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20. Juni 2019
Da stellt sich Spahn und sein Ministerium taub: Die dringende Bitte der Apotheker, die Preisbindung für EU-Versender im AMG (§ 78 Abs. 1, Satz 4) nicht zu streichen, erhörte er nicht. Mit der aktuellen Kabinettsvorlage fürs Apotheken-Stärkungsgesetz ist die Streichung vorgesehen. Vielmehr soll der Rahmenvertrag die Voraussetzung für die Belieferung durch die gesetzlichen Krankenkassen werden. Mein liebes Tagebuch, wenn man noch die Äußerungen der Rechtsexperten im Ohr hat, die eindringlich vor dieser Streichung warnen, dann kann es einem Angst und Bange werden. Hinzu kommt, dass es fraglich ist, ob der Rahmenvertrag auch gegen EU-Versender durchsetzbar ist und ob die Krankenkassen sich daran halten werden. Mein liebes Tagebuch, vermutlich wird dieses Konstrukt schon sehr bald aufgeweicht werden – wenn man vor Augen hat, wie so mancher EU-Versender über nationale Bestimmungen hinweggegangen ist. Keine Regelung gibt es in der Kabinettsvorlage für Privatversicherte. Das bedeutet, dass es für sie keine Rx-Boni-Verbot geben wird. Das wird noch heiter, daran kann sich mehr entzünden.
Was neu ist für PKV-Versicherte: Der Kabinettsentwurf sieht für sie eine Aut-idem-Regelung vor. Für sie soll die Möglichkeit geschaffen werden, verschriebene Arzneimittel gegen wirkstoffgleiche Arzneimittel zu ersetzen – wenn der Arzt es nicht ausgeschlossen hat und der Patient mit einverstanden ist. Wie das wohl konkret ausgestaltet wird? Mein liebes Tagebuch, da dürfen wir noch gespannt sein. Unser Kommentar auf DAZ.online meint dazu: „Das ist der Einstieg in die Zwei-Klassen-Medizin in der Arzneimittelversorgung“ – aber wirklich. Immerhin gilt dieser Preis-Wildwuchs für 9 Mio. Versicherte. Die EU-Versender werden die Privatversicherten mit besonderen Boni-Angeboten umwerben. Das wird noch richtig heiter!
Ha ha ha, mein liebes Tagebuch, da muss man sich vor Lachen kugeln. Im Kabinettsentwurf zum geplanten „Apotheken-Sterbegesetz“ (O-Ton Kammerpräsident Siemsen) sind die geplante höhere Notdienstpauschale und eine verbesserte BtM-Vergütung gestrichen! Sie standen noch im Referentenentwurf, sie sollten uns Apothekers das Reformgesetz schmackhaft machen. Und jetzt: gestrichen! Aber, ha ha ha, ABDA und das Bundesgesundheitsministerium weisen darauf hin, dass die Maßnahmen weiterhin vorgesehen sind: Na klar, sie sollen nur einen separaten Weg über das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi ) nehmen. Aus formalen Gründen. Ha ha ha, mein liebes Tagebuch, ich schmeiß mich weg vor Lachen. Ja, es ist schon richtig, dass für Änderungen der Arzneimittelpreisverordnung das BMWi zuständig ist und dafür eine entsprechende Verordnung erlassen muss. Aber mal ehrlich, richtig wohl ist es mir bei all diesem Hin und Her nicht. Warum war das dann im Referentenentwurf nicht schon deutlich gemacht worden? Also, demnach müsste das Wirtschaftsministerium mitmischen und für uns Apothekers eine Verordnung erlassen, mit der Notdienstpauschale und BtM-Vergütung erhöht werden. Mein liebes Tagebuch, da können wir uns schon ausmalen, wie das BMWi genüsslich in eine Schublade greift, das Honorargutachten auf den Tisch legt und sagt: Ihr Apothekers habt schon mehr als genug. Nix gibt’s. Und die Spahnschen Versprechungen in seinem Apotheken-Stärkungsgesetz brechen in sich zusammen. Mein liebes Tagebuch, ich würde mich freuen, wenn es anders käme…
Es gibt die Hardliner unter den ABDA-Mitgliedern (siehe Hamburg oder Hessen), die Gleichpreisigkeit oder Rx-Versandverbot fordern, und es gibt die Softies, die auch weiterhin gerne mit Spahn im Gespräch bleiben, z. B. der schleswig-holsteinische Kammerpräsident Kai Christiansen. Er möchte auch die Kritik an der ABDA nicht so gern nach außen tragen, nein, lieber intern streiten und nach außen brav mit einer Stimme sprechen. Mein liebes Tagebuch, fein, aber funktioniert halt nicht immer und ist auch nicht immer gesund. Und auf dieser weichen Welle reitend meint Christiansen auch, es sei „unsere Pflicht, mit Spahn im Gespräch zu bleiben“. Wirklich? Manchmal würden wir wohl ernster genommen, wenn unsere Standesvertretung mehr Biss zeigen würden und nicht so weichgespült um die Ecke käme. Mein liebes Tagebuch, dicke Fragezeichen bleiben zurück, wenn man so manch andere Äußerungen von Christiansen und die in Schleswig-Holstein verabschiedete Resolution liest. So denkt Christiansen beispielsweise darüber nach, ob das Honorar pro Packung noch zeitgemäß ist. Ob es jetzt zielführend ist, im laufenden Gesetzgebungsprozess das Fass des Packungshonorars aufzumachen, ist fraglich.
