Start-up aus Hamburg

Kaiserschlüpfer will Apothekenmarkt erobern

Berlin - 05.11.2018, 17:40 Uhr

Die Macherinnen hinter „Kaiserschlüpfer“: Julia
Steinbach (li.) und Daniela Westberg-Heuer mit einer Auswahl ihrer unterschiedlichen
Wohlfühlslips. ( Foto: Sybill Schneider)

Die Macherinnen hinter „Kaiserschlüpfer“: Julia Steinbach (li.) und Daniela Westberg-Heuer mit einer Auswahl ihrer unterschiedlichen Wohlfühlslips. ( Foto: Sybill Schneider)


Kaiserschnittentbindungen sind manchmal unumgänglich. Was folgt, sind häufig Beschwerden an der unvermeidlichen Narbe. Das Kaiserschlüpfer-Start-up aus Hamburg hat eine innovative Lösung entwickelt: den Kaiserschlüpfer. In der TV-Serie „Höhle der Löwen“ hat es mit einem Deal nicht geklappt. Die Wohlfühlslips haben aber trotzdem den Weg in erste Apotheken gefunden. Doch dabei soll es nicht bleiben. DAZ.online hat bei den Macherinnen von Kaiserschlüpfer nachgefragt.

Jung und frech sollte er sein, der Name des ersten Produktes des jungen Start-ups Kaiserschlüpfer GmbH aus Hamburg. Das ist gelungen. Kaiserschlüpfer ist ein einprägsamer Name. Er steht gleichsam für das Produkt und für die dahinterstehende Firma. Julia Steinbach und Daniela Westberg-Heuer sind die Köpfe hinter Kaiserschlüpfer. Ex-Kaiserschnittpatientin und Marketing-Expertin Julia Steinbach und Hebamme Daniela Westberg-Heuer gründeten April 2017 das Start-up, das inzwischen mit sieben verschiedenen Produkten – allesamt Wohlfühlslips für Frauen – am Markt ist. Erste Erfolge sind erzielt. Nun wollen die Erfinderinnen von Kaiserschlüpfer auch den Apothekenmarkt erobern – oder zumindest den Bekanntheitsgrad ihrer Produkte vergrößern. Doch welche Geschichte, welche Ideen und welche Macherqualitäten stecken hinter der Kaiserschlüpfer GmbH?

Vom Kaiserschnitt zur Firmengründung

Mit Julia Steinbachs zweiter Schwangerschaft begann eigentlich alles, was später zu einer erfolgreichen Geschäftsidee wurde – so berichten die beiden Gründerinnen DAZ.online. Westberg-Heuer betreute damals Steinbach als Hebamme. „Wir waren uns gleich im ersten Moment super sympathisch“, berichtet die ehemalige Kaiserschnittpatientin. Nach der Kaiserschnittentbindung habe für sie damals eine unangenehme Zeit mit Narbenbeschwerden begonnen: „Sämtliche Hosen haben auf der Narbe gedrückt und auch gerieben“, so Steinbach. Auf Nachfragen habe sie damals Tipps bekommen, die sie allerdings keiner Frau weitergeben möchte. „Man hat dann diese Netzhosen an und es wird einem empfohlen, vorne eine Binde auf die Narbe zu legen“, erinnert sie sich ungern. Es habe nichts Adäquates für diese Problematik gegeben. „Da kann man sich vorstellen, wenn man frisch operiert ist, gerade ein Kind geboren hat, dass das nicht gerade zum Wohlgefühl beiträgt“, bekräftigt sie. 

