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20. Februar 2019
Der Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK) hatte wieder zum Kooperationsgipfel nach München geladen, mittlerweile schon zum elften Mal. Die Veranstaltung wies die rekordverdächtige Teilnehmerzahl von knapp 500 aus – allerdings kamen die meisten der Teilnehmer nicht aus Apotheken oder Kooperationen, sondern aus den Marketingetagen der Pharmaindustrie, von Pharma-Dienstleistern und Großhandlungen. Der Gipfel hat sich als Branchentreff am Jahresanfang einen guten Namen gemacht und bietet dem BVDAK-Vorsitzenden Stefan Hartmann eine Bühne, um Politik zu machen. Eine Politik, die in den Grundzügen durchaus im Konsens mit der ABDA-Politik liegt (pro inhabergeführte Apotheke, kein Fremd- und Mehrbesitz), aber sich in einigen Punkten auch deutlich ABDA-kritisch zeigt. Für Hartmann differenziert sich der Apothekenmarkt immer rascher, die Apothekenkooperationen sieht er als Treiber des wirtschaftlichen Erfolgs. Für ihn sind warenwirtschafts- und kooperationsübergreifende Lösungen wichtiger denn je. Sein Credo: Die Vernetzung der stationären Apotheken muss deutlich schneller vorangetrieben werden. Hartmann träumt von einer gemeinsamen App, die alle Apotheken nutzen, und von einer gemeinsamen digitalen Plattform. Und wovon er überzeugt ist: Die heilberufliche Zukunft des Apothekers wird mehr denn je politisch und betriebswirtschaftlich und durch die digitale Transformation entschieden. Wofür sich Hartmann auch einsetzt: die Liberalisierung des Botendienstes. Die ABDA zerbricht sich den Kopf über eine Abgrenzung zwischen Versandhandel und Botendienst – und vergisst den Kunden. Denn der will einfach nur schnell sein Arzneimittel – ob die Zustellung nun Botendienst oder DHL oder sonstwie heißt, ist ihm dabei herzlich egal. Mein liebes Tagebuch, da ist viel dran. Wir ärgern uns über die Versender und fürchten Amazon und vergessen dabei zu überlegen, was wir z. B. besser können als Amazon, nämlich schneller liefern als alle anderen. Unseren Wettbewerbsvorteil, vor Ort zu sein und eine Bestellung am gleichen Tag ausführen zu können, spielen wir nicht aus.
Was unserer Standesvertretung auch anzukreiden ist: Das Digitale wurde lange, zu lange von der ABDA stiefkindlich behandelt. Digital vorauszudenken – das war und ist unserer Berufsvertretung nicht wirklich gegeben. Und heute stehen wir vor Riesenherausforderungen. Die Strukturen fürs E-Rezept zu schaffen, sind da noch nicht mal die Größten.
Als Überraschungsgast hatte Hartmann den Noweda-Chef Michael Kuck zum Kooperationsgipfel eingeladen, der sich dort nicht unwohl zu fühlen schien: Ist doch die Noweda als Genossenschaft per se eine Ur-Kooperation, sie gehört den Mitgliedsapotheken. Und so stellte Kuck heraus, dass die Genossenschaft als Unternehmensmodell durchaus zeitgemäß sei: „Wir kämpfen für jede Apotheke.“ Thema war natürlich auch der „Zukunftspakt“, den Noweda und Burda geschlossen haben, um eine digitale Plattform für alle Apotheken aufzubauen und zu bewerben. Was Kuck herausstellte: Dieser Plattform könne jede Apotheke beitreten, auch wenn sie nicht Kunde der Noweda sei. Mein liebes Tagebuch, es gibt sie also, die digitalen Ansätze, mit denen man den Versendern die Stirn bieten kann. Und dass sogar noch eine weitere Plattform im Aufbau ist, initiiert von Gehe, Noventi, Rowa, Sanacorp und dem Verlag Wort&Bild, sieht Kuck sportlich: Konkurrenz schade nicht und Deutschland könne mit zwei großen Plattformen leben, meint er zuversichtlich. Entscheidend sei nicht die schönste App, sondern ob man genügend Reichweite bei Kunden und den Apotheken habe. Deswegen sei auch das Medien-Unternehmen Burda Media mit im Boot, „das weiß, wie Reichweite geht, auch außerhalb von Apotheken“, so Kuck. Mein liebes Tagebuch, solche Plattformen sind Hoffnungsschimmer im Existenzkampf der Vor-Ort-Apotheken gegen holländische Versender, Amazon und Co. Wenn sie rasch kommen, gut funktionieren und von den Kunden angenommen werden, können wir vieles viel besser.
