Nicht psychoaktives Cannabinoid

Aufsicht in BaWü: Eine PZN macht ein CBD-Öl nicht verkehrsfähig

Stuttgart - 14.08.2019, 11:30 Uhr

CBD erlebt derzeit einen weltweiten Hype (hier ein Plakat in New York), in Deutschland ist allerdings insbesondere bei Lebensmitteln die rechtliche Lage unklar. (c / Foto: imago images / Levine-Roberts)

CBD erlebt derzeit einen weltweiten Hype (hier ein Plakat in New York), in Deutschland ist allerdings insbesondere bei Lebensmitteln die rechtliche Lage unklar. (c / Foto: imago images / Levine-Roberts)


Um CBD, das nicht psychoaktive Cannabinoid, entwickelt sich gerade ein regelrechter Hype. Große Unklarheiten gibt es allerdings beim rechtlichen Status der CBD-haltigen Produkte, insbesondere was die Nahrungsergänzungsmittel betrifft. Kann CBD-Öl nun ein Nahrungsergänzungsmittel sein oder nicht? Mit Sicherheit kann man derzeit nur eins sagen, es ist kompliziert.

Nicht jedes Produkt, das aus der Hanfpflanze (Cannabis sativa L.) gewonnen wird, ist für medizinische Zwecke bestimmt und somit ein Arzneimittel. Viele Erzeugnisse auf Hanfbasis werden als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) und somit als Lebensmittel oder Kosmetika verkauft – in Drogeriemärkten, aber auch in Apotheken. Einen regelrechten Hype erleben derzeit Produkte mit Cannabidiol (CBD). In Nutzhanf ist CBD mengenmäßig das weit überwiegende Cannabinoid. Produkte mit dem rauschfreien Inhaltsstoff sind derzeit schwer im Kommen. Was erlaubt ist und was nicht, ist derzeit nicht so richtig klar. Einzige Ausnahme bildet CBD als Arzneimittel, da ist die Rechtslage eindeutig. CBD-haltige Arzneimittel unterliegen seit Oktober 2016 der Verschreibungspflicht – und zwar ohne jede Eingrenzung von Dosis oder Verabreichungsweg. Es wird unter anderem bei seltenen und schweren Epilepsieformen eingesetzt. Jüngst hat der Humanarzneimittelausschuss der EMA (CHMP) Cannabidiol in Epidiolex zur Zulassung empfohlen (bei Lennox-Gastuat- und Dravet-Syndrom), in den USA gibt es Epidyolex bereits seit 2018.
Außerdem soll CBD gegen Angstzustände, Zyklusstörungen, Allergien und Muskelverspannungen wirken und dabei hervorragend verträglich sein.

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Was sagt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit?

CBD-haltige Nahrungsergänzungsmittel oder Kosmetika können hingegen ohne Rezept verkauft werden – sofern sie die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen erfüllen, zum Beispiel muss der Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC) unter 0,2 Prozent liegen, und die Zweckbestimmung darf es es nicht zu einem Arzneimittel machen. Zudem dürfen NEM mit CBD keinen „Health Claim" haben, also eine von der EU-Kommission genehmigte, gesundheitsbezogene Werbeaussage für ein funktionales Lebensmittel. Denn einen zugelassenen Health Claim gibt es für die CBD-haltigen Nahrungsergänzungen nicht. Eine Klarstellung auf europäischer Ebene steht noch aus.

Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit verweist auf seiner Webseite darauf, dass die Einstufung von Erzeugnissen und die Bewertung der Verkehrsfähigkeit Aufgabe der für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Landesbehörden ist. Die Auffassung des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hierzu könne daher nur vorbehaltlich einer abweichenden Ansicht der jeweils zuständigen Überwachungsbehörden in den Bundesländern gelten. Und wie ist diese Ansicht? Dazu heißt es: Dem BVL ist derzeit keine Fallgestaltung bekannt, wonach CBD in Lebensmitteln, also auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre. Aus Sicht des BVL muss für CBD-haltige Erzeugnisse vor dem Inverkehrbringen entweder ein Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels oder ein Antrag auf Zulassung eines neuartigen Lebensmittels gestellt werden. Im Rahmen dieser Verfahren ist die Sicherheit des Erzeugnisses vom Antragsteller zu belegen.

