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Cochrane Review
Lindert Vitamin D chronische Schmerzen?
Vitamin D werden zahlreiche positive Eigenschaften zugeschrieben. Manche Wirkungen sind gut belegt, etwa die Wirkung auf den Calcium- und Phosphathaushalt oder die modulierende Wirkung auf das Immunsystem. Andere Zusammenhänge wie der Vitamin-D-Einfluss auf Tumor- oder Autoimmunerkrankungen werden diskutiert. Ob Vitamin D auch einen positiven Effekt auf chronische Schmerzen hat, damit beschäftigt sich ein Cochrane Review.
„Niedrige Konzentrationen von 25-Hydroxyvitamin D wurden mit einer höheren Inzidenz chronischer Schmerzen in Verbindung gebracht. Darüber hinaus kann die Assoziation verschiedener Schmerzarten (wie Kopf-, Bauch-, Knie- und Rückenschmerzen) mit der Jahreszeit und dem Breitengrad darauf hindeuten, dass 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel dabei eine wichtige Rolle spielen. Daher scheint es möglich, dass ein Vitamin-D-Mangel an der Entstehung chronischer Schmerzen beteiligt sein könnte“, erklären die Cochrane-Autoren in dem 2010 erschienen, 2015 überarbeiteten und aktuell bestätigten Review „Vitamin D zur Behandlung von chronischen Schmerzerkrankungen bei Erwachsenen“. Doch was ist dran?
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Dafür wurde seitens der Cochrane-Collaboration intensive Literaturrecherche bei Central, Embase und Medline betrieben. Von knapp 800 gefundenen Arbeiten flossen schließlich sechs neue Studien mit 517 Teilnehmern in die aktualisierte Übersichtsarbeit ein, womit sich die Gesamtzahl der eingeschlossenen Studien auf zehn (811 Teilnehmer) erhöhte. In vier Studien litten die Patienten an rheumatoider Arthritis, in zwei an Kniearthrose und je eine Studie untersuchte Patienten mit Polymyalgia rheumatica, „unspezifischen“ Schmerzen des Bewegungsapparats, „diffusen“ Schmerzen des Bewegungsapparats und Fibromyalgie. Das Durchschnittsalter lag zwischen 42 und 68 Jahren, bei den meisten Studien überwog der Frauenanteil (41 bis 100 Prozent).
Rheumatoide Arthritis – Vitamin D hilft und hilft nicht
Insgesamt konnte bei rheumatoider Arthritis kein konsistenter Effekt von Vitamin D auf die Schmerzen gefunden werden. Brohult et. al fanden bereits im Jahr 1973 heraus, dass durch Vitamin-D-Substitution (100.000 I.E. über zwölf Monate) der Gebrauch an Analgetika und Antiphlogistika im Vergleich zur Placebogruppe signifikant abnahm. Hingegen schnitten Patienten bei Hansen et al 2014 unter Calcium und Vitamin D (zwölf Monate: 50.000 I.E. dreimal wöchentlich, danach zweimal monatlich) im Schmerzvergleich schlechter ab als Patienten, die lediglich Calcium erhielten. Salesi et. Al (2012) verabreichten den Teilnehmern Vitamin D 50.000 I.E. wöchentlich plus Methotrexat oder Methotrexat allein über eine Dauer von zwölf Wochen. Das Ergebnis: Es gab keinen Unterschied in den Schmerzbeurteilungen (Scores) zwischen beiden Gruppen. Unter 1 μg bis 2 μg Alfacalcidol (1-Hydroxycholecalciferol) vs.Placebo fanden Yamauchi et al. In einer 1989 veröffentlichten Studie, dass Patienten mit rheumatoider Arthritis eine „sehr starke“ oder „starke“ Besserung des Allgemeinbefindens nach 16 Wochen beschrieben.
Vitamin D bei Kniearthrose
McAlindon et al (2013) verabreichten anfänglich täglich 2.000 I.E Cholecalciferol, mit späterer Dosisanpassung, oder Placebo über zwei Jahre. Der anfängliche Vitamin-D-Mangel sei dadurch behoben worden, doch unterschieden sich die Schmerz- und Funktionswerte des Western Ontario und des McMaster Universities Arthritis Index (WOMAC) nicht signifikant. Der „Western Ontario and McMaster Universities Arthritis Index“ ist ein weit verbreiteter standardisierter Satz an Fragebögen, den Angehörige der Gesundheitsberufe verwenden, um den Zustand von Patienten mit Knie- und Hüftgelenkarthrose, einschließlich Schmerzen, Steifheit und physischer Funktion der Gelenke, zu bewerten. Der WOMAC wird auch zur Beurteilung von Rückenschmerzen, rheumatoider Arthritis, juveniler rheumatoider Arthritis, systemischem Lupus erythematodes und Fibromyalgie verwendet.
