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8. Oktober 2020
KfW-Schnellkredite für Apotheken, die von der AvP-Insolvenz betroffen sind, ist das eine Ergebnis der politischen Vorgänge in Berlin. Aber das reicht nicht, das hilft langfristig nicht weiter. Für die Dresdener Apothekerin Sylvia Trautmann ist das sogar der falsche Weg. Liquiditätsengpässe werden damit nicht behoben, so die Apothekerin, und sie bringt es auf den Punkt: „Ich bin keinesfalls damit einverstanden, dass ich mit meinem Privatvermögen für ein Finanzverbrechen haften soll, das durch Gesetzgebung und staatliche Kontrolle hätte verhindert werden können.“ Sie fordert einen staatlichen zinslosen Rettungsfonds, der den kompletten finanziellen Ausgleich der AvP-bedingten Zahlungsverluste übernimmt. Richtig, mein liebes Tagebuch, das wäre die einzig vernünftige und angebrachte Lösung des Desasters, in das die Apotheken unverschuldet gekommen sind. Und sie verlangt von der Politik dafür zu sorgen, dass ein derartiger Missbrauch treuhänderisch zu verwaltender Gelder künftig wirksam verhindert wird. Wie dringend diese Forderung ist, zeigt eine Videobotschaft des ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt, mit der er zuerst die schlechte Nachricht überbringt: Eine schnelle Lösung wird es nicht geben, ebenso wenig werden alle Forderungen befriedigt werden – und bis überhaupt etwas aus der Insolvenzmasse ausgeschüttet wird, können Monate bis Jahre vergehen. Als Lösung für die Zukunft macht die ABDA den konkreten Vorschlag: Die Gelder, die von den Krankenkassen an die Rechenzentren fließen und an die Apotheken weitergeleitet werden, müssen klar und offen auf Treuhandkonten ausgewiesen werden. Also, die Krankenkassengelder sind vom Vermögen der Abrechnungsstelle zu trennen. Und eine solche Separierung muss im Sozialrecht vorgeschrieben werden. Schmidt ist optimistisch, dass das gelingt.
Warum die Politik eingreifen muss, zeigt auch der lesenswerte Gastkommentar von DAZ.online-Autor Dr. Thomas Wellenhofer.
Eigentlich, ja eigentlich fände jetzt unser großer Deutscher Apothekertag in München statt. Eigentlich. Aber die Corona-Pandemie ließ das Treffen unserer ABDA, unserer Berufspolitiker und Delegierten platzen. Und ein virtuelles Treffen hielt die ABDA nicht für geboten, nicht zielführend – der persönliche Austausch sei durch nichts zu ersetzen, hieß es von ABDA-Seite. Mein liebes Tagebuch, manche sind überzeugt davon: Die ABDA wollte einfach nicht. Oder sie traute sich die virtuelle Konferenz nicht zu, zu viel Aufwand oder was auch immer. Mein liebes Tagebuch, schade, sehr schade, dass man es zumindest nicht mal versuchte. Ein aufwendiges virtuelles Expopharm-impuls-Format stellte man doch auch auf die Beine. Also, wie soll das weitergehen? Wann wird sich unsere Berufsvertretung dem Apothekerparlament stellen? Corona und die Einschränkungen bleiben uns noch eine Zeitlang erhalten. Kein Apothekertag, keine Statements von Gesundheitspolitikern der Bundespolitik? Doch! DAZ.online bat die zuständigen Abgeordneten der Bundestagsfraktionen um ihre Botschaften an die Apothekerinnen und Apotheker.
Die Übernahme des Telemedizin-Anbieters Teleclinic durch die DocMorris-Mutter Zur Rose sorgte im Juli für einen Aufschrei bei uns Apothekers. Die seit Jahrhunderten bewährte Trennung von Arzt und Apotheker, von demjenigen, der Arzneimittel verordnet und dem, der sie abgibt, löst sich da gerade in Luft auf! Sieht unsere Bundesregierung diese Gefahr? Das Bundesgesundheitsministerium sieht jedenfalls derzeit keine Veranlassung zu handeln. Es gebe ausreichend Vorschriften, die eine Zuweisung von Patientinnen und Patienten an Apotheken untersagen. Dann gebe es auch noch das neue Patientendatenschutzgesetz mit seinem Zuweisungs- und Makelverbot. Und außerdem ist die freie Apothekenwahl im Sozialrecht verankert. Auch Jens Spahn meint, es gebe bereits genug Spielregeln, die das Zuweisen von Rezepten verhinderten. Mein liebes Tagebuch, Spielregeln?! Was ist das für ein blauäugiges Gottvertrauen. Ehrlich gesagt, wenn man sich vor Augen hält, wie EU-Versender unsere Gesetze in der Tat nur als Spielregeln betrachten, die man brechen kann, und Grenzen ausdehnen kann, dann darf man sich schon fragen, wie lange unter den Verlockungen des E-Rezepts die Trennung zwischen Arzneimittel-Verordnung und -Auslieferung noch halten wird.
8 Kommentare
"Avp-Virus" jetzt auf Kassensuche ...?
von Christian Timme am 11.10.2020 um 23:13 Uhr
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3 mal Hoch
von Dr.Diefenbach am 11.10.2020 um 16:17 Uhr
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Bringschuld
von Reinhard Rodiger am 11.10.2020 um 14:05 Uhr
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Immerhin "BEOBACHTET" die Politik die insolventen AvP-Apotheken ...
von Christian Timme am 11.10.2020 um 13:30 Uhr
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AW: "BEOBACHTET" ? - im Verkehrsfunk hieß das damals mal "Gaffer"
von Bernd Jas am 11.10.2020 um 15:58 Uhr
Das VOASG darf so nicht kommen!
von Dr. Heidrun Hoch am 11.10.2020 um 12:54 Uhr
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Neue Bewegung
von Anita Peter am 11.10.2020 um 9:22 Uhr
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AW: Neue Bewegung
von Roland Mückschel am 11.10.2020 um 9:51 Uhr
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