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Das Rx-Versandverbot lebt! Es atmet in vielen Kammerversammlungen, auch in Hessen und Bayern. Und macht Druck auf die Politik: Wir haben noch immer kein Apothekenstärkungsgesetz, keine Gleichpreisigkeit bei Rx-Arzneimitteln, da muss endlich etwas passieren. Bei den Lieferengpässen regt sich schon was: Das Thema wird bald auf EU-Ebene behandelt dank deutscher EU-Ratspräsidentschaft. Was noch schlummert: unsere Honorarforderung für den kommenden E-Medikationsplan – da muss sich jetzt was tun. Und fast schon im Fluss: die versprochene Anschubpauschale für unseren Botendienst. Aber wie immer: nichts läuft von alleine.
22. Juni 2020
Das dauert und dauert. Wo bleiben eigentlich die 250 Euro, die uns Ende April der Bundesgesundheitsminister als Anschubpauschale für unsere Botendienste zugesagt hat? Ja, mein liebes Tagebuch, mit der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung können wir nicht nur 5 Euro pro Lieferort und Tag bei Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen abrechnen, wenn wir unsere Patienten per Botendienst versorgen. Das Gesetz sieht auch vor, dass wir einmalig 250 Euro bekommen für die notwendigen Schutzausrüstungen und Desinfektionsmittel. Bald soll das Warten ein Ende haben: Der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband sollen mittlerweile auf der Arbeitsebene eine Vereinbarung getroffen haben. Diese Vereinbarung muss jetzt nur noch durch die Gremien der Verbände und dann kann das Geld, wie auch immer, fließen. Mein liebes Tagebuch, immer wieder erstaunlich, wie unendlich zäh es ist, wenn wir Honorare bekommen sollen.
In Zentrum eines Deutschen Apothekertags stehen die Anträge, eingebracht von den Mitgliedsorganisationen der ABDA, vom Geschäftsführenden ABDA-Vorstand, der Mitgliederversammlung oder von den Delegierten. Die Anträge als Arbeitsauftrag an die Dachorganisation. Mit den Anträgen sollen Entwicklungen angestoßen werden, eine Strategie entworfen werden, wie wir Apothekers uns in Zukunft aufstellen wollen. Kurzum, es werden die politischen Weichen für die Zukunft gestellt, wie es so schön heißt, also für die gesetzlichen Rahmenbedingungen und für das Berufsbild des Apothekers. Diese Anträge, die mit viel Akribie gestellt und ausformuliert werden, werden dann in den ABDA-Gremien bearbeitet. Ja, und dann? Dann erfährt die große Öffentlichkeit im Allgemeinen nicht mehr allzu viel, was daraus geworden ist. Doch es gibt einen Bericht über das Schicksal der Anträge, den die ABDA im Juni vorlegt. So auch in diesem Jahr. Unser Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn hat sich den Bericht angesehen. Sein Fazit: Der Rückblick auf diese Anträge macht deutlich, dass noch viel zu tun bleibt, z. B. auch beim aktuellen Thema Digitalisierung. Mein liebes Tagebuch, die Anträge sind also noch lange nicht abgearbeitet, die Themen sind komplex, betreffen z. T. auch laufende Gesetzgebungsverfahren oder Projekte wie das E-Rezept, die derzeit noch in der Entwicklung sind. Da könnte man vermuten, dass es unserer ABDA gerade recht ist, wenn in diesem Jahr der Deutsche Apotheker coronabedingt ausfällt und keine neuen Anträge hinzukommen. Aber nein, keine Sorge, auch wenn es keine neuen Anträge gibt: Die brennenden Themen finden alleine ihren Weg ins Apothekerhaus. Und da stellt sich erneut die Frage: Ist es wirklich richtig, in diesem Jahr den Apothekertag ersatzlos ausfallen zu lassen? Es stehen so viele heiße Themen an wie Digitalisierung, E-Rezept, E-Medikationsplan, pharmazeutische Dienstleitungen, Honorierung und vielem mehr! Also, ehrlich gesagt, mein liebes Tagebuch, wenn ich ABDA wäre, hätte ich ein verdammt schlechtes Gewissen. Denn angesichts guter digitaler Möglichkeiten für Arbeitskongresse ließe sich durchaus ein DAT (Digitaler Apothekertag) auf die Beine stellen. Witzig: Auf der Avoxa-Seite der ABDA steht noch immer: Deutscher Apothekertag, nächster Termin: 07. - 09.10 2020, Veranstaltungsort Messe München…
