Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

24.02.2019, 08:00 Uhr

Die Stärke der Vor-Ort-Apotheken: Same Day Delivery, die Zustellung von Bestellungen am gleichen Tag – das schaffen die Versender nicht. (Foto: Andi Dalferth)

Die Stärke der Vor-Ort-Apotheken: Same Day Delivery, die Zustellung von Bestellungen am gleichen Tag – das schaffen die Versender nicht. (Foto: Andi Dalferth)


22. Februar 2019 

Interessante Erkenntnisse zum Kundenverhalten lieferte Walter Pechmann vom Marktforschungsunterunternehmen GfK in seinem Vortrag auf dem Kooperationsgipfel. In Umfragen ging GfK der Frage nach, wie sich das Einkaufsverhalten (man spricht hier auch von der Customer Journey, von der „Kundenreise“) aufgrund des Versandhandels verändert – auch im Apothekenmarkt. Was sich deutlich zeigt: Die Kunden verändern ihr Einkaufsverhalten, für immer weniger Menschen sind Arzneimittel ein besonderes Gut. Und wann beziehen die Kunden eher ein Arzneimittel über den Versandhandel und wann besuchen sie eher die Vor-Ort-Apotheke? Das kommt auf den Sortimentsbereich ein, je nach Bedarf: Für den akuten Bedarf ist ganz klar die Präsenzapotheke die Einkaufsstätte der Wahl. Aber bei Produkten für den kurativen und präventiven Bereich und für Produkte zur Verbesserung der Lebensqualität tendieren die Einkäufe in Richtung Versandhandel. Laut Pechmann sind damit rund 62 Prozent des Absatzes der Vor-Ort-Apotheke gefährdet. Mein liebes Tagebuch, das lässt aufhorchen. Wie können die  Präsenzapotheken darauf reagieren? Dazu sollte man wissen: Die Themen Sicherheit, Zeit und Komfort schätzen die Kunden beim Arzneimittelkauf im Internet besonders, der Preis spielt dabei nicht die entscheidende Rolle, Hauptsache, man kann sich darauf verlassen, dass das richtige  Arzneimittel rasch nach Hause geliefert wird. Und genau hier könnte die Vor-Ort-Apotheke ansetzen und Wettbewerbsvorteile rausholen und dem Versandhandel den Markt streitig machen und Umsätze zurückholen: Das Zauberwort heißt same day delivery, die Zustellung der Bestellung am gleichen Tag. Das schafft der Arzneimittelversandhändler nicht. Also, mein liebes Tagebuch, dem Kunden ist es vollkommen egal, ob wir das Botendienst, Versand oder wie auch immer nennen. Wenn wir gegen den Versandhandel antreten, dann sollten wir uns dringend überlegen, wie wir von unseren verkrustet konstruierten Unterscheidungen hie Botendienst, dort Versand wegkommen. Wenn der Kunde ein Arzneimittel in der Apotheke bestellt, per Telefon oder im Online-Shop der Apotheke, dann sollten wir es rasch auf den Weg zum Kunden bringen, und zwar noch am selben Tag. Das ist unsere Stärke. Vielleicht muss dafür auch der eine oder andere Verordnungstext geändert werden. 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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6 Kommentare

Bringedienst: Aber bitte erst anschnallen....

von Gunnar Müller, Detmold am 24.02.2019 um 17:45 Uhr

... und er gehört bitte doch auch honoriert, oder?
Bin schon gespannt, ob und wenn ja - was die ABDA dafür fordert (oder hat sie auch dazu keinen Mumm?!).
Und:
Wer ordnet ggf. diesen Sofort-Bringedienst an bzw. stellt ein Erfordernis dafür (apothekerliche Dienstleistung) fest?
P. S. Theoretisch könnte natürlich auch der Versand durch Versender honoriert werden – wegen des zeitlichen Versatzes (2 Tage...) natürlich nicht in derselben Höhe!
Und bitte auch nicht vergessen: Die geringeren Stückkosten (keine Beratung wie in den Apotheken vor Ort) sowie die höheren EinkaufsRabatte (insbesondere bei den ausländischen Versendern!!) gehören natürlich beim Versender-Entgelt ausgepreist sprich: heruntergepreist!! Oder die Kassenabschläge werden entsprechend umverteilt (siehe den von uns vorgeschlagenen Plan C)!!

