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Prof. Irene Krämer, Uni-Klinik-Mainz
„Der Medikationsplan ist besser als sein Ruf“
Wie macht ein Medikationsplan Sinn? Wenn dieser bundesweit einheitlich und vollständig ist. Nur dann können Apotheker und Ärzte im ambulanten und stationären Bereich effektiv zusammenarbeiten, wissen die Patienten besser über ihre Medikation Bescheid und nehmen diese auch zuverlässiger ein. Was muss also auf den Medikationsplan? Professor Irene Krämer gibt beim ADKA-Kongress 2018 in Stuttgart die Antworten.
Seit etwa anderthalb Jahr nutzen – zumindest einige Patienten – ein neues Instrument, um ihre Arzneimitteltherapie sicherer zu machen: den Medikationsplan. Nicht nur im ambulanten Sektor sollen Patienten diesen seit Oktober 2016 erhalten, auch das Entlassmanagement im Krankenhaus sieht den Medikationsplan (seit Oktober 2017) als obligatorischen Bestandteil im „Entlasspaket“ der Patienten vor. Doch wie gut ist der bundesweit einheitliche Medikationsplan überhaupt? Findet er Akzeptanz bei den – zumindest am Rande beteiligten – Apothekern, bei Ärzten und vor allem auch bei Patienten? Denn für diese ist er gedacht. Professor Irene Krämer, Leiterin der Klinikapotheke der Uni-Klinik Mainz, kommt zu dem Schluss:
Der Medikationsplan ist besser als sein Ruf. Alles ist möglich, und nichts wird genutzt.
Was die Leiterin der Krankenhausapotheke der Universitätsmedizin Mainz damit meint, hat sie beim jüngst in Stuttgart tagenden ADKA-Kongress 2018 des Bundesverbands Deutscher Krankenhausapotheker klar erläutert.
Liegt das Potenzial des Medikationsplans brach?
Die Krankenhausapotheke der Universitätsmedizin Mainz ist mindestens bundesweit für ihr reges Engagement und für Studien in vielen Bereichen der Krankenhauspharmazie bekannt – man denke an die berühmte „Krämer-Liste“ mit Stabilitätsdaten zytostatischer Zubereitungen. Auch beim bundesweiten Medikationsplan hat sich die Mainzer Krankenhausapotheke stark eingebracht, mitstrukturiert und Studien durchgeführt. So untersuchte Dr. Inga Ulmer, dortige Stationsapothekerin, in Zusammenarbeit mit 327 öffentlichen rheinland-pfälzischen Apotheken über einen Zeitraum von sechs Monaten den Nutzen des Medikationsplans an mehr als 600 Patienten. Die Patienten erhielten ihren individuellen Plan bei Entlassung aus dem Krankenhaus.
Krämer: Medikationsplan macht nur bundesweit einheitlich Sinn
Nach sechs Monaten ist Ulmer der Meinung: „Der Medikationsplan hat Potenzial“. Die Klinikapothekerin vertritt die Ansicht, dass der bundesweit einheitliche Medikationsplan als valide Datengrundlage für einen Interaktionscheck dienen kann oder um zu prüfen, ob der Patient potenziell inadäquate Arzneimittel erhält. Allerdings: Werde der Plan lediglich zum Auflisten der Medikation eingesetzt, dann sei er nutzlos. Der Medikationsplan ist also besser als sein Ruf, den er landläufig genießt. „Unsere Aufgabe ist es, dies in die Praxis zu transportieren. Der Medikationsplan kann als bestmögliche Unterstützung dienen“, findet die Stationsapothekerin.
Wer einen anderen Medikationsplan nutzt, als den bundesweiten, der ist auf dem Holzweg.