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Divya Sanghi et al veröffentlichten 2013 eine Studie, in der Patienten mit Kniearthrose 60.000 I.E. Vitamin D täglich über zehn Tage erhielten, gefolgt von der gleichen Dosis einmal monatlich oder anschließend Placebo über zwölf Monate. Dies führte dazu, dass die Teilnehmer in der aktiven Behandlungsgruppe von einem Vitamin-D-Mangel zu Beginn der Studie zu einem Suffizienz-Mangel am Ende der Studie übergingen. Beim Vergleich der durchschnittlichen Veränderungen auf der visuellen analogen Schmerzskala gab es einen signifikanten Unterschied zugunsten der Vitamin-D-Behandlung. „Die Veränderungen der WOMAC-Schmerzskala und die Veränderungen der Gesamtpunktzahl deuteten in dieser Studie ebenfalls auf eine Überlegenheit von Vitamin D gegenüber Placebo hin“, so im Cochrane-Review nachzulesen.
Diffuse Schmerzen und Fibromylagie
In einer Studie mit 25-Hydroxyvitamin D (35 μg täglich an 25 Tagen im Monat, neun Monate) bei Menschen mit Polymyalgia rheumatica nahmen die subjektiven Schmerzen bei Bewegung sowohl in der Vitamin-D- als auch in der Placebogruppe ab, aber die Unterschiede zwischen Placebo und Vitamin D waren gering (Di Munno et al 1989). Unspezifische muskuloskelettale Schmerzen besserten sich – zusammengefasst unter dem kombinierten Endpunkt „viel weniger Schmerzen" und „weniger Schmerzen" – unter einer einmaligen Behandlung mit Vitamin D 150.000 I.E. signifikant verglichen mit Placebo (Schreuder et al 2012).
Eine Studie mit Ergocalciferol 50.000 I.E. zur Behandlung diffuser Schmerzen des Bewegungsapparats erfasste die Schmerzen der Patienten mittels einer visuellen Analogskala, wobei es keinen signifikanten Unterschied zwischen der Vitamin-D- und Placebogruppe gab und die Schmerzmessung anhand einer funktionellen Schmerzskala sogar leicht zugunsten von Placebo ausfiel (Warner et al 2008). Zuletzt fanden Wepner et al 2014 bei Fibromyalgie-Patienten, dass es – nach Cholecalciferol 1.200 bis 2.400 I.E. täglich (Dosis abhängig von den Vitamin-D-Spiegeln) im Vergleich zu Placebo – hinsichtlich der Schmerz- und Lebensqualität Hinweise auf einen Nutzen von Vitamin D gab.
„Keine überzeugende positive Wirkung“
„Diese aktualisierte Übersicht fand keine überzeugende positive Wirkung einer Vitamin-D-Supplementierung bei chronischen Schmerzen“, heißt es im Cochrane Review. Es gebe kein „konsistentes Muster“, dass eine Vitamin-D-Behandlung bei chronischen Schmerzzuständen mit einer höheren Wirksamkeit als Placebo verbunden war. Trotz weiterer Studien sei das jetzige Update zu ähnlichen Schlussfolgerungen gekommen wie die frühere Version des Cochrane Reviews. Die Daten seien jedoch mit Vorsicht zu genießen, denn die Wissenschaftler werfen die Frage auf, ob die Studien empfindlich genug ausgelegt waren, um einen Unterschied durch die Behandlung zu erkennen. Zudem kritisieren sie, dass meist durchschnittliche Schmerzergebnisse der gesamten Behandlungsgruppe angegeben wurden: „Es ist problematisch, sich bei der Schmerzintensität oder Schmerzlinderung auf Gruppenmittelwerte zu verlassen, da die zugrunde liegenden Verteilungen der Einzeldaten oft verzerrt sind.“ Die Verwendung von Durchschnittsdaten aus solchen verzerrten Verteilungen könne in der Folge zu irreführenden Ergebnissen führen.
Unter Berücksichtigung dieser Vorbehalte stellten wir fest, dass es keine konsistente Wirkung von Vitamin D auf Schmerzen bei rheumatoider Arthritis gab. Bei Kniearthrose berichtete eine kleinere und kürzere Studie über signifikant bessere Ergebnisse mit Vitamin D, während in einer größeren und längeren Studie kein Unterschied zwischen den Gruppen festgestellt wurde. Bei Fibromyalgie und unspezifischen Muskel-Skelett-Schmerzen gibt es einige Hinweise auf einen Nutzen, während es in einer Studie zu Polymyalgia rheumatica keinen Beweis für eine Überlegenheit von Vitamin D gegenüber Placebo gab. Eine Studie zu diffusen Schmerzen des Bewegungsapparats berichtete in einem Endpunkt sogar von einem Nutzen mit Placebo. Insgesamt gibt es kein konsistentes Muster dafür.“
1 Kommentar
Aktualität?
von Sonja Raum am 05.08.2020 um 9:55 Uhr
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