Schon im Krankenhaus habe sie begonnen zu überlegen, welche Lösungen besser geeignet wären, das Wohlgefühl nach einem Kaiserschnitt zu steigern – zumindest den Druck vom empfindlichen Narbengewebe zu nehmen. Auch ihre Hebamme Daniela Westberg-Heuer sei sofort begeistert gewesen. Während andere nur sagen, da müsste eigentlich etwas erfunden werden, wurden Steinbach und Westberg-Heuer aktiv. Ein Jahr hätte es dann gedauert, ein Produkt zu entwickeln, das markttauglich gewesen sei. „Da muss man sich schon Experten heranholen“, beschreibt Westberg-Heuer die Vorgehensweise. Zusammen mit einer Schneiderin und einer Kleidungstechnikerin aus dem Bekanntenkreis seien erste Entscheidungen zu Materialien und Verarbeitung gefallen. Herausgekommen ist eine bi-elastische Stützhose mit hohem Bund und vorne aufgesetzter Tasche, in der ein dazugehöriges Kühlpad untergebracht werden kann.

Der Kaiserschlüpfer – damit fing alles an

Kaiserschnittpatientinnen sollen laut Firmenangaben durch die Wohlfühlslips den Druck auf die Kaiserschnittnarbe vermindern können und so besser durch die Zeit nach der Geburt kommen. Julia Steinbach, die die Probleme einer Kaiserschnittnarbe aus eigener Erfahrung kennt, berichtet von den Vorzügen des Kaiserschlüpfers: „Bei unserem Kaiserschlüpfer haben wir eine doppelte Druckentlastung. Einmal wird die Narbe durch das Kühlpad geschützt und der Druck von vorn genommen und durch den Stützbund wird der Bauch von der Narbe fern gehalten.“ Daniela Westberg-Heuer ergänzt: „Es geht gar nicht primär ums Kühlen. Es geht darum, dass wir ein Kühlpad als Stoßdämpfer benutzen. Die Frauen können zusätzlich kühlen, wenn sie es mögen.“

Vor dem marktfertigen Kaiserschlüpfer habe allerdings eine Menge Tüftelei und große Unterstützung durch Freundinnen gestanden, die den beiden Erfinderinnen zum Beispiel als Kaiserschnitt-Models zur Vermessung ihrer Narben zur Verfügung gestanden hätten. „Allein die Frage, wie groß das Pad sein muss, wo genau die Tasche sitzen muss, dass auch wirklich alle Kaiserschnitte getroffen werden, war wichtig“, erläutert Steinbach. Zudem sei es Gold wert gewesen, dass Westberg-Heuer als Hebamme wertvolle Hinweise geben konnte: „Sie wusste genau, auf was wir achten müssen und was wichtig ist, dass es auch für den Körper nach der Geburt gut passt“, bekräftigt sie. Ihre Arbeit als Marketing-Expertin sei wiederum wertvoll für die Entwicklung des Namens und des Logos gewesen: „Wir haben jedem Slip – wir haben mittlerweile ja sieben unterschiedliche Slips – einen frechen Namen geben, damit sich das Ganze auch gut einprägt.“ 

Produkttestung an der Charité

Die Kaiserschlüpfer-Macherinnen berichten von einer Produkttestung, die mit 100 Kaiserschnittpatientinnen an der Berliner Charité durchgeführt worden sei. „Das war natürlich ganz fantastisch, mit der Charité zusammenzuarbeiten“, berichtet Steinbach stolz. Ein Bekannter habe den Kontakt vermittelt, nachdem sie sich grundsätzlich überlegt hatten, dass sie gerne eine Studie machen wollten. „Wir haben 100 Slips der Charité übergeben für Kaiserschnittpatientinnen und haben wirklich hervorragende Ergebnisse erhalten von 95 Prozent, die uns weiterempfehlen würden“, so Steinbach glücklich. Die Patientinnen hätten Fragebögen ausfüllen müssen, in denen sie ihre Erfahrungen mit dem Slip angeben konnten.

