Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

22.07.2018, 08:00 Uhr

Die ABDA im Geschwindigkeitsrausch: Jetzt soll's schnell gehen mit dem E-Rezept... (Foto: Andi Dalferth)

Die ABDA im Geschwindigkeitsrausch: Jetzt soll's schnell gehen mit dem E-Rezept... (Foto: Andi Dalferth)


20. Juli 2018 

In griechischen Kliniken werden hochpreisige temperaturempfindliche Krebsmittel geklaut. Eine griechische Apotheke, die dem Vernehmen nach keine Großhandelserlaubnis hat, verscherbelt sie an den Zwischengroßhändler Lunapharm im brandenburgischen Mahlow, im Speckgürtel von Berlin. Weitere Zwischenhändler, Kliniken, einige Apotheken und sogar Gehe kaufen diese Arzneimittel bei Lunapharm – klingt ein bisschen nach Großhandel vom Mond. Mein liebes Tagebuch, richtig abenteuerlich ist das alles. Und das soll schon eine Zeit lang so laufen. Ein kleines Desaster wird daraus, wenn man weiß, dass das zuständige brandenburgische Gesundheitsministerium bereits vor einiger Zeit Hinweise erhalten hat, dass diese Arzneimittel gestohlen worden seien, diesen Hinweisen aber nicht ausreichend nachgegangen ist. Die Gesundheitsministerin Golze entschuldigte sich zwar für die Versäumnisse – aber reicht das? Was ist da los in unseren Ministerien? Und zum mutmaßlichen Diebstahl: Es kamen demnach vermutlich keine gefälschten Arzneimittel in den Handel, aber ob auf den griechischen Handelswegen bis nach Brandenburg peinlichst auf die Einhaltung der Temperatur geachtet wurde, möchte man wohl stark bezweifeln. Wenn temperaturempfindliche Krebsmittel zu warm gelagert und transportiert werden, ist es denkbar, dass sie an Wirksamkeit einbüßen bis hin zum Wirkungsverlust. Können sich solche illegalen Arzneihandelsgeschäfte in Zukunft wiederholen? Ab 9. Februar 2019 wird doch Securpharm scharf geschaltet, unsere High-Tech-Arzneimittelüberwachung. Dann geht so etwas doch nicht mehr, oder? Klares „Jein“, mein liebes Tagebuch, zumindest könnte so ein Handel an Securpharm vorbei noch ein paar Jahre lang laufen. Das Fälschungsschutzsystem Securpharm erkennt nämlich nur Ware, die serialisiert ist, d. h., die Ware ist mit Sicherheitsmerkmalen ausgestattet. Während einer Übergangsphase bis 2024 darf allerdings auch Bestandsware ohne diese Sicherheitsmerkmale im Verkehr sein, sie wird bis dahin auf den europäischen Märkten zu finden sein. Arzneimittel mit den fälschungssicheren Kennzeichen dagegen würden sofort von Securpharm identifiziert, ihre Datenspur ließe sich verfolgen, sie könnten gesperrt und als gestohlen markiert werden, so dass in einer Apotheke ein Hinweis erscheint. Mein liebes Tagebuch, was dieser Arzneimittelskandal wieder vorführt: die Crux mit den Zwischen- und Zwischenzwischen-Pharmagroßhändlern. Sicher, man darf dieses Gewerbe nicht unter Generalverdacht stellen, aber in der Vergangenheit zeigten sich auf dieser Ebene immer wieder nicht gesetzeskonforme Vorkommnisse und Lücken in der Überwachung. Man hat den Eindruck, so manche kleine Pharmahandelsbude arbeitet im Graubereich – und davon gehen Gefahren aus für unsere Arzneiversorgung. Gäbe es nur den hochgepriesenen Vertriebsweg Hersteller – Pharmagroßhandel – Apotheke, ohne Zwischenhandel, wäre unsere Versorgung sicherer. Und wenn dazu noch Überwachungsbehörden schlafen und schlampern…



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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2 Kommentare

Der ABDA- Deal von Oktober 18

von Ulrich Ströh am 22.07.2018 um 9:51 Uhr

Wie würden Ärzte reagieren,wenn die KBV ein Schweigegelübde mit Minister Spahn bezüglich ihrer wirtschaftlichen Zukunft über ein ganzes Jahr vereinbart?

Die Erwartungshaltung auf einen entsprechend guten Deal wäre hoch.
Bei uns Apothekern ist es ebenso.

Resultate zählen im Oktober18...

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Ringelreihnreise nach Jerusalem oder Wer zuerst zuckt zahlt den Dealer

von Bernd Jas am 22.07.2018 um 14:17 Uhr

Einen schönen guten Morgen Herr Ditzel,

und Herr Ströh, wo Sie und Herr Ditzel grad´ sagen Deal, bzw. "...uns mit ihrem Deal überraschen."

Womit können wir bei aller grenzenlosen Phantasie noch rechnen?
Wir sollten hier zwingend rechnen,....und auf gar keinen Fall anfangen gar an Hoffnung auch nur zu denken.

Wir haben die AMPVO, incl. 1,77 € Rabatt, in GKV-Stein(Granit Keilschrift Vereinigungs-Stein) gemeißelt, 19 % MwSt. (auch fest im Sitz des Finanzministers), 8,35 € Honorar (so flexibel; dagegen ist eine Bahnschwelle ein Gummiband) und 3 % Hsp. mit Deckeldrohgebaren.
Wo kann hier phantasiert werden?
Vielleicht beim Honorar? ...Sagen wir, wir bekämen nochmal ein Gnadenbrot von 25 ct. Damit werden wir dann zur Entlastung der Ministerien dechambriert und zum Wettbewerb freigegeben. Das war´s hierzu.
Die Einkaufspreise sind im Keller der Chinesen, und sollte da noch Spielraum vorhanden sein wandelt sich der GKV zur Grenzenlos-Kauffartei-Vermaggelung mit Kurs auf Indien, Süd-Ost-Asien und nicht zuletzt auf´s Riff.
Wir bekommen davon ganz sicher nichts mehr ab, so sicher wie das Leben tödlich ist.
So weit hierzu.
Eine Honorarreform? Eine Honorarreform! Hurrahh, hurrahh...! Wir bekommen ein vergoldetes Hamsterrad!

Herr Ditzel,...ich denke Sie haben da oben (siehe Zitat) das zweite „r“ ein ganz klein wenig zu früh gesetzt.
Mehr kommt meiner Ansicht nach bei diesem Deal nicht für uns heraus. Ringelpiez bis keiner mehr übrig ist.

Und noch was:

„Wir setzen uns für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ein und wollen die Apotheken vor Ort stärken. Dies haben wir im Koalitionsvertrag auf Bundesebene durchgesetzt.“

Ha´, wenn das ernst gemeint wäre, hieße das so:

Wir setzen ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln durch und geben die Apotheken vor Ort Planungssicherheit. Dies haben wir im Koalitionsvertrag auf Bundesebene durchgesetzt.

Ich halte es da lieber mit K.Wecker (insbes. beim Schweigen):

"Genug ist nicht genug,
ich lass mich nicht belügen.
Schon Schweigen ist Betrug,
genug kann nie genügen."

Einen schönen Sonntag wünsche ich Ihnen

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