Warnemünde

Schülerpraktikanten in alte Kunst des Pillendrehens eingeweiht

Berlin - 16.02.2019, 08:00 Uhr

Praktikum in der Rezeptur: Apothekerin Siglinde Lindauer aus Warnemünde zeigt ihren Schülerpraktikanten teils alte Methoden der Arzneimittelherstellung. ( r / Symbolfoto: Imago)

Praktikum in der Rezeptur: Apothekerin Siglinde Lindauer aus Warnemünde zeigt ihren Schülerpraktikanten teils alte Methoden der Arzneimittelherstellung. ( r / Symbolfoto: Imago)


Pillendrehen als abschließendes Praktikum-Highlight

In den letzten Monaten hatte Lindauer zwei Schülerpraktikanten in ihrer Apotheke: „Den einen hatten wir ein halbes Jahr immer Donnerstags. Und die andere hatten wir zwei Wochen am Stück.“ Zufälligerweise sei für Beide der letzte Praktikumstag auf den gleichen Tag gefallen. Dieser Tag sollte für die Schüler ein Highlight werden: Demonstriert wurde die alte Kunst des Pillendrehens. Gleichzeitig hätten die Schüler auf diese Weise erfahren können, warum früher „Pillendreher“ ein Apothekersynonym gewesen sei. „Ich weiß allerdings nicht, ob dieser Begriff in der Jugend überhaupt noch bekannt ist“, gibt Lindauer schmunzelnd zu Bedenken.

Fünf Pillenbretter aus unterschiedlichen Epochen seien im Fundus der Apotheke verwahrt – von alt bis hin zu moderneren Varianten mit Kunststoffbeschichtung. Knallgelbe Knete sei als Ersatz für die Pillenmasse, die nicht vorhanden gewesen sei, benutzt worden. Die Pillen hätten die Schüler zunächst an „Tick-Tack“ erinnert, berichtet die Apothekerin amüsiert. Die „Tick-Tack-Pillen“ seien dann in der linken Hand mit dem rechten Zeigefinger, zu runden Pillen gedreht worden. Spätestens in diesem Moment sei den Schülern der Begriff des „Pillendrehers“ anschaulich vermittelt worden. „Die waren begeistert“, bekräftigt Lindauer. Überhaupt sei es eine schöne Erfahrung, die Begeisterungsfähigkeit der Jugend zu erleben, fügt sie überzeugt hinzu. 

Pharmaziegeschichte sehen – und hören

Die Praktikanten der Detharding-Apotheke – genauso wie die Kunden – „stolpern“ in der Apotheke förmlich über Pharmaziegeschichte. „Schuld“ daran sind die farbenprächtigen Hinterglasmalereien mit sieben Motiven zur Pharmaziegeschichte, die 1975 von Wilhelm Mandel von der Fachhochschule für angewandte Kunst in Heiligendamm angefertigt wurden. Die Malereien, die Einblicke in den Apothekenalltag von 300 n. Chr. bis in die 1970er-Jahre gewähren, sind für die Kunden gut sichtbar und künstlich hinterleuchtet in der Offizin ausgestellt.

Beispiel der Hinterglasmalereien mit Renaissance-Motiv von Wilhelm Mandel in der Detharding-Apotheke in Warnemünde. (Foto: Lindauer)

Die Geschichte ist allerdings nicht nur sichtbar, sondern auch hörbar: In nur zehn Minuten könnten sich Interessierte die Scheiben mit dem jeweiligen historischen und botanischen Hintergrund erklären lassen, erläutert die Warnemünder Apothekerin. Die Texte seien dafür extra von dem Schauspieler Achim Wolff und der Kollegin Rita Feldmeier, die der Pharmazie auch sehr verbunden sei, eingesprochen worden. Mit Kopfhörer und MP3-Player ausgestattet, gemütlich in extra bereitstehenden Sesseln niedergelassen, könne die geschichtliche Reise losgehen. Auch die Schülerpraktikanten setze sie immer vor die Scheiben, um ihnen Gelegenheit zu einem kurzweiligen Abstecher in die unterschiedlichen Epochen zu geben. Auch auf diese Weise sei eine Verbindung zwischen früher und heute herstellbar, ist sich Lindauer sicher.



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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