Bottroper Skandal

Onkologe sagt im Zyto-Prozess aus

Essen - 08.12.2017, 17:45 Uhr

Der Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. mit seinen vier Strafverteidigern am Landgericht Essen. (Foto: hfd / DAZ.online)

Der Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. mit seinen vier Strafverteidigern am Landgericht Essen. (Foto: hfd / DAZ.online)


Apotheker würde „hohe Wahrscheinlichkeit“ eines Schadens in Kauf nehmen

Der Apotheker Peter S. verfolgte die Aussagen von Schuler mit reglosem Gesicht – doch seine Augen verrieten, dass er konzentriert zuhörte. Der Sachverständige erklärte auf Nachfrage von Nebenklägern, dass manche Krebsmittel nur zu einer recht geringen Erhöhung der Überlebenszeit führten. Doch hätten Patienten, die mit unterdosierten Mitteln behandelt werden, zumindest im Mittel „eindeutig“ ein schlechteres Ergebnis. Der mögliche Schaden sei umso höher, je höher die Wahrscheinlichkeit eines Nutzens ist, betonte Schuler.

Dem Zytostatika-herstellenden Apotheker fehlten dabei normalerweise Informationen über die Patienten, aufgrund derer er die Situation abschätzen könne. Das hieße, dass er „auch eine hohe Wahrscheinlichkeit“ eines Schadens in Kauf nehme, wenn er Arzneimittel unterdosiert, betonte der Onkologe. Ärzte würden davon ausgehen, dass die Dosis eines Zytostatikums richtig sei, erklärte er – sie gingen auch in der Therapieplanung hiervon aus. Möglich sei außerdem, dass eine Unterdosierung Resistenzen verursachen könne, erklärte Schuler auf Nachfrage eines Nebenklagevertreters. 

Am Montag geht es weiter

„Letztendlich gehen wir hoffentlich alle davon aus, dass Krebsmedikamente wirken“, fasste der Vorsitzende Richter Hidding die Debatte um die Frage zusammen, inwiefern eine korrekte Dosierung nötig ist. Er bedankte sich bei dem Sachverständigen für die Stellungnahme – und vergaß dabei, dass er auch noch den Verteidigern das Fragerecht geben musste. Diese wollten beispielsweise wissen, was passieren kann, wenn – wie es S. vorgeworfen wird – Hygienebestimmungen nicht eingehalten werden. Mikrobiell belastete Infusionstherapien könnten eine Sepsis oder auch Fieber auslösen, erklärte der Arzt.

Nach einer Einlassung der Verteidiger zur früheren Befragung eines Mitarbeiters des Rechenzentrums beendete Hidding die Verhandlung. Am kommenden Montag wird erneut die PTA Maria Klein befragt, die den Fall als Whistleblowerin mit ins Rollen gebracht hat. Die Vernehmung des früheren betriebswirtschaftlichen Leiters der Apotheke, Martin Porwoll, wurde daher ins nächste Jahr verschoben. Am kommenden Donnerstag werden außerdem sechs frühere Kollegen von Klein und Porwoll verhört. Da fünf von ihnen jedoch bislang jegliche Aussage verweigert haben, wird der letzte Verhandlungstermin vor Weihnachten trotz der langen Zeugenliste vermutlich nicht lange dauern. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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