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Sind Unterdosierungen auch im Nachhinein feststellbar?
Ein zentraler Punkt bei dem Verfahren wird die Frage sein, inwiefern Unterdosierungen im Einzelfall beweisbar sind – und ob sie beim einzelnen, konkreten Patienten zu einem früheren Tod geführt haben. Grundsätzlich seien Wirkstoffkonzentrationen im Blut von Patienten auch nach der Therapie noch gut nachweisbar, sagte Schuler, bei Antikörpertherapien auch nach Wochen – sofern rechtzeitig Proben genommen wurden. Tumormarker seien jedoch normalerweise zu unzuverlässig, um eine Unterdosierung sicher nachweisen zu können. Schwierig sei auch, dass viele Patienten Kombinationstherapien erhalten haben, sodass der Beitrag der einzelnen Wirkstoffe kaum bestimmt werden könnte.
Beim Zytostatikum Doxorubicin könne aufgrund der roten Färbung recht eindeutig gesagt werden, ob es erheblich unterdosiert wurde, erklärte Schuler – oder vielleicht sogar gar nicht enthalten ist. Außerdem führe beispielsweise dieses Krebsmittel nach ungefähr drei Wochen zu Haarausfall: Es sei „fast ausgeschlossen“, dass dies ausbleibt, erklärte der Mediziner. Bei anderen Chemotherapeutika könnte das Blutbild Rückschlüsse auf die Dosierung geben.
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Nebenkläger fragten ausführlich
Auf die Fragen des Staatsanwalts erläuterte Schuler beispielsweise die Vorteile von Ports, über die Krebsmittel gegeben werden – wie auch die Belastungen, die für die Patienten hiermit eingehen. Während die Anklage nur wenige Fragen an den Sachverständigen richtete, befragten betroffene Nebenkläger sowie ihre Rechtsanwälte den Onkologen ausführlich. Eine Patientin befragte ihn, aufgrund welcher Kriterien in den verschiedenen Phasen klinischer Studien die optimale Dosis bestimmt wird. Umfangreiche wissenschaftliche Daten zu den Folgen von Unterdosierungen beim Menschen gebe es „natürlich“ nicht, sagte Schuler – entsprechende Studien seien ethisch nicht vertretbar.
Auch eine Fallkontrollstudie, bei der Krankheitsverläufe von unterschiedlich behandelten Patienten miteinander verglichen werden, könnte nur Wahrscheinlichkeiten ermitteln – „Gewissheiten nicht“, sagte der Sachverständige. Eine Patientin schilderte ausführlich, dass sie sich nach mehreren erfolgreichen Tumorbehandlungen an der Uniklinik Essen in Bottrop behandeln ließ, wo sie von S. mit Krebsmitteln versorgt wurde. Dort besserte sich ihre Erkrankung durch zwei Chemotherapien sowie eine Immuntherapie nicht, erklärte sie: Während Tumormarker nach der anschließenden Behandlung mit Mitteln aus einer andere Apotheke auf die Hälfte zurückgingen, gab es zuvor weder Haarausfall noch Blutbildveränderungen, sagte die Nebenklägerin. „Das ist sehr auffällig“, erklärte Schuler.
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