23. Juni 2020
Das ist zum Beispiel so ein Digital-Thema, über das wir dringend sprechen müssen: der E-Medikationsplan. Längst überfällig und außerordentlich nützlich für Patienten, Ärzte und Apotheker. Den Medikationsplan auf Papier gibt es zwar, aber er setzt sich nicht wirklich durch – kein Wunder, so ein Medikationsplan kann nur digital wirklich gut funktionieren. Unsere Oberdigitalorganisation, die Gematik, hat sich in einem vor kurzem veröffentlichten Leitfaden auch dazu geäußert, wie der E-Medikationsplan zu verstehen ist und wer da mitmachen darf. Die gute Nachricht: Das pharmazeutische Personal soll den E-Medikationsplan nicht nur aktualisieren, sondern auf Wunsch des Patienten auch erstellen dürfen. Und die schlechte Nachricht: Kein Wort dazu, ob und wie diese pharmazeutische Arbeit honoriert wird. Nun, mein liebes Tagebuch, es ist schon richtig, dass so ein Gematik-Leitfaden nicht der Ort ist, an dem Teile unseres Honorars festgelegt werden. Aber dann muss es deutlich an anderen Stellen stehen, dass die Apotheke für Erstellung und/oder Pflege des E-Medikationsplans honoriert wird. Die Ärzte bekommen ja schließlich schon heute ein Honorar für den Papier-Medikationsplan. Und da sollten im Berliner Apothekerhaus die Alarmglocken klingeln: Es ist höchste Zeit, dass wir unsere Honoraransprüche für den E-Medikationsplan formulieren und anmelden! Derzeit ist im Entwurf des Patientendaten-Schutzgesetzes (PDSG) nur ein Honorar für die Eintragung in die elektronische Patientenakte für uns vorgesehen. Wir warten auf die Ergänzung!
24.Juni 2020
Kammerversammlung in Hessen, live und in Farbe. Ok, so manche Delegierten trauten sich wohl nicht wirklich, in Corona-Zeiten an der Präsenzveranstaltung teilzunehmen, aber die 18 Delegierten, die sich doch einfanden, sorgten für Beschlussfähigkeit. Und sie schickten deutliche Signale nach Berlin ins Apothekerhaus. Kritik übte Kammerpräsidentin Ursula Funke am geplanten ABDA-Haushalt, der 2020 erneut steigen soll, gespeist aus Beitragserhöhungen der Mitglieder und der wirtschaftenden ABDA-Töchter. Ja, die Kostenargumentation der ABDA höre sich zwar schlüssig an, so Funke, aber sie sehe keine Bereitschaft, auch mal über Kosteneinsparungen nachzudenken. Eine Strukturanalyse der ABDA sei daher unbedingt notwendig. Mein liebes Tagebuch, wie wahr! Allerdings wird das erst eine Aufgabe für den oder die nächsten ABDA-Präsident*in. Was in Hessen auch Thema war: Unser Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG), das uns honorierte pharmazeutische Dienstleistungen und ein Rx-Boni-Verbot bringen soll, droht „der Diskontinuität zum Opfer zu fallen“, sprich, es dümpelt dahin, es versickert im Nirwana und wir gehen leer aus. Deshalb entschloss man sich zu einer Resolution: Sollte es europarechtliche Bedenken gegen ein Rx-Boni-Verbot geben, wird der Gesetzgeber aufgefordert, „…die Rückführung des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln auf das europarechtlich gebotene Maß unverzüglich als Gesetzesvorlage in den Deutschen Bundestag einzubringen“. Im Klartext: Wenn es jetzt nicht rasch mit dem Apothekenstärkungsgesetz vorangeht, fordern wir das Rx-Versandverbot. Und noch einen Punkt gab’s auf der hessischen Delegiertenversammlung: Nein, sagte die Kammerpräsidentin Funke, sie wolle bei der Wahl im Herbst nicht als ABDA-Präsidentin antreten. Mein liebes Tagebuch, bisher hat lediglich Gabriele Overwiening ihre Kandidatur bekannt gegeben. Aber bis zum Herbst liegt noch ein Sommer vor uns – und da mögen vielleicht noch der einen oder anderen Person aus Kammer- oder Verbandskreisen, in der Hängematte liegend, heiße Gedanken auf eine Kandidatur kommen.
