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DAZ.online-Europawahl-Check (Teil 1)
Was sagen die Parteien zur Subsidiarität und zu den EU-Versendern?
Grüne
1) Sollten die Regelungen in den Apothekenmärkten aus Ihrer Sicht weiterhin in den Mitgliedstaaten, also nach dem Subsidiaritätsprinzip, festgelegt werden? Oder wäre eine Vereinheitlichung der Apothekenmärkte angebracht?
Die Gesundheitssysteme in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind sowohl was die Finanzierung als auch was die Strukturen betrifft, sehr unterschiedlich. Vor diesem Hintergrund halten wir daran fest, dass die Mitgliedstaaten selbst über die Ausgestaltung der Gesundheitsversorgung entscheiden. Wir meinen, dass alle Menschen in der Europäischen Union Zugang zu guter Versorgung haben müssen. Der Artikel 168 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union gewährt den Mitgliedstaaten die Verantwortung für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik sowie für die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung. Davon unberührt bleibt, dass die europäischen Grundfreiheiten, wie beispielsweise der freie Warenverkehr innerhalb der EU, in allen Lebenswelten und Politikfeldern garantiert sind. Der Artikel 168 ist nicht dazu da, einzelnen Teilnehmern auf dem Apothekenmarkt einen Vorteil zu verschaffen oder in Deutschland seit Jahren etablierte und aus Sicht der Patient*innen nützliche Versorgungsstrukturen wie den Versandhandel wieder zu verdrängen.
2) Sollten die EU-Mitgliedstaaten aus Ihrer Sicht die Arzneimittelpreise und die Apothekenvergütung selbst regeln dürfen oder nicht?
Die Mitgliedstaaten bestimmen schon heute aus gesundheitspolitischer Perspektive über die Höhe der von den nationalen Gesundheitssystemen erstatteten Arzneimittelkosten. Das ist angesichts unterschiedlicher Finanzierungssysteme für die Gesundheitsversorgung auch richtig. Auch die Höhe der an die Apotheken gezahlten Vergütungen wird durch die Mitgliedstaaten festgelegt. Daran wollen wir festhalten. Der EuGH hat entschieden, dass durch die Preisbindung und dem damit bestehenden Wettbewerbsverbot zwischen Apotheken, ausländische Versandapotheken gegenüber inländischen Filialapotheken ungerechtfertigt benachteiligt werden. In der Beziehung zwischen Apotheken und Kund*innen dürfen ausländische Versandapotheken seit dem von inländischen Preisvorgaben abweichen. Der EuGH begründet dies mit dem Grundrecht der Warenverkehrsfreiheit. Dies ist zu akzeptieren. Aus unserer Sicht kommt es nun darauf an, den Preiswettbewerb auf ein vertretbares Maß zu begrenzen und auf diese Weise auch einen mit Nachteilen für die Apotheken sowie die Patient*innen verbundenen unbegrenzten Preiswettbewerb zu verhindern. Wichtig erscheint uns, den pharmazeutischen Beruf insgesamt zu stärken und aufzuwerten. Gerade vor dem Hintergrund des demographischen Wandels wird die Bedeutung einer qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung wachsen. Wir sprechen uns daher auf nationaler Ebene für eine Reform der Apothekenvergütung mit dem Ziel eines eigenständigen Honorarsystems aus. Dabei wollen wir den Stellenwert der pharmakologischen Beratung stärken.
3) Die EU-Versender aus den Niederlanden versorgen fast ausschließlich deutsche Patienten. Deutsche Behörden haben keine Möglichkeit, die Unternehmen zu kontrollieren, um beispielsweise zu überprüfen, ob die Anforderungen zur Arzneimittelversorgung eingehalten werden. Sollte die Kontrolle und Überwachung von EU-Versandkonzernen in der Arzneimittelversorgung ggf. reformiert werden?
Es dürfen nur diejenigen Versandapotheken legal nach Deutschland liefern, deren nationale Regelungen mindestens denen in Deutschland gleichen. Für welche europäischen Mitgliedstaaten dies zutrifft, prüft das Bundesgesundheitsministerium. Auf Grundlage dieser jeweiligen durch das Bundesgesundheitsministerium geprüften nationalen Regelungen, die beispielsweise bei der Transparenz mitunter sogar über das deutsche Niveau hinausgehen, überwachen die jeweiligen nationalen Behörden den Markt.
4) Die großen EU-Versender verdienen ihr Geld fast ausschließlich in Deutschland. Sie zahlen hierzulande keine Unternehmenssteuer. Wie beurteilen Sie die Steuersituation großer Internet- und Versandkonzerne?
Wir sind unabhängig von der Frage, ob die ausländischen Versandapotheken tatsächlich Steuervorteile genießen oder nicht der Auffassung, dass der Kampf gegen Steuerdumping und aggressive Steuervermeidung in Europa entschiedener als bisher fortgeführt werden muss. Umfassende Transparenzpflichten, insbesondere eine öffentliche länderbezogene Offenlegungspflicht für multinationale Unternehmen, sind dabei von zentraler Bedeutung. Zudem wollen wir eine einheitliche, verbindliche Mindestbesteuerung von Unternehmen in der EU. Unser langfristiges Ziel ist eine echte EU-weite Unternehmenssteuer, die in den EU-Haushalt fließt.
7 Kommentare
"Grüne" Eu-Gesundheitspolitik
von es-war-einmal-ein-wähler am 22.05.2019 um 11:44 Uhr
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Verträge ?! - nichts wert
von ratatosk am 20.05.2019 um 10:18 Uhr
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Wahlaussagen von Parteien
von Rita Längert am 18.05.2019 um 10:56 Uhr
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EuGH entscheidet, BRD „wendet nicht mehr an“ ?
von Christian Timme am 17.05.2019 um 20:54 Uhr
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Kaleidoskop der Parteien zur Gesundheit
von Heiko Barz am 17.05.2019 um 18:54 Uhr
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AW: Kaleidoskop der Parteien zur Gesundheit
von Bernd Blum am 20.05.2019 um 18:44 Uhr
Vollkommen egal
von Karl Friedrich Müller am 17.05.2019 um 18:08 Uhr
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