Verordnung und Weiterverwendung zum medizinischen Gebrauch von Cannabis „praktikabler, einfacher und rechtssicherer zu gestalten“. So sei bisher nicht abschließend geklärt, ob bei einer Umstellung auf eine andere Cannabis-Therapie eine neue Genehmigung der Krankenkasse einzuholen ist. „Um hier Rechtssicherheit zu schaffen, aber auch, um mit Blick auf die zum Teil langen Begutachtungszeiten zu befürchtende Behandlungsabbrüche zu verhindern, bedarf es einer Klarstellung und Vereinfachung des Verordnungsverfahrens“, hatte der Ärztetag gefordert. „Zudem ist zu überdenken, ob die Antragstellung durch die Patientinnen oder den Patienten selbst der richtige Weg ist.“
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