BaWü teilt Meinung des BVL, Harburg prüft

Zumindest in Baden-Württemberg teilt man diese Auffassung. So informierte kürzlich das Ministerium für Soziales und Integration, wo auch Gesundheitsschutz und Arzneimittel angesiedelt sind, über die Kammer die Apotheken im Land, dass die Aussagen des BVL bezüglich vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz als oberster Lebensmittelüberwachungsbehörde Baden-Württembergs vollumfänglich geteilt würden. Weiter heißt es: „Für die Einzelsubstanz Cannabidiol (CBD) wurde bisher kein nennenswerter Verzehr vor dem 15. Mai 1997 belegt. Sie wird daher im Novel Food-Katalog der Europäischen Kommission unter dem Eintrag ‚Cannabinoids‘ als neuartig beurteilt und bedarf somit einer Zulassung nach der Novel Food-Verordnung. Da eine Zulassung von CBD als neuartiges Lebensmittel bisher nicht erfolgt ist, sind derartige Erzeugnisse nach Aussage des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz bislang nicht verkehrsfähig, auch wenn die beworbenen CBD-Produkte eine PZN-Nummer erhalten haben.“ Anlass für das Schreiben war die Bewerbung eines CBD-haltigen Produktes als Nahrungsergänzungsmittel, bei denen Apotheken als Bezugsquelle benannt wurden.

CBD-Loges: Eine rechtlich komplizierte Frage

Weniger festgelegt ist man im Landkreis Harburg im Norden Niedersachsens. Dort ist man nämlich für die Aufsicht der von Dr. Loges in Verkehr gebrachten Nahrungsergänzungsmittel zuständig und Dr. Loges vertreibt auch ein CBD-Öl als Nahrungsergänzungsmittel – CBD-Loges®. Dessen Verkehrsfähigkeit wird laut einem Sprecher des Landkreises derzeit geprüft. Es liege eine Stellungnahme und ein Gutachten des Unternehmens vor. Das Gutachten soll laut Dr. Loges von einem vereidigten Sachverständigen erstellt sein und die Verkehrsfähigkeit von CBD Loges® (und zwar nur für dieses Produkt) bescheinigen. Wie ein Firmensprecher gegenüber DAZ.online erklärt aus folgenden Gründen: Es seien 5,35 Prozent CBD enthalten, und zwar als natürliches Spektrum aus der Pflanze. Weiter betont die Firma, dass es sich nicht um ein Novel Food handelt. Mit einem THC-Gehalt von unter 0,2 Prozent sei es aber auch kein Betäubungsmittel (BtM), sondern Nahrungsergänzungsmittel, heißt es.

Das wird offenbar derzeit überprüft. Wie die Behörde mitteilt, wurde eine Probe des Produkts zur Untersuchung gezogen. Es handele sich hier jedoch um eine rechtlich komplizierte Frage, heißt es. Darum habe man sich mit dem Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) abgestimmt, um über die Frage der rechtlichen Anforderungen an den Vertrieb des CBD-Öls abschließend entscheiden zu können. Die Entscheidung werde in Kürze erfolgen, anschließend habe das Unternehmen wiederum die Möglichkeit Stellung zu nehmen. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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2 Kommentare

Es ist wie immer: Rechtlich kompliziert!

von Thomas Ruprecht am 11.09.2019 um 9:27 Uhr

Während es bei uns rechtlich kompliziert ist und
Monate bis Jahre der Konsultationen der Landes-, Bundes- und EU-Behörden bedarf, hat der Chinese und der Inder das Produkt erfolgreich kopiert, auf dem eigenen Markt erfolgreich validiert und ist pünktlich zum Verkaufsstart in Deutschland mit einem, um die Hälfte billigeren Produkt am Start.... Wir Europäer verkommen wegen unserer Lahmar***igkeit zum Konsumesel der Welt!

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Es ist wie immer: Rechtlich kompliziert!

von Thomas Ruprecht am 11.09.2019 um 9:27 Uhr

Während es bei uns rechtlich kompliziert ist und
Monate bis Jahre der Konsultationen der Landes-, Bundes- und EU-Behörden bedarf, hat der Chinese und der Inder das Produkt erfolgreich kopiert, auf dem eigenen Markt erfolgreich validiert und ist pünktlich zum Verkaufsstart in Deutschland mit einem, um die Hälfte billigeren Produkt am Start.... Wir Europäer verkommen wegen unserer Lahmar***igkeit zum Konsumesel der Welt!

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