Seit Oktober 2016, seit dem EuGH-Urteil, gibt es die Schieflage im Apothekenmarkt: Ausländische Arzneimittelversender haben gegenüber den deutschen Vor-Ort-Apotheken Preisvorteile – für die EU-Versender gibt es keine Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Das setzt unseren deutschen Apotheken zu, die flächendeckende Versorgung durch Apotheken in Deutschland ist gefährdet. Unsere Forderungen, entweder die Preisbindung für EU-Versender im Sozialrecht einzuführen, hängt vor der EU-Kommission fest. Und die bessere Alternative, ein Rx-Versandverbot, existiert nur in Resolutionen. Eine missliche Lage. So sieht das auch Kai Vogel, Leiter Gesundheit beim Bundesverband der Verbraucherzentrale. Es brauche „endlich eine Entscheidung der Politik, wie es nun weitergehen soll – und damit Klarheit für alle Beteiligten“, sagt er. Planungssicherheit bräuchten an erster Stelle die Apotheker. Wobei Vogel deutlich aber macht, dass ein Rx-Versandverbot für ihn keine zeitgemäße Lösung wäre. Vogel denkt aber natürlich in erster Linie an seine Klientel, die Verbraucher. So findet er, dass die Abschaffung der Patientenzuzahlungen geprüft werden sollte. Das könnte für Patienten auch den Anreiz beseitigen, bei ausländischen Versendern zu bestellen „aufgrund einer erwarteten Verringerung der anfallenden Zuzahlung“. Da ist was dran, mein liebes Tagebuch, fraglich, ob es realistisch ist. Vogel möchte allerdings auch, dass deutsche Apotheken „begrenzte Preisspielräume bekommen, um Benachteiligungen gegen ausländische Versender zu vermeiden. Mein liebes Tagebuch, da wird es allerdings noch fraglicher, denn „Preisspielräume“ bei Rx bedeutet nur eine Richtung: nach unten.
25. Juni 2020
Lieferengpässe sind zwar schon seit Jahren ein Thema, sicher nicht immer in dem Ausmaß wie heute, aber schon seit Jahren durchaus deutlich spürbar für Apotheken und unsere Patienten. So richtig Fahrt aufgenommen hat das Thema allerdings mit der Corona-Krise. Die Krise, die nicht nur die Missstände in den Fleischfabriken offenlegt, sondern auch die Abhängigkeit unserer Arzneimittelproduktion von indischen und chinesischen Arzneistofffabriken. Leider bedarf es manchmal einer Krise, dass drängende Probleme ihren Platz in der Politik bekommen. Lieferengpässe sind so endlich in der Bundespolitik angekommen und nun auch auf der EU-Ebene. Mit Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft am 1. Juli 2020 will die ABDA dort ein brennendes Thema auf der Tagesordnung platzieren – den Kampf gegen Lieferengpässe bei lebenswichtigen Arzneimitteln. Im Programm, das das Bundeskabinett für die anstehende Ratspräsidentschaft Deutschlands beschlossen hat, heißt es bereits mit Blick auf Arzneimittel, man sollte „die Handlungs- und Gestaltungskraft der EU im Sinne europäischer Souveränität […] insbesondere in strategischen Bereichen industrieller Produktion in Europa stärken“. Mein liebes Tagebuch, das sind echt Chancen, dass sich da etwas bewegt. Die ABDA plant zum Jahresende 2020 eine Konferenz in Brüssel, die sich ausschließlich dem Kampf gegen Lieferengpässe widmet. Es sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Wirkstoff- und Arzneimittelproduktion unter hohen Umwelt- und Qualitätsstandards wieder verstärkt nach Europa zu holen. Mein liebes Tagebuch, wenn sich da etwas deutlich bewegen würde, dann hätte die Corona-Krise sogar ein kleinwenig etwas Gutes gebracht.