Diese Meinung vertritt auch Professor Irene Krämer. Krämer sieht vor allem auch die Ärzteseite in der Informationspflicht: „Ärztekammern und Kassenärztliche Vereinigungen müssen mehr Werbung machen, sodass Patienten den Medikationsplan auch nutzen“. Sie schätzt, lediglich 20 Prozent der Patienten hätten derzeit einen Plan. Krämer mahnt vor allem tatsächlich auch den bundesweiten Medikationsplan in den einzelnen Kliniken einzusetzen: „Wer einen anderen Medikationsplan nutzt, als den bundesweiten, der ist auf dem Holzweg“, sagt Krämer. Wenn es nun schon einen bundesweit einheitlichen gebe, „dann sollten wir auch mit diesem arbeiten“.
Projekt "MeinPlan"
Ein Medikationsplan für Stuttgart
Arzneimitteltherapiesicherheit
Der Medikationsplan allein reicht nicht
Thema: AMTS und Digitalisierung
Medikationsplan
Krämer erklärt, eine Arzneimitteltherapie umfasse verschieden Phasen – den ambulanten Bereich, die stationäre Aufnahme, die stationäre Behandlung und zuletzt wieder die Entlassung in den ambulanten Versorgungssektor. Nutzten Kliniken nun andere Medikationspläne als niedergelassene Haus- und Fachärzte, dann könne man erneut nicht kommunizieren und einheitlich arbeiten. „Es macht gar keinen Sinn, einen anderen zu nehmen!“. Doch findet der Medikationsplan überhaupt Anklang bei Patienten, Ärzten und Apothekern?
Medikationsplan genießt hohe Akzeptanz bei Apothekern, Ärzten, Patienten
Laut Krämer hört man immer wieder das Argument, dass es keine Akzeptanz für den Medikationsplan gibt. Hier protestiert die Krankenhausapothekerin vehement: „Es stimmt nicht, dass die Akzeptanz fehlt“. Dei Hausärzte, die an der Medikationsplanstudie der Universitätsmedizin Mainz teilgenommen hatten, unterstützen laut Krämer den Medikationsplan und finden, er sei eine gute Sache. Die Ärzte wurden über die Patienten rekrutiert, das bedeutet, es wurde keine Vorauswahl getroffen.
Patientenwissen fördert Adhärenz
Noch besser, mit nahezu 100 Prozent, beschreibt Krämer die Akzeptanz bei den Patienten: „Die Patienten sind froh, dass sie überhaupt einmal einen Medikationsplan haben“. Und die Apotheker? Der Gesetzgeber berücksichtigt die pharmazeutische Tätigkeit nur marginal. Doch selbst hier sei die Resonanz positiv, auch die beteiligten Apotheker befürworteten den Plan. Mit einer Einschränkung: Er mache nur Sinn, wenn er auch aktuell und vollständig ist – und das ist wohl das Problem.
Was muss auf den Medikationsplan?
Zur Aktualität: Sowohl in Krankenhäusern als auch in öffentlichen Apotheken muss es möglich sein, einen Medikationsplan zu erstellen und zu pflegen. Krämer sieht Probleme und große Lücken hier vor allem bei öffentlichen Apotheken. „Die wenigsten Apotheken, haben die Möglichkeit den Plan in ihr System einzulesen!“
Zur Vollständigkeit: Bestimmte Textfelder des Medikationsplans – Einnahmehinweise und Einnahmegründe – sind nicht verpflichtend auszufüllen. Diese fakultativen Felder findet Krämer allerdings obligat. „Fehlen diese Informationen, dann hat der Patient wenig von seinem Plan“, ist die Apothekerin überzeugt. Sie pocht auf Detailtreue. Der alleinige Hinweis „vor dem Essen“ – „selbst das ist nicht genau genug, für die meisten Patienten bedeutet das direkt vor dem Essen“. Auch die Indikation erachtet sie für unverzichtbar, die Patienten müssten auch wissen, warum sie ihre Arzneimittel einnähmen: „Das Patientenwissen ist besser und die Medikation wird zuverlässiger angewendet“.
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