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AW: Bringedienst: Aber vorher bitte erst selbst abholen ...

von Christian Timme am 24.02.2019 um 21:36 Uhr

Das waren noch Zeiten ... nach unzähligen selbst gelesenen Yellowpress-Titeln beim Onkel Dr. auch noch Menschenschlangen vor der Apotheke ... der HV als letzte Bastion vor der Abgabe des Arzneimittels auf Rezept. Und jetzt ... UPS, DHL, Hermes etc. „die bringen’s“, sogar der Arzt kommt ... nur unsere „Apothekers“ haben „Blei“ in den Sohlen und warten darauf bis das „Honorar“ selbst kommt ...

Aktivitäten

von Dr.Diefenbach am 24.02.2019 um 13:11 Uhr

Was derzeit am Markt läuft,kann doch massiv zu GUNSTEN der Präsenzapotheke enden.Schade,dass es Einzelpersonen sind,die auf Missstände aufmerksam machen,die politischen Hintergrund haben.WIE kommt es sonst,dass Herr Spahn plötzlich still zu sein scheint?WIE begleitet eigentlich unsere Führung die Unternehmungen der Jungpharmazeuten,von denen offenbar einige nun selbst das Heft des Handelns übernommen haben?Es sieht halt SO aus,dass der Markt-vorbei an der ABDA-Spitze-seinen Weg suchte,in Teilen auch gefunden haben könnte(!).Somit,betrachtet man den Kooperationsgipfel,wird die ABDA in ihrer jetzigen Form immer mehr:ÜBERFLÜSSIG.-Dass übrigens Kosten im Gesundheitswesen keine Rolle spielen,politisch besehen,wird am Beispiel des EMA-Auszuges aus England deutlich:Man muss wohl einen Mietvertrag erfüllen,der noch eine zweistellige Zahl von Jahren läuft und für den weit über 500 Mio(!) Euro fällig werden-ohne offensichtlichen Gegennutzen.Das ist zwar eine ganz andere Ebene,es zeigt halt,WIE man mit Finanzen auch agiert.Dass dies letztlich wieder beim Steuerzahler hängen bleiben wird,auch über den Arzneimittelpreis ,ist klar.Und wir müssen weiterhin über Cents streiten...

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Staat im Staate,

von Christian Giese am 24.02.2019 um 11:09 Uhr

Je mehr die ABDA - Strukturen weiterhin schwächeln, umsomehr werden sich Genossenschaften, Wissenskooperationen, Plattformen u.ä. bilden.
Denn "Was mehr wird, wenn wir teilen", der Urgenossenschaftsgedanke, hat zumindest in der derzeit unsicheren Phase seinen starken Überlebensreiz.

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Wenn Tagebücher „aufhorchen“ ... und Apotheker weiter schlafen wollen ...

von Christian Timme am 24.02.2019 um 10:47 Uhr

„Die ABDA zerbricht sich den Kopf ...“ weil jahrelanges Nachdenken und Politisieren wenig verändert hat, dafür aber „immer mehr Raum“ benötigt wird ... und das für was?. Wann wird der erste GfK-Referent auf dem DAT sprechen und „unaussprechliche Fragen“ beantworten? ...

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Loslegen!

von Ulrich Ströh am 24.02.2019 um 9:05 Uhr

Da hatte Noweda- Chef Michael Kuck auf dem Kooperationsgipfel Recht:
Plattformen mit Reichweite (!) bei Kunden und Apotheken müssen schleunigst für Präsenzapotheken her.

Mindestens 8000 Apotheken sollten teilnehmen und zusätzlich muß ein starker Medienpartner für Reichweite dabei sein.

Und dann auch nachhaltig zügig loslegen! Ankündigen wird nicht reichen.

Kleinere Insellösungen werden erfolglos sein.

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