26. Juni 2020
Die Gier der DocMorris-Mutter Zur Rose ist schier grenzenlos. Krakenartig streckt das Unternehmen seine Fangarme aus und übernimmt ein Versandunternehmen nach dem anderen. Die Marktführerschaft in Europa soll ausgebaut werden, heißt es. Kurz vor dem Jahresende 2017 wurden die Eurapon Pharmahandel aus Bremen und die holländische Vitalsana B.V. übernommen. 2018 erst akquirierte Zur Rose dann Medpex, Apo-Rot und die spanische Plattform promofarma. Und nun ist die deutsche Apotal dran: Die Versandapotheke mit Sitz im niedersächsischen Bad Rothenfelde habe 2019 einen Umsatz von 157 Millionen Euro erwirtschaftet, 2018 waren es 145 Millionen Euro, so ist zu lesen. Mit der Akquise gehen laut Pressemitteilung 1,1 Millionen zusätzliche Kunden von Apotal auf die Zur Rose-Gruppe über. Ja, mein liebes Tagebuch, aber was wird da eigentlich übernommen? Für deutsche Apotheken gilt doch das Fremdbesitzverbot, eine deutsche Apotheke darf doch nicht durch Kapitalgesellschaften übernommen werden. Nun, da finden so Konzerne schon Mittel und Wege und zum Teil abenteuerlich wirkende Konstrukte. So übernimmt der Zur-Rose-Konzern im Fall der deutschen Apotal-Versandapotheke lediglich die Versand- und Diabetes-Aktivitäten der Apotal-Gruppe. Aha. Das erinnert an die Übernahme von Eurapon, wo nicht etwa die Versandapotheke selber, sondern „nur“ der Dienstleister Eurapon Pharmahandel übernommen wurde. Also, mein liebes Tagebuch, die Einkaufstour von Zur Rose geht also weiter, mittlerweile soll so die Zahl aktiver Kunden in Deutschland auf über 8 Millionen gestiegen sein. Und wie man vom Zur-Rose-Chef immer wieder hört: Zur Rose mit DocMorris und all den anderen bunten Akquisitionen – sie freuen sich schon riesig auf das E-Rezept.
Kurz, knapp und deutlich - also typisch bayrisch – tönt eine Resolution aus Bayern. Die bayerischen Delegierten sind sich zwar einig, man solle das Gesetzgebungsverfahren zum Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) weiterhin „konstruktiv-kritisch“ begleiten. Sie forderten aber, dass es noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll. Und falls das nicht passiert, „muss schnellstmöglich eine mindestens gleichwertige Alternative wie z.B. die Rückführung des Versandhandels mit Arzneimitteln auf das europarechtlich gebotene Maß verabschiedet werden“. So ist’s recht, mein liebes Tagebuch. Da wird nicht lange gefackelt und drumherum geredet. Da muss endlich was geschehen.
11 Kommentare
Verwirrung
von Karl Friedrich Müller am 28.06.2020 um 15:45 Uhr
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AW: Verwirrung
von Wolfgang Müller am 28.06.2020 um 16:48 Uhr
AW: Verwirrung
von Karl Friedrich Müller am 28.06.2020 um 21:23 Uhr
AW: Pharma-Ken und Barbie auf Twitter
von Wolfgang Müller am 28.06.2020 um 22:42 Uhr
Lemming Walk
von Wolfgang Müller am 28.06.2020 um 12:26 Uhr
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Weiter so...
von Ulrich Ströh am 28.06.2020 um 10:51 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Weiter so ...
von Christian Timme am 28.06.2020 um 11:04 Uhr
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von Anita Peter am 28.06.2020 um 8:36 Uhr
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Avoxa - und die Expopharm....
von Gunnar Müller, Detmold am 28.06.2020 um 8:34 Uhr
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AW: Avoxa - und die Expopharm ... Über- oder Verstimmt ...
von Christian Timme am 28.06.2020 um 10:50 Uhr
AW: Avoxa - und die Expopharm
von Dr.Diefenbach am 28.06.2020 um 16:21 Uhr
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