Viel besser als das Unternehmen Amazon, das sich in Deutschland recht schwer tut, einen Fuß in den Pharmamarkt zu bekommen. Am Fremd- und Mehrbesitzverbot kommt man eben doch nicht so leicht vorbei. Und so greift Amazon gerne zur ausgestreckten Hand von einigen Apothekern, die dem Logistiker helfen wollen, beim Arzneiversand mitzumischen. Auf dem Kooperationsgipfel durfte der Münchner Apotheker Michael Grintz von den Bienen-Apotheken seine seit 2016 bestehende Partnerschaft mit Amazon vorstellen. Seit 2017 ist er „Amazon Prime Now“-Partner, das heißt, er verpflichtet sich, bis 13 Uhr eingehende Bestellungen umgehend zusammenzustellen, um sie dann um 15 Uhr dem Amazon-Boten zur Auslieferung übergeben zu können. Um in der Amazon-Familie am Tisch sitzen zu dürfen, muss er natürlich einen Obulus an Amazon abdrücken, der sich auf 15 Prozent des Bruttoumsatzes beläuft. Grintz verriet natürlich nicht, wie viele Bestellungen er täglich hat, wie viel Umsatz er damit macht, aber er ließ wissen: „Was ich hier tue, ist kaufmännisch sinnvoll.“ Na denn. Insgesamt sollen laut Grintz in Deutschland etwa 70 bis 80 Apotheker auf dem Amazon-Marktplatz aktiv sein, aber nur wenige seien „Prime-Apotheken“. Grintzs Zukunftsprognose: Er geht nicht davon aus, dass Amazon in Deutschland über eine „eigene“ Apotheke aktiv wird, zumal es auch nicht erlaubt ist. Tendenz von Amazon sei es zudem, Umsätze über Partnerschaften mit Händlern zu generieren.
Wie wichtig es ist, dass die Vor-Ort-Apotheke im Netz vertreten ist und sich als Vor-Ort-Einkaufsstätte, die auch nach Hause liefert, etabliert, zeigen die Zahlen der aktuellen Marktforschungsstatistik von IQVIA: Das OTC-Geschäft der Versender wächst und wächst. 2018 stieg der Umsatz mit rezeptfreien Arzneimitteln im Versandhandel um 8,1 Prozent. Schon heute sollen etwa 20 Prozent der OTC-Packungen über den Versandhandel laufen. Prognostiziert wird ein jährliches Wachstum in diesem Markt um 3 bis 6 Prozent. Mein liebes Tagebuch, das muss doch nicht sein, da wollen wir doch nicht tatenlos zusehen! Daher: Plattformen, wie sie derzeit im Entstehen sind, könnten uns Umsatz zurückbringen, vor allem, wenn wir es schaffen, mit Schnelligkeit zu punkten: Die Zustellung einer Bestellung am gleichen Tag – das schaffen die Versender aus Holland nicht. Und Amazon versucht sich daran in Zusammenarbeit mit Apotheken unter großem Aufwand. Es wird Zeit, dass die Plattformen kommen.
6 Kommentare
Bringedienst: Aber bitte erst anschnallen....
von Gunnar Müller, Detmold am 24.02.2019 um 17:45 Uhr
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AW: Bringedienst: Aber vorher bitte erst selbst abholen ...
von Christian Timme am 24.02.2019 um 21:36 Uhr
Aktivitäten
von Dr.Diefenbach am 24.02.2019 um 13:11 Uhr
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Staat im Staate,
von Christian Giese am 24.02.2019 um 11:09 Uhr
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Wenn Tagebücher „aufhorchen“ ... und Apotheker weiter schlafen wollen ...
von Christian Timme am 24.02.2019 um 10:47 Uhr
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Loslegen!
von Ulrich Ströh am 24.02.2019 um 9:05 Uhr
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