Die nordische Resolution schwafelt zudem von Allgemeinplätzen wie verlässlichen Rahmenbedingungen und überbordender Bürokratie. Ist ja alles richtig, aber man fragt sich auch hier, was das denn angesichts der Spahnschen Vorhaben bringen soll. Wenn man Spahn zum Nachdenken bringen wollte, müsste man schon deutlicher werden.
23 Kommentare
AK Schleswig-Holstein
von Dirk Krüger am 24.06.2019 um 10:32 Uhr
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Antwort an Karl Fiedrich Müller
von Thesing-Bleck am 23.06.2019 um 19:31 Uhr
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AW: Antwort an Karl Fiedrich Müller
von Karl Friedrich Müller am 23.06.2019 um 19:53 Uhr
AW: Antwort an Karl Fiedrich Müller
von Bernd Jas am 23.06.2019 um 22:33 Uhr
AW: Antwort auf die Antwort ...
von Christian Timme am 23.06.2019 um 22:58 Uhr
AW: Antwort an Karl Fiedrich Müller
von Thesing-Bleck am 23.06.2019 um 23:50 Uhr
AW: Ergänzung zu Antwort auf die Antwort ...
von Christian Timme am 24.06.2019 um 7:42 Uhr
Von Ligen, Wahlen, Apothekensklaven der Politik oder ...
von Christian Timme am 23.06.2019 um 18:33 Uhr
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Kammerwahlen
von Dr.Diefenbach am 23.06.2019 um 15:02 Uhr
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DAZ 25/2019
von Redaktion DAZ.online am 23.06.2019 um 13:49 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
DAZ 25/2019
von Karl Friedrich Müller am 23.06.2019 um 13:42 Uhr
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AW: DAZ 25/2019
von Thomas Beck am 23.06.2019 um 18:18 Uhr
AW: DAZ 25/2019
von Karl Friedrich Müller am 23.06.2019 um 18:31 Uhr
AW: DAZ 25/2019
von Veit Eck am 23.06.2019 um 19:43 Uhr
Ob ich das noch erlebe ... ?
von Hans-Dieter Rosenbaum am 23.06.2019 um 11:02 Uhr
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AW: Ob ich das noch erlebe
von Karl Friedrich Müller am 23.06.2019 um 12:31 Uhr
Schmidt und Konsorten
von Conny am 23.06.2019 um 9:53 Uhr
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"Gut gebrüllt, Frosch!" sprach der Storch
von Bernd Jas am 23.06.2019 um 9:30 Uhr
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AW: Die Frösche und ihr Quarkproblem
von Bernd Jas am 23.06.2019 um 10:23 Uhr
Und immer noch „schweigen“ mehr als 60 Prozent ...
von Gunnar Müller, Detmold am 23.06.2019 um 9:25 Uhr
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AW: Und immer noch „schweigen“ mehr als
von Veit Eck am 23.06.2019 um 11:53 Uhr
Spielen wir in der Bundesliga oder in der Landesliga ?
von Ulrich Ströh am 23.06.2019 um 9:24 Uhr
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AW: Na wo spielen sie denn ...
von Hans-Dieter Rosenbaum am 23.06.2019 um 19:07 Uhr
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