Neue Regeln für die Präqualifizierung

Hilfsmittel: Apotheken blühen kostenpflichtige Überwachungsaudits

Stuttgart - 02.07.2019, 12:45 Uhr

Um weiter Pennadeln abgeben zu dürfen, müssen Apotheken seit neuestem Überwachungsaudits über sich ergehen lassen. ( r / Foto: Alessandro /stock.adobe.com)

Um weiter Pennadeln abgeben zu dürfen, müssen Apotheken seit neuestem Überwachungsaudits über sich ergehen lassen. ( r / Foto: Alessandro /stock.adobe.com)


Vor kurzem hat sich das Verfahren zur Präqualifizierung für die Hilfsmittelversorgung geändert. Präqualifizierungsstellen brauchen nun eine Akkreditierung der Deutschen Akkreditierungsstelle. Deswegen haben einige Stellen ihre Arbeit eingestellt. Auch neu ist, dass Apotheken sich nun auf Überwachungsaudits einstellen müssen – kostenpflichtig versteht sich. Das geht aus einem Schreiben der Agentur für Präqualifizierung hervor.

Hilfsmittel sind wahrlich kein Lieblingsthema der Apotheken. Den oft geringen Margen steht häufig ein großer bürokratischer Aufwand gegenüber: Präqualifizierung, Kostenvoranschläge, Genehmigungen etc.. Vor kurzem mussten viele Apotheken den Präqualifizierungsanbieter wechseln, aufgrund der gestiegenen Anforderungen stellten manche die Arbeit ein – Präqualifizierungsstellen benötigen nämlich als Kompetenznachweis seit neuestem eine Akkreditierung der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS). Beschlossen wurde das mit dem Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG), das unter anderem zum Ziel hatte, die Versorgung mit Hilfsmitteln stärker an Qualitätskriterien auszurichten. Die Akkreditierung solle dazu beitragen, heißt es. Nach erfolgter Akkreditierung müssen alle Kunden, also auch Apotheken, gemäß der Regelungen der DAkkS überwacht werden und dazu gehören offensichtlich Überwachungsaudits. Darüber wurden Apotheken per Brief von der Agentur für Präqualifizierung (AfP) informiert.

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Zweit Audits während der 5-jährigen Laufzeit

Darin heißt es: „Die Zertifizierungsstelle führt, gemäß § 126 Abs. 1a S. 6 SGB V, der Norm DIN EN ISO/IEC 17065:2013 und den ergänzenden Akkreditierungsregeln der DAkkS während des 5-jährigen Präqualifizierungszeitraums zwei Konformitätsbewertungen (Überwachungsaudits) als Grundlage zur Aufrechterhaltung der Präqualifizierung in einem Intervall von ca. 20 und ca. 40 Monaten nach der Zertifizierung durch.“

Außerdem soll es „anlassbezogene Überwachungsaudits“ geben, wenn außerhalb der Prüfintervalle Abweichungen festgestellt werden, zum Beispiel durch Hinweise Dritter. Der Umfang der Prüfung richte sich nach dem Anlass, heißt es. Sind die Auditoren zufrieden, werde den Apotheken „gemäß der Übergangsregelung der DAkkS, erstmalig ein neues Zertifikat gem. DIN EN ISO/IEC 17065:2013 ausgestellt“. Das Gültigkeitsdatum der aktuellen Präqualifizierungsbestätigung ändere sich jedoch nicht. Aber: „Wird die Konformität zur bestehenden Präqualifizierung im Überwachungsaudit nicht hergestellt, wird die Präqualifizierung gemäß § 126 Abs. 1a S. 6 SGB V, eingeschränkt, ausgesetzt oder zurückgezogen.

Begehungen in Apotheken meist nicht erforderlich

Die Apotheke wird jeweils schriftlich über das turnusmäßige oder anlassbezogene Überwachungsaudit informiert. Sie erhält dabei auch die Information über den Umfang des Überwachungsaudits. Der Umfang des Audits richtet sich nach der Risikoklasse. Einige Versorgungsbereiche, zum Beispiel bestimmte Orthesen oder Kontaktlinsen, schreiben eine Betriebsbegehung des Leistungserbringers vor. Bei den Bereichen, die von Apotheken abgedeckt werden, ist das allerdings in der Regel nicht der Fall.

Und bei Mängeln?

Sind die im Rahmen eines Überwachungsaudits angeforderten allgemeinen räumlichen und sachlichen Voraussetzungen und/oder Nachweise unvollständig, muss die Apotheke diese innerhalb von 20 Arbeitstagen nachreichen.
Ist das in diesem Zeitraum nicht möglich (zum Beispiel wegen Urlaubs oder anderer Umstände), so kann formlos eine Fristverlängerung beantragt werden – maximal sechs Wochen sind möglich. In diesem Fall bekommt die Apotheke eine schriftliche Bestätigung der Fristverlängerung.

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Zwei Arten von Zertifikaten 

Weiter weist die Agentur für Präqualifizierung in dem Schreiben darauf hin, dass derzeit zwei Arten von Zertifikaten im Umlauf sind. Und das noch eine ganze Weile, weil die Zertifikate fünf Jahre gültig sind. Es gibt:

  • Zertifikate, die vor dem 30. April 2019 und somit nach den alten Regelungen ausgestellt sind von einer „nicht von der DAkkS akkreditierten Präqualifizierungsstelle“
  • und Zertifikate, die nach dem 30. April 2019 und somit nach den neuen Regelungen ausgestellt sind von einer „von der DAkkS akkreditierten Präqualifizierungsstelle.

