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13. August 2020
Die DocMorris-Mutter Zur Rose übernimmt den Telemedizinanbieter Teleclinic – während diese Übernahme in Apothekerkreisen für Unbehagen, für Aufruhr und größte Bedenken sorgt, scheint sie die Politik kalt zu lassen. Sie sieht in dieser Übernahme, bei der sich ein Unternehmen mit Arzneiversendern ein Unternehmen für Fernbehandlung einverleibt, keine Gefahren für unser Gesundheitssystem. Dabei baut doch unser System auf eine strikte Trennung zwischen Arzt und Apotheker auf, zum Wohl des Patienten. Doch die Politik scheint sich auf das im Patientendaten-Schutzgesetz verankerte erweiterte Makelverbot zu verlassen. Mein liebes Tagebuch, wie kann man nur! Das ist doch vergleichbar mit dem Hund, der die Wurst bewachen soll, und dessen Herrchen darauf baut, dass man es ihm einmal beigebracht hat. Die Reaktionen der politischen Vertreter gegenüber diesem Zur Rose/Teleclinic-Deal hält auch Klaus Michels, Chef des Apothekerverbands Westfalen-Lippe, für „widersprüchlich, wenn nicht gar scheinheilig, bestenfalls nur naiv“, wie er im Interview mit der DAZ sagt. Die berechtigte Trennung von Arzt und Apotheker, so Michels weiter, „die seit annähernd 800 Jahren aus Gründen des Patienten- und Verbraucherschutzes Berechtigung besaß, soll nun zugunsten ausländischer Aktien-Konzerne, die […] ausschließlich im zwangsläufigen Interesse ihres Shareholder-Value den hiesigen Gesundheitsmarkt besetzen wollen, den Götzen der Convenience und der Digitalisierung geopfert werden“. Sagt Michels, der durchaus Anhänger der europäischen Idee ist und auch digitalen Innovationen offen gegenüber steht. Mein liebes Tagebuch, wie recht er hat! Michels sieht zudem größte Gefahren für unser Gesundheitssystem. Wenn die Politik auf das Makel- und Zuweisungsverbot vertraue, „dann scheint man sich weder seiner Kontroll- noch seiner Einflussnahmemöglichkeiten bewusst zu sein“, ist Michels überzeugt. Und er stellt fest: „Indem die Politik solche Konstruktionen wie im Fall von DocMorris toleriert, legt sie die Axt an das überkommene deutsche Gesundheitssystem.“ Mein liebes Tagebuch, deutlicher kann man es nicht sagen. Es ist eine Kommerzialisierung größten Ausmaßes, die uns da bevorsteht, zudem ein Angriff auf die freien Berufe, wenn Kapitalunternehmen jegliches medizinische und pharmazeutische Angebot im Gesundheitswesen abdecken wollen. Gibt es noch Hoffnung, dass die Politik die Gefahren sieht? Michels zeigt sich skeptisch: „Ob man den Deckel wieder drauf bekommt, das wage ich zu bezweifeln.“ Ehrlich gesagt, mein liebes Tagebuch, das bezweifeln wir auch.
Kennen Sie den Unterschied zwischen dem „Bundeseinheitlichen Medikationsplan (BMP)“ und dem „elektronischen Medikationsplan (eMP)“? Also, wenn Sie da nicht ganz sattelfest sind: Die ABDA hat dazu ein FAQ-Dokument (häufig gestellte Fragen) veröffentlicht mit vielen Tipps rund um die Medikationspläne. Durchaus lesenswert! Mit der Ernüchterung am Schluss: „Für den Apotheker […] sieht der Gesetzgeber für die Erstellung oder Aktualisierung des eMP bisher kein Honorar vor.“ Mein liebes Tagebuch, was bereits für den BMP galt, scheint sich also beim eMP fortzusetzen: Kein Honorar für uns Apothekers bei der durchaus verantwortungsvollen und zeitintensiven Pflege des elektronischen Medikationsplans! Dass kein Honorar für uns vorgesehen ist, liegt daran, dass der eMP auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert ist. Wäre er Teil der kommenden elektronischen Patientenakte, gäbe es eine Vergütung: Im Patientendatenschutzgesetz, dem voraussichtlich nach der Sommerpause ein letzter Durchgang im Bundesrat bevorsteht, ist nämlich vorgesehen, dass Apotheker für Arbeiten in der elektronischen Patientenakte vergütet werden sollen. Tja, was ist da schief gelaufen? Wer hat da nicht aufgepasst? Immerhin ist schon abzusehen, dass die Gesundheitskarte bald der Vergangenheit angehört – die Zukunft gehört der elektronischen Patientenakte. Außerdem dürfen die Patienten sich schon ab 1. Januar 2021, wenn die elektronische Patientenakte eingeführt wird, dafür entscheiden, ihren eMP in die elektronische Patientenakte zu überführen. Und dann sind wir Apothekers auch hinsichtlich einer Honorierung dabei – hoffen wir, dass unsere ABDA das schon auf ihrer Agenda hat!
2 Kommentare
Teilnehmer an der Berliner Klagemauer
von Ulrich Ströh am 16.08.2020 um 8:38 Uhr
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Radiologie
von Karl Friedrich Müller am 16.08.2020 um 8:24 Uhr
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