Erfolg trotz No-Deal in TV-Show

Auch in die VOX Produkt-Show „Die Höhle der Löwen“ haben sich die beiden Start-up-Gründerinnen gewagt. In der Sendung geht es darum, anwesende potentielle Investoren von seinen Produkten zu überzeugen, so dass es zu einem sogenannten Deal kommt, der aus Geld gegen Firmenanteile besteht. Steinbach und Westberg-Heuer mussten sich jedoch wenig Schmeichelhaftes über ihre Produkte anhören – und verließen die Sendung mit einem No-Deal. „Es war schon nicht sehr angenehm. Man freut sich immer, wenn es gut ankommt – und das kannten wir bisher auch so“, berichtet Steinbach und ergänzt: „Wir haben jetzt keinen Deal bekommen, aber wir haben mittlerweile einen wunderbaren Investor und für uns läuft das alles wunderbar weiter. Die Ausstrahlung war sehr gut für uns, weil dadurch die Slips bei Regelbeschwerden bekannt geworden sind. Das war unser Ziel.“

Daniela Westberg-Heuer (li.) mit dem „Warme Tage Hipster“ bei Regelbeschwerden und Julia Steinbach mit dem „Kaiserschlüpfer“ nach einem Kaiserschnitt. (Foto: Sybill Schneider)

Erweiterte Produktpalette – alles für die Frau

Julia Steinbach und Daniela Westberg-Heuer ist es wichtig festzustellen, dass es inzwischen eine ganze Produktpalette von Wohlfühlslips gegen unterschiedliche Beschwerden gäbe – alle für die Frau wohlgemerkt. „Es gibt was für jede Frau – vom Teenager-Alter bis in hohe Alter“, so Westberg-Heuer. Alle Wohlfühlslips werden auf der Homepage mit einprägsamen Namen präsentiert, die gleichsam Programm sind: Neben dem Kaiserschlüpfer gibt es unter anderem noch den Rückenschmeichler bei Rückenschmerzen, den Bauchschmeichler nach der Geburt oder als Shapeware oder den Warme-Tage-Slip bei Regelschmerzen – auch als Hipster-Version für Frauen, die sich mit einem hohen Bund nicht identifizieren können. Insgesamt seien es sieben verschiedene Wohlfühlslips, „die einfach jeder Frau gut tun“, so Westberg-Heuer überzeugt.

Auch an Nachhaltigkeit sei gedacht, erläutern die beiden Hamburgerinnen auf Nachfrage. So sei es in dieser Hinsicht besser, den Warme-Tage-Slip mit dem Wärmepad zu kaufen, der über Jahre benutzt werden könne, als Einmalprodukte zu benutzen wie zum Beispiel die handelsüblichen Wärmepflaster. Hergestellt würde ihr Spezial-Slipsortiment außerdem von einem deutschen Hersteller, der in Italien produziere. Die Kühl- und Wärmepads kämen zudem von einem Produzenten aus Deutschland. Das sorge für kurze Transportwege und sei gut für die Umwelt.

Apotheken als interessanten Markt erobern

Die Vertriebswege der Kaiserschlüpfer-Produkte sind vielfältig, so berichten die beiden Hamburgerinnen. Viele Bestellungen liefen über ihren Online-Shop. Zudem seien die Produkte bei Otto.de, bei einigen Babyfachmärkten, Hebammenläden – und auch in ersten Apotheken erhältlich. „Wir haben eine Apothekerin bei einer Messe kennengelernt. Andere sind auf uns zugekommen oder wir haben durch Flyer auf uns aufmerksam gemacht. Wenn sie von uns erfahren, dann sind sie wirklich begeistert“, freut sich Julia Steinbach. Bisher seien es allerdings nur einzelne Apotheken. Über eine Ausweitung des Geschäfts mit Apotheken würden sich die beiden Kaiserschlüpfer-Macherinnen demnach sehr freuen. Beziehen könnten interessierte Apotheken ihre Produkte bislang nur direkt (info@kaiserschluepfer.de). Zukünftig sei aber auch eine Zusammenarbeit mit pharmazeutischen Großhändlern angestrebt – so zumindest die Hoffnung.



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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