Audits sind kostenpflichtig 

Apotheken, die vor dem 30. April 2019 erteilte Zertifikate haben werden demnach von ihrer Präqualifizierungsstelle darauf hingewiesen, dass aufgrund der Akkreditierungsanforderungen ein neues Zertifizierungsprogramm gilt und dass in diesem Rahmen Überwachungen stattfinden werden. Diese Überwachung blühe den Apotheken zum nächstmöglichen Zeitpunkt, aber bis spätestens 30. April 2021, heißt es in dem Schreiben. Weil die nach den alten Regeln präqualifizierten Apotheken „insofern zu einer Risikogruppe gehörten“, habe deren Überwachung Priorität. Nach erfolgreicher Überwachung dürfe dem Leistungserbringer ein Zertifikat mit Akkreditierungslogo ausgestellt werden.

Umsonst ist das ganze natürlich nicht. Laut Entgelttabelle werden je Überwachungsaudit 95 Euro fällig.

AfP: Transparent schaffen

Die AfP erklärte auf Nachfrage von DAZ.online, das vorrangige Ziel sei es Transparenz zu schaffen und die Leistungserbringer freundlich und kompetent über die Anforderungen des Zertifizierungsverfahrens zu informieren.

Die AGB/Zertifizierungsvereinbarung, die Entgelttabelle und weitere Informationen stehen auf unter www.afp-da.de für Sie zur Verfügung.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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8 Kommentare

Präqualifizierung für die Hilfsmittelversorgung

von Josef Lemke am 03.07.2019 um 10:24 Uhr

"Vor kurzem hat sich das Verfahren zur Präqualifizierung für die Hilfsmittelversorgung geändert. "
So etwas verändert sich nicht von selbst! Bitte Ross und Reiter nennen!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Hilfsmittel aus Sanitätshäusern

von MM am 03.07.2019 um 9:04 Uhr

Weshalb überlassen die Apotheken die Hilfsmittelabgabe nicht einfach den Sanitätshäusern und Orthopädietechnikern, die hier zuständig sind? Diese geben ja schließlich auch keine Arzneimittel ab und überlassen das ausschließlich den Apotheken.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Hilfsmittel aus Sanitätshäusern

von Eduard Weber am 03.07.2019 um 19:17 Uhr

GERNE! Aber dafür bin ich gezwungen, z.b. einen Barmer -Versicherten mit der Adresse vom Sanitätshaus bewaffnen, ihm ausführlich den Weg erklären (bis 30 km entfernt), dann von ihm seine enttäuschte "pfuuuuj" genießen, danach klappt's vielleicht.....
Und auch die Sanitätshäuser stönen unter Absurdität heutigen Regelungen.
Wenn es nicht anders geht - dann HiM bar kaufen und bei entsprechender KV erstatten lassen. Ist auch ne Möglichkeit.
Einfachere für alle. Nicht aber für Patienten, die krank und arm sind. Darum kümmert sich aber GKV seit 2004 anscheinend gar nicht mehr....
Sparen, sparen, sparen, auf Kosten der anderen, und nicht auf Gehälter der s.g. "Spitzenvertreter" der GKV.
Übrigens, Gehalt einer Sachbearbeiterin mit "anspruchsvollen" Ausbildung bei GKV im 2 - 3 Berufsjahr ist fast gleich wie Gehsalt einer Approbierten Apothekerin im 7 - 8 Berufsjahr. Mit Studium und Berufserfahrung. So ist das.
Und mit HiM wird so ein Theater gemacht....
Tausende zusätzliche Parasiten eingestellt....- Prüfer und Erlaubniserteiler....

AW: Hilfsmittel aus Sanitätshäusern

von Stefan Haydn am 04.07.2019 um 18:22 Uhr

Gerne, wenn die Patienten dann aber auch ordentlich versorgt werden.
Leider erhalte ich immer wieder Rückmeldungen von Patienten, dass Bandagen oder Kompressionsstrümpfe ohne Abmessen einfach ausgehändigt werden und dann oftmals mit Aufzahlung, ohne dass der Patient je eine aufzahlungsfreie Versorgung angeboten bekommt.

Dies sorgt dann oftmals für Erklärungsbedarf, wenn die Versorgung von der Apotheke übernommen wird und erklärt so manches: "Die Strümpfe sitzen jetzt aber eng!"
Hier wird aber offenbar einfach weggeschaut.

Präqualifizierungswahn.

von Eduard Weber am 02.07.2019 um 23:36 Uhr

Deutschlands Apotheker, vereint euch!
Alle auf einmal sollen Belieferung der GBV Versicherten mit HIM einstellen. Aber konsequent. Krankenkassen lassen die Patientenversorgung mit HiM zu 100% zu übernehmen (egal wie).
Politik auffordern, die entsprechende Gesetze zu erlassen.
Streikbrecher ausfindig machen und berufsgerichtlich bestrafen.
Solange unsere Vorgehen nicht einig sind, werden wir Waschlappen der GBV und dummen Politik bleiben - Meckern und feige nichts tun. Punkt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: zusammenhalten - JETZT !

von J.M.L. am 03.07.2019 um 8:18 Uhr

Nur so geht es, danke Hr. Kollege, wir müssen uns ohne Unterstützung unserer Verbände organisieren, wir sitzen alle im selben Boot und nur gemeinsam sind wir stark.

AW: Pro Patient

von J.M.L. am 03.07.2019 um 8:42 Uhr

Ich favorisiere eine Bündelung unserer Interessen unter einem Schlagwort z.B. "Pro Patient - zum Erhalt des deutschen Gesundheitswesens", digital vernetzt, kurze Informationswege, konzertierte Aktionen ...

Hilfsmittel

von Roland Mückschel am 02.07.2019 um 20:39 Uhr

Belieferung einstellen.
Wir können nicht die Welt retten.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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