Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses

Ullmann: Das BMG mauert bei den Gutachten zum G-BA

Berlin - 11.04.2018, 15:00 Uhr

Der FDP-Politiker und Mediziner Andrew Ullmann verlangt vom BMG die Herausgabe dreier Gutachten zur verfassungsrechtlichen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). (Foto: Imago)

Der FDP-Politiker und Mediziner Andrew Ullmann verlangt vom BMG die Herausgabe dreier Gutachten zur verfassungsrechtlichen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). (Foto: Imago)


Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann wirft dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) vor, wichtige Rechtsgutachten über den Gemeinsamen Bundesausschuss zurückzuhalten. Konkret hatte das Ministerium drei Juristen beauftragt, die verfassungsrechtliche Legitimation des Ausschusses zu prüfen. Ullmann hat beim BMG nach diesen Gutachten gefragt – ist nun aber abgeblitzt.

Die Kritik am Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ebbt nicht ab. Kritiker des Gremiums, das wichtige Entscheidungen zur Erstattungsfähigkeit von Medikamenten und anderen Behandlungen und Therapien trifft, hinterfragen, ob der Ausschuss für diese Entscheidungen eine ausreichende Legitimation besitzt. Das Bundesgesundheitsministerium hatte 2016 drei juristische Gutachten in Auftrag gegeben, die genau das untersuchen sollten.

Grund für diese Gutachten waren Gerichtsurteile und die Äußerungen von Ferdinand Kirchhof, Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts und Vorsitzender des Ersten Senats, der erklärt hatte, dass die Vorgaben und Kontrollen für den G-BA durch den Gesetzgeber eher vage seien. Dies lasse der Selbstverwaltung sehr viel Raum, obwohl der Gesetzgeber gemäß dem Demokratieprinzip wesentliche Entscheidungen selbst treffen müsse. Und auch 2016 beschäftigte sich das Verfassungsgericht zumindest am Rande mit der Legitimation des G-BA. Im Rahmen einer Entscheidung zu Mindestmengen in Krankenhäusern erklärten die Richter damals, dass es „durchaus gewichtige Zweifel“ an der demokratischen Legitimation gebe.

Der FDP-Politiker Andrew Ullmann, Mitglied des Gesundheitsausschusses im Bundestag, wollte nun mehr zur aktuellen Lage und zum Verbleib dieser drei vom BMG beauftragten Rechtsgutachten wissen. Doch in seiner Antwort an Ullmann weicht BMG-Staatssekretär Thomas Gebhart (CDU) den Fragen des Liberalen weitgehend aus. Er gibt zwar zu, dass die Gutachten schon seit Dezember 2017 im BMG liegen. Allerdings würden diese derzeit noch geprüft – erst danach werde entschieden, wie das Ministerium weiter verfährt. Zum Inhalt der Rechtsexpertise schweigt das BMG: Das Ministerium teilt lediglich mit, dass die Juristen zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen seien.

BMG: „Alte“ G-BA-Beschlüsse werden nicht geändert

Lediglich auf die Frage, ob wegen der Gutachten auch bereits erfolgte Beschlüsse des G-BA im Nachhinein in Frage gestellt werden könnten, gibt das BMG eine konkrete Antwort: Die Gutachten seien „prospektiv“ auf die Weiterentwicklung des Ausschusses ausgerichtet. Einzelne, bereits erfolgte Entscheidungen könnten allerdings immer vor den Gerichten beklagt werden.

Ullmann ist unzufrieden mit den Antworten aus der Bundesregierung. Er erklärte dazu: „Die Gutachten als Staatsgeheimnis zu behandeln, ist eine Frechheit gegenüber dem Parlament. Der Ort für eine Diskussion über den Inhalt der Gutachten ist der Deutsche Bundestag und nicht ein Hinterzimmer im Gesundheitsministerium. Die Gutachten müssen unverzüglich und vollständig dem Deutschen Bundestag zur Verfügung gestellt werden.“

Ullmann: Streit mit Hecken

Der FDP-Politiker hatte sich in den vergangenen Wochen bereits einen handfesten Streit mit G-BA-Chef Josef Hecken geleistet. Ullmann machte den G-BA mitverantwortlich für die heftige Grippewelle in den vergangenen Monaten, weil der Ausschuss wichtige Entscheidungen zu Impfstoffen zu langsam und behäbig angegangen sei. Hecken klärte den FDP-Politiker in einem Schreiben über die Abläufe bei Grippeimpfstoff-Empfehlungen auf. Daraufhin setzte Ullmann nach und holte zur Allgemeinkritik aus: Der G-BA müsse „zukunftsfähig“ und patientenorientierter werden.

Und deswegen vermutet der FDP-Politiker hinter den ausweichenden Antworten der Bundesregierung eine Strategie: „Die Antwort der Bundesregierung auf unsere kleine Anfrage zeigt, dass die Bundesregierung mauert, wenn es um die Herausgabe der Gutachten geht. Diese Beantwortungstaktik kann nur bedeuten, dass die Ergebnisse der Gutachten eine nicht zufriedenstellende Rechtslage offenbart haben und die Bundesregierung damit nicht umzugehen weiß.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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