PRAC bleibt dabei

Hochdosierte estradiolhaltige Cremes: einmalig für maximal vier Wochen

Stuttgart - 21.01.2020, 09:00 Uhr

Der PRAC bleibt dabei: Hochdosierte estradiolhaltige Cremes bei vaginaler Atrophie in den Wechseljahren dürfen maximal für vier Wochen und nur einmalig angewendet werden. (s / Foto: Giedrius / stock.adobe.com)

Der PRAC bleibt dabei: Hochdosierte estradiolhaltige Cremes bei vaginaler Atrophie in den Wechseljahren dürfen maximal für vier Wochen und nur einmalig angewendet werden. (s / Foto: Giedrius / stock.adobe.com)


Frauen, die hochdosierte estradiolhaltige Cremes bei vaginaler Atrophie in den Wechseljahren anwenden, zeigen höhere Estradiolspiegel im Blut als Frauen, die keine Estrogencremes nutzen. Grund zur Sorge, fand der PRAC der EMA bereits im Oktober 2019 und begrenzte die Anwendungsdauer von 0,01 Prozent Estradiol einmalig auf vier Wochen – eine neue Überprüfung bestätigt diese Entscheidung nun.

Bereits im Oktober 2019 empfahl der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA), dass hochdosierte Estradiolcremes einmalig maximal vier Wochen angewendet werden sollen. Unter „hochdosiert“ versteht der PRAC Cremes, die 100 Mikrogramm/Gramm, also 0,01 Prozent Estradiol enthalten. Die lokale Estrogentherapie nutzen Frauen mit vaginaler Atrophie in den Wechseljahren. Das PRAC-Verfahren war zuvor im April 2019 eingeleitet worden, um das Risiko einer systemischen Absorption von Estradiol zu bewerten. Die Ratio dahinter war, dass die intravaginale Therapie zu ähnlichen Nebenwirkungen wie die klassische orale oder transdermale Hormonersatztherapie führen kann.

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Allerdings gefiel die radikale Anwendungsbegrenzung des PRAC im letzten Jahr nicht jedem. Laut BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) beantragte eines der Unternehmen, „die hochdosierte estradiolhaltige Cremes vermarkten“, eine erneute Überprüfung. Diesem Antrag kam der PRAC nach und veröffentlichte nun sein neues Ergebnis – das identisch zu seiner Einschätzung im Oktober ist.

Es bleibt bei einmalig maximal vier Wochen

Nach erneuter Überprüfung bestätigt der PRAC nun seine frühere Empfehlung. Es bleibt folglich dabei, dass die Anwendung von hochdosierten Cremes mit auf einen einmaligen Behandlungszeitraum von bis zu vier Wochen beschränkt bleibt.

Verfügbare Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit hochdosierter estradiolhaltiger Cremes zur Behandlung von Symptomen der vaginalen Atrophie bei Frauen in den Wechseljahren haben laut PRAC gezeigt, dass bei postmenopausalen Frauen die Estradiolspiegel im Blut nach Anwendung der Cremes höher waren als die normalerweise zu erwartenden Werte in der Postmenopause.

Maximal 25 g-Tuben

Der PRAC, fürchtet, dass diese Estradiolspiegel ähnliche Nebenwirkungen auslösen können wie eine Hormonersatztherapie (HRT): venöse Thromboembolien, Schlaganfall, Endometriumkarzinom und Brustkrebs. Darüber hinaus gebe es nur begrenzte Sicherheitsdaten zur Langzeitanwendung von hochdosierten estradiolhaltigen Cremes, was nach Ansicht des PRAC die einmalige Behandlungsdauer von maximal vier Wochen rechtfertigt.

Packungen erhalten Warnhinweis

Die Produktinformationstexte für diese Cremes werden mit den neuen Empfehlungen aktualisiert. Auf der Außen- und Innenverpackung wird ein Warnhinweis angebracht, dass das Arzneimittel nur für einen einzigen Behandlungszeitraum von bis zu vier Wochen verwendet werden soll; die Größe der Tube wird auf 25 Gramm begrenzt, um eine längere Anwendung als empfohlen zu verhindern.

Informationen für Patientinnen

  • Hochdosierte estradiolhaltige Cremes (100 Mikrogramm/Gramm), die in der Scheide angewendet werden, sollten nur für einen einzigen Behandlungszeitraum von maximal vier Wochen verwendet werden. Dies ist darin begründet, dass das Hormon Estradiol in diesen Cremes in die Blutbahn aufgenommen werden kann und damit das Risiko für Nebenwirkungen wie Blutgerinnsel, Schlaganfälle und bestimmte Krebsarten erhöhen kann, wenn diese Cremes über einen längeren Zeitraum angewendet werden.
  • Verwenden Sie keine hochdosierte estradiolhaltige Creme, wenn Sie bereits ein anderes Arzneimittel zur Hormonersatztherapie anwenden.
  • Wenn Sie Fragen zu Ihrer Behandlung haben, sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Apotheker.

Informationen für Angehörige der Heilberufe

  • Hochdosierte estradiolhaltige Cremes sollten wegen der Risiken, die mit einer systemischen Wirkung von Estradiol assoziiert sind, nicht länger als für einen einzigen Behandlungszeitraum von vier Wochen verschrieben werden.
  • Pharmakokinetische Daten über hochdosierte estradiolhaltige Cremes (100 Mikrogramm/Gramm) für den intravaginalen Gebrauch weisen auf eine erhebliche systemische Estradiolresorption hin, deren Werte über dem normalen postmenopausalen Bereich liegen (bis zu fünfmal über der Obergrenze des Referenzwertes für postmenopausale Estradiol-Serumwerte von 10-20 pg/ml).
  • Die systemische Exposition des Estradiols könnte mit Nebenwirkungen verbunden sein, die denen von oralen und transdermalen HRT-Arzneimitteln ähnlich sind, wie z.B. endometriale Hyperplasie/Karzinom, Brust- und Eierstockkrebs und thromboembolische Ereignisse.
  • Hochdosierte estradiolhaltige Cremes sollten nicht mit anderen HRT-Medikamenten verschrieben werden.

2014 prüfte der PRAC bereits

Die EMA prüfte Estradiolcremes 2019 nicht zum ersten Mal. Bereits 2014 hatte die Agentur eine Überprüfung des Risikos zur systemischen Aufnahme hochdosierter estradiolhaltigen Cremes abgeschlossen und Maßnahmen zu deren Minimierung empfohlen – einschließlich einer Anwendungsbegrenzung der Cremes für bis zu vier Wochen. Allerdings hatte im März 2019 der Europäische Gerichtshof die Schlussfolgerungen der Überprüfung aus verfahrensrechtlichen Gründen teilweise für nichtig erklärt. Und obwohl die wissenschaftlichen Schlussfolgerungen nicht in Frage gestellt wurden, führte dies dazu, dass einige der zur Risikominimierung getroffenen Maßnahmen außer Kraft gesetzt wurden.

Wie geht es nun weiter?

Da diese betroffenen Arzneimittel alle auf nationaler Ebene zugelassen sind, werden die PRAC-Empfehlungen nun an die Koordinierungsgruppe für gegenseitige Anerkennung und dezentrale Verfahren (CMDh) weitergeleitet, um eine Entscheidung über ihre Umsetzung zu treffen. Die CMDh ist dafür verantwortlich, harmonisierte Sicherheitsstandards für Arzneimittel zu gewährleisten, die nach nationalen Verfahren in der EU, Island, Liechtenstein und Norwegen zugelassen sind.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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