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Möbel-Lieferung?
Hexal feuert Pharmareferent der Bottroper Zyto-Apotheke
Die Verteidigung des angeklagten Zyto-Apothekers Peter S. hatte vor dem Landgericht Essen erklärt, ein Hexal-Mitarbeiter habe schwarz Wirkstoffe verkauft. Hexal und der Mitarbeiter hatten dies bestritten – doch aufgrund anderer Vorwürfe hat die Pharmafirma nun „mit sofortiger Wirkung“ ihrem Mitarbeiter gekündigt.
Der 55-jährige Pharmareferent Wilfried H. hat in Folge des Prozesses gegen den Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. seinen Job verloren: Wie die Pharmafirma Hexal auf Nachfrage von DAZ.online erklärte, hat sie kürzlich das Arbeitsverhältnis mit H. beendet – „mit sofortiger Wirkung“. Offenbar hatte der Pharmareferent, der den Apotheker nach eigenen Angaben seit gut sechs Jahren kennt, gegen interne Verhaltensregeln verstoßen.
Die Verteidigung des wegen unterdosierten Krebsmitteln angeklagten Apothekers hatte vor Gericht die von der Staatsanwaltschaft errechneten Differenzen zwischen den Ein- und Verkaufsmengen vieler Zytostatika bestritten – und verschiedene Erklärungen vorgebracht, weshalb S. mehr Wirkstoff eingekauft hat, als es den Anschein gibt. Ein Grund: S. habe „aus dem Kofferraum“ Krebsmittel von H. gekauft.
Dies bestritt H., als er vor gut einem Monat vor dem Landgericht Essen als Zeuge geladen war. „Es ist so, dass ich mit den Präparaten außer den Preisverhandlungen nichts zu tun habe“, erklärte er. Auch sei es „gar nicht möglich“, Zytostatika so anzuliefern. Unsinnig sei es ohnehin, „weil die Einkaufskonditionen so gut waren“, erklärte der Pharmareferent – das „hätte sich ja gar nicht gelohnt“, sagte er. „Für den Preis stellt sich keiner ins Parkhaus.“
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„Handel mit Hexal-Ware können wir definitiv ausschließen“
Hexal hatte sich vehement gegen derartige Vorwürfe verwehrt: Handel mit Hexal-Ware abseits der üblichen Vertriebslinie „können wir definitiv ausschließen“, erklärt das Unternehmen. Vor Gericht war der Pharmareferent teils nicht ganz so deutlich: Auf die Frage, ob es Kaufgeschäfte außerhalb des üblichen Geschäfts gegeben habe, antwortete er nicht mit einem klaren „nein“ – „das geht gar nicht“, erklärte er stattdessen. Auf die Frage, ob er sich durch die Äußerungen durch die Verteidigung in seiner Ehre verletzt sehe, hatte H. gleichfalls keine klare Antwort parat. „Ich habe mir noch keine Gedanken dazu gemacht, was ich damit letztendlich mache“, sagte er.
Der Pharmareferent hatte die Aussage verweigert
S. sei zu seiner Zeit ein Apotheker gewesen, der an neuen Arzneimitteln „sehr interessiert war“, erklärte der Pharmareferent vor Gericht. Dies habe auch dazu geführt, dass man sich häufiger „als ich sag mal übliche Kunden“ gesehen hat, sagte H., der den Bottroper Zyto-Apotheker auch als „Schlüsselkunde“ bezeichnete, zu dem er „ein sehr gutes Kundenverhältnis" gehabt habe. Das Ruhrgebiet sei aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte ein „sehr wichtiges Gebiet. „Die meiste Bewegung ist einfach hier“, sagte H. Deshalb sei S. „sehr interessiert an den verschiedensten Dingen“ gewesen.
Vor Gericht wurden einige Punkte angesprochen, die H. sichtlich unangenehm waren. „Das würde ich so jetzt nicht beantworten wollen“, sagte er auf die Frage, ob er mal Geld vom Bottroper Zyto-Apotheker erhalten habe. „Es würde mich auch interessieren, ob Sie sonstige Vorteile von Herrn S. [von der Redaktion gekürzt] bekommen haben“, fragte ein Verteidiger außerdem. Doch der Pharmareferent machte hieraufhin von seinem Aussageverweigerungsrecht wegen möglicher Selbstbelastung Gebrauch – was ihm vom Vorsitzenden Richter zugestanden wurde.
Haushaltsgegenstände im Wert von mehreren tausend Euro
Nach seiner Vernehmung holte die Verteidigung die Katze aus dem Sack: Sie beantragte die Ladung eines Möbelhändlers als Zeugen, der aussagen könne, dass er – auf Rechnung des Zyto-Apothekers – dem Pharmareferenten hochwertige Haushaltsgegenstände im Wert von mehreren tausend Euro geliefert habe. Neben Bargeldübergaben habe S. ihm Vorteile in erheblicher Höhe gewährt, hatte die Verteidigung erklärt.
Wie Hexal gegenüber DAZ.online erklärte, führte die Pharmafirma – die bei der Vernehmung eine Beobachterin im Gerichtssaal sitzen hatte – hieraufhin eine interne Prüfung durch. Nach deren Abschluss wurde nun das Beschäftigungsverhältnis mit H. beendet. Laut Hexal ist unklar, warum es zu den mutmaßlichen Vorteilsgewährungen kam. „Es hat keine Gegenleistung gegeben“, sagt ein Sprecher. Verkaufskonditionen würden zentral festgelegt, Außendienstmitarbeiter könnten diese nicht festlegen. „Die Alte Apotheke hatte ganz übliche Konditionen“, erklärt er, obwohl im Gerichtssaal mehrfach von besonders guten Einkaufsbedingungen der Apotheke zu hören war.
Auf die Frage, inwiefern H. Geschenke oder Vergünstigungen von dem Zyto-Apotheker angenommen und welche Gegenleistungen es hierfür gegebenenfalls gegeben hat, antwortete ein Anwalt des Pharmareferents bis Redaktionsschluss nicht. Er lies auch die Frage offen, inwiefern H. gegen die Kündigung vorgehen wird.
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