Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz

ABDA: Apotheken müssen für Engpass-Mehraufwand vergütet werden

Berlin - 14.02.2020, 09:00 Uhr

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt merkt zum beschlossenen GKV-FKG an, dass die Apotheken für ihre Mühen bei den Lieferengpässen vergütet werden sollten. ( r / Foto: Schelbert)

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt merkt zum beschlossenen GKV-FKG an, dass die Apotheken für ihre Mühen bei den Lieferengpässen vergütet werden sollten. ( r / Foto: Schelbert)


Die am gestrigen Donnerstag im Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz (FKG) beschlossenen Maßnahmen gegen die Arzneimittel-Lieferengpässe sind aus Sicht der ABDA ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung – doch sie gehen nicht weit genug. Noch ungehaltener war die Reaktionen aus den Industrieverbänden BAH und BPI: Der Aufwand für die Hersteller werde erhöht, ohne die Kernprobleme anzugehen.

Der Deutsche Bundestag hat das Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz (FKG) beschlossen – und das nicht nur mit den Stimmen der Großen Koalition, sondern auch mit denen der FDP- und der Grünen-Bundestagsfraktion. Der CDU-Abgeordnete Michael Hennrich betonte bei der 2./3. Lesung am gestrigen Donnerstag, dass es sich um einen ersten Schritt handele, dem weitere folgen müssten. Wichtig sei jedoch das Signal, dass man „sich kümmert“. Erreichen soll dieses vor allem die Patienten und Apotheken: Künftig soll ein schneller, unbürokratischer Austausch möglich sein, wenn ein Rabattarzneimittel nicht verfügbar ist – und das, ohne die Patientinnen und Patienten finanziell zu belasten.

Mehr zum Thema

Die ABDA begrüßt diese Neuregelung: „Dass Patienten künftig keine Mehrkosten mehr bei Nichtlieferbarkeit mehr fürchten müssen und Präparate leichter ausgetauscht werden können, ist fair und vernünftig“, erklärte ABDA-Präsident Schmidt im Anschluss an den Bundestagsbeschluss. „Das erleichtert auch die Versorgung in den Apotheken, denn statt über Geld kann wieder mehr über die Therapie gesprochen werden.“ Auch die strengeren Meldepflichten für Hersteller und Großhändler bei Lieferengpässen seien richtig. Ebenso, dass der „Jour Fixe“ beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in einen Beirat umgewandelt wird und mehr Kompetenzen erhält. „Die Apotheker werden sich dort aktiv einbringen“, verspricht Schmidt.

Das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz muss kommen!

Dennoch bleibt Schmidt skeptisch: „Der hohe zeitliche und organisatorische Mehraufwand durch Lieferengpässe in den Apotheken wird weiterhin nicht honoriert. Da wird aber hart gearbeitet, und das muss auch vergütet werden.“ Der ABDA Präsident sieht hier genauso dringenden Handlungsbedarf wie beim seit Monaten feststeckenden Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz: „Wir haben immer noch keine Klarheit in Sachen einheitlicher Abgabepreise für verschreibungspflichtige Arzneimittel“. Das Gesetz müsse dringend in den Bundestag eingebracht und verabschiedet werden. Zugleich müsse es für das kommende E-Rezept einen verbindlichen Rahmen mit einem echten Makelverbot geben –„damit sich nicht Dritte zwischen Arzt, Patient und Apotheke schieben, um aus der Manipulation von Patienten und dem Handel mit E-Rezepten Kapital zu schlagen“.

BAH und BPI vermissen Regelung zu Mehrfachvergabe von Rabattverträgen

Bei den Pharmaverbänden stoßen die frisch beschlossenen Maßnahmen gegen Arzneimittel-Lieferengpässe auf keine große Begeisterung. So erhöhen sie aus Sicht des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH) den Aufwand der Hersteller, etwa im Hinblick auf die erweiterten Meldepflichten, ohne jedoch die eigentlichen Ursachen anzugehen. Mit Blick auf die neuen Meldeverpflichtungen der Hersteller erklärte Hauptgeschäftsführer Dr. Hubertus Cranz: „Mehr Transparenz bedeutet nicht automatisch mehr Liefersicherheit. Es ist daher zweifelhaft, ob die angeordneten Maßnahmen dieses Ziel erreichen“. Wichtig sei vielmehr, dass die Versorgung auf mehrere Schultern verteilt werde – etwa durch eine verbindliche Mehrfachvergabe von Rabattverträgen. Nötig seien zudem Anreize in Richtung europäische oder deutsche Produktionsstätten, um so die Liefersicherheit zu erhöhen. „Daher begrüßen wir es, dass sich die Bundesregierung im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft weiter mit der Thematik befassen und gemeinsam mit unseren europäischen Partnern Lösungen erarbeiten will“, so Cranz.

Beim Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) – der sich künftig mit dem BAH in einem Verband vereinen will – sieht man die Sache genauso: „Solange der Gesetzgeber nicht die verminderte Anbietervielfalt durch Rabattverträge als eine Ursache für die Lieferengpass-Problematik angeht, wird sich die Versorgungssituation nicht wesentlich verbessern“, sagte BPI-Hauptgeschäftsführer Dr. Kai Joachimsen. Auch ihm fehlt eine gesetzliche Regelung zur Mehrfachvergabe bei Rabattverträgen. Joachimsen ist überzeugt: Rabattverträge sind mitverantwortlich für Lieferengpässe von Arzneimitteln. Die politischen Rahmenbedingungen sorgten dafür, dass immer weniger Anbieter auf noch weniger Wirkstoffhersteller zurückgreifen müssen, „weil die großen Kassen durch ihre Marktmacht den Preis beeinflussen“.

Lichtblick: Automatischer Zusatznutzen für Reserveantibiotika

Doch der BPI findet auch Gutes im FKG. So sieht etwa ein weiterer Änderungsantrag vor, dass unter bestimmten Bedingungen für Reserveantibiotika automatisch ein Zusatznutzen gelten soll. Die Wirkstoffe sollen im Bewertungsverfahren gesondert behandelt werden. „Dieser Anreiz im Bereich Antibiotika ist ein erster, wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, so Joachimsen. Besonderheiten in der Nutzenbewertung müssten allerdings auch für andere versorgungsrelevante Arzneimittelgruppen gelten, insbesondere für Arzneimittel mit einer Genehmigung für die pädiatrische Verwendung.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


2 Kommentare

Aufwandvergütung

von Roland Mückschel am 14.02.2020 um 10:30 Uhr

Guter Mann.
Daran habe ich auch schon gedacht.
Jetzt ist es präzise formuliert worden.
Buuuh...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Einfache Lösung

von Rainer W. am 14.02.2020 um 10:00 Uhr

Für jede Sonderpzn, die aufgedruckt wird entfällt für das zugehörige Medikament das sowieso viel zu hohe Kassenskonto in Höhe von 1,77 €.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.