Geschworenenjury in Philadelphia

Gynäkomastie durch Risperdal: Milliardenurteil gegen Johnson & Johnson

Stuttgart - 09.10.2019, 17:34 Uhr

Dem Pharmakonzern Johnson & Johnson wird vorgeworfen, verschwiegen zu haben, dass beim Antipsychotikum Risperdal (Risperidon) Gynäkomastie als Nebenwirkung auftreten kann.(m/Foto; imago images / ZUMA Press)

Dem Pharmakonzern Johnson & Johnson wird vorgeworfen, verschwiegen zu haben, dass beim Antipsychotikum Risperdal (Risperidon) Gynäkomastie als Nebenwirkung auftreten kann.(m/Foto; imago images / ZUMA Press)


Es läuft gerade nicht gut für Johnson & Johnson (J&J). Zuletzt Vergleichszahlungen und Strafen im Zusammenhang mit der Opioid-Krise und nun noch eine milliardenschwere Strafzahlung dazu. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, verschwiegen zu haben, dass beim Antipsychotikum Risperdal (Risperidon) Gynäkomastie als Nebenwirkung auftreten kann.

Eine Geschworenenjury sprach einem Kläger am Dienstag in Philadelphia Schadenersatz von 8 Milliarden Dollar (7,3 Mrd. Euro) zu, wie US-Medien übereinstimmend berichteten. Verklagt hatte jener den Pharmakonzern Johnson & Johnson (J&J). Der Vorwurf: Die Firma hatte Ärzte nicht umfassend über die Nebenwirkungen von Risperdal, einem atypischen Neuroleptikum mit dem Wirkstoff Risperidon, informiert. Der Kläger, der heute 26 Jahre alt ist, hatte das Arzneimittel im Alter von neun Jahren off-Label verschrieben bekommen. Es sollte gegen seine Schlafstörungen helfen, an denen er im Zusammenhang mit Autismus litt.

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Johnson & Johnson will das Urteil anfechten

Johnson & Johnson bezeichnete das Urteil als „in grober Weise unangemessen“ und kündigte an, es anzufechten. Die Jury habe sich keine Beweise dafür angehört, wie die Packungsbeilage für Risperdal, die mit dem Medikament verbundenen Risiken klar und angemessen beschreibt oder welchen Nutzen Risperdal für Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen bietet. Zudem hätten die Anwälte des Klägers nicht bewiesen, dass die Probleme wirklich auf das Medikament zurückzuführen sind. Einem Bericht der Washington Post zufolge, stritten sich die Anwälte inwiefern die Firma über das Risiko Bescheid wusste und Ärzte und Patienten angemessen informiert hatte. Die Anwälte des Klägers wiesen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass 2002 das Risiko für Gynäkomastie laut Label mit „selten“, also 1 von 1.000 Patienten, beziffert wurde. 2006 ging man dann von einem höheren Risiko aus. So soll Risperidon den Prolactin-Spiegel, woraus die Gynäkomastie resultiert, stärker erhöhen als andere Antipsychotika. Einer Studie zufolge tritt diese Nebenwirkung bei 2,3 Prozent der Patienten auf, erklärten die Anwälte.

Das Unternehmen zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass die Entscheidung der Jury letztlich keinen Bestand haben werde. Tatsächlich ist es in den USA durchaus üblich, dass solch hohe Schadenersatzurteile in höheren Instanzen revidiert oder stark reduziert werden. US-Medien zufolge geht es auch darum, einen Warnschuss abzugeben. Bis es zu rechtswirksamen Entscheidungen kommt, bei denen Unternehmen den Klägern wirklich Geld zahlen müssen, vergehen oftmals Jahre.



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