Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

11.10.2020, 07:43 Uhr

Wo man hinschaut – nur Baustellen! (Foto: Alex Schelbert) 

Wo man hinschaut – nur Baustellen! (Foto: Alex Schelbert) 


8. Oktober 2020 

KfW-Schnellkredite für Apotheken, die von der AvP-Insolvenz betroffen sind, ist das eine Ergebnis der politischen Vorgänge in Berlin. Aber das reicht nicht, das hilft langfristig nicht weiter. Für die Dresdener Apothekerin Sylvia Trautmann ist das sogar der falsche Weg. Liquiditätsengpässe werden damit nicht behoben, so die Apothekerin, und sie bringt es auf den Punkt: „Ich bin keinesfalls damit einverstanden, dass ich mit meinem Privatvermögen für ein Finanzverbrechen haften soll, das durch Gesetzgebung und staatliche Kontrolle hätte verhindert werden können.“ Sie fordert einen staatlichen zinslosen Rettungsfonds, der den kompletten finanziellen Ausgleich der AvP-bedingten Zahlungsverluste übernimmt. Richtig, mein liebes Tagebuch, das wäre die einzig vernünftige und angebrachte Lösung des Desasters, in das die Apotheken unverschuldet gekommen sind. Und sie verlangt von der Politik dafür zu sorgen, dass ein derartiger Missbrauch treuhänderisch zu verwaltender Gelder künftig wirksam verhindert wird. Wie dringend diese Forderung ist, zeigt eine Videobotschaft des ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt, mit der er zuerst die schlechte Nachricht überbringt: Eine schnelle Lösung wird es nicht geben, ebenso wenig werden alle Forderungen befriedigt werden – und bis überhaupt etwas aus der  Insolvenzmasse ausgeschüttet wird, können Monate bis Jahre vergehen. Als Lösung für die Zukunft macht die ABDA den konkreten Vorschlag: Die Gelder, die von den Krankenkassen an die Rechenzentren fließen und an die Apotheken weitergeleitet werden, müssen klar und offen auf Treuhandkonten ausgewiesen werden. Also, die Krankenkassengelder sind vom Vermögen der Abrechnungsstelle zu trennen. Und eine solche Separierung muss im Sozialrecht vorgeschrieben werden. Schmidt ist optimistisch, dass das gelingt.

Warum die Politik eingreifen muss, zeigt auch der lesenswerte Gastkommentar von DAZ.online-Autor Dr. Thomas Wellenhofer.

 

Eigentlich, ja eigentlich fände jetzt unser großer Deutscher Apothekertag in München statt. Eigentlich. Aber die Corona-Pandemