Urteilsgründe zu Werbegaben

BGH: Brötchen-Gutschein nein, Traubenzucker ja?

Berlin - 15.08.2019, 17:05 Uhr

Der Bundesgerichtshof hat seine Urteilsgründe zu Apotheken-Werbegaben vorgelegt. ( r / Foto: hfd)

Der Bundesgerichtshof hat seine Urteilsgründe zu Apotheken-Werbegaben vorgelegt. ( r / Foto: hfd)


Noch keine ernsthafte Existenzbedrohung für deutsche Apotheken

Und hat das EuGH-Urteil nun gar keine Auswirkung? Die Anwälte der angegriffenen Apotheken meinten: Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit sei jedenfalls dann unverhältnismäßig, wenn ausländische Marktteilnehmer uneingeschränkt Vorteile gewähren dürfen, inländische dagegen nicht einmal geringwertige Kleinigkeiten wie in den vorliegenden Fällen. Der BGH weist auch dieses Vorbringen zurück. Allerdings räumt er ein, dass eine ursprünglich verfassungsgemäße Norm durch die Änderung der Verhältnisse verfassungswidrig werden könne. Das setze aber voraus, dass Versandhändler Rx-Arzneimittel auf dem inländischen Markt ohne Rücksicht auf die Preisbindung tatsächlich in einem Umfang veräußerten, dass eine ernsthafte Existenzbedrohung inländischer Präsenzapotheken eintreten würde und das finanzielle Gleichgewicht des GKV-Systems nicht mehr gewährleistet wäre. Dass eine solche Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse bereits eingetreten sei, hatte aber niemand in dem Verfahren behauptet.

Spürbarkeit der Beeinträchtigung ist irrelevant

Vor allem aber hat der BGH klargestellt: Eine „Spürbarkeit“ ist nicht notwendig, um den Verstoß gegen die Preisbindung wettbewerbswidrig zu machen. Ausgangspunkt der Urteilsbegründung ist dabei die Feststellung des Gerichts, dass das Zuwendungsverbot in § 7 Abs. 1 HWG der abstrakten Gefahr begegnen soll, Verbraucher bei der Entscheidung, ob und welche Heilmittel sie in Anspruch nehmen, durch die Aussicht auf Werbegaben unsachlich zu beeinflussen. Zudem sind bei der Abgabe von Rx-Arzneimitteln in der Apotheke die zwingenden Vorschriften des Arzneimittelpreisrechts zu beachten. Die eindeutige gesetzliche Regelung, nach der jede Gewährung einer Zuwendung, die gegen die Preisvorschriften verstößt unzulässig ist, dürfe nicht dadurch unterlaufen werden, dass für einen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG weiterhin eine „Spürbarkeitsschwelle“ angenommen werde, um einen heilmittelwerberechtlichen Wettbewerbsverstoß annehmen zu können. Seit der Novelle des Heilmittelwerbegesetzes im Jahre 2013 geht der Gesetzgeber nämlich davon aus, dass jedwede gesetzliche Abweichung vom Apothekenabgabepreis für Rx-Arzneimittel geeignet ist, einen unerwünschten Preiswettbewerb auszulösen. Er lässt damit der zuvor von einigen Zivilgerichten angenommenen „Spürbarkeitsschwelle“ gerade keinen  Raum mehr.

Dies bedeutet, dass es heilmittelwerberechtlich unzulässig ist, Kunden im Zusammenhang mit der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln Ein Euro-Gutscheine oder Gutscheine für „Wasserwecken oder Ofenkrusti“ zur Verfügung zu stellen. 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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3 Kommentare

Nicht nachvollziehbar

von Jochen Paulus am 25.08.2019 um 11:03 Uhr

Es gab während meiner Studienzeit in Marburg Anfang der 90 er Jahre einen Apotheker, der seine Kunden regelmäßig aktiv über Werbetafeln vor seiner Apotheke auf den „Scheiß des Monats“ hinwies, z.B. auf Extrakt aus Haifischflossen. Auch ihm wurden durch die Industrie schnell die Grenzen aufgezeigt und er musste seine Kundeninformationen schnell beenden. Schadeb

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nicht nachvollziehbar

von Karl Friedrich Müller am 16.08.2019 um 7:51 Uhr

das ist schreiendes Unrecht im Namen des Volkes.
Unlogisches Geschwätz, um den Versand zu unterstützen und zum Monopolisten zu machen.
Vernichtung deutscher Betriebe, Arbeitsplätze zugunsten ausländischer Konzerne, die KEINE APOTHEKEN sind.
Der Richter gehört angezeigt.

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AW: nicht nachvollziehbar

von Karl Friedrich Müller am 16.08.2019 um 9:29 Uhr

aber da passiert ja nix. Unsere Staatsanwälte sind weisungsgebunden (von Politik). Hat die EU auch schon beanstandet. Da passiert aber nix. Ist zum Vorteil der Politik.
Offensichtlich haben Richter nicht verstanden, dass sie nicht der Büttel für ausländische Konzerne sind.
Es ist unglaublich, was in diesem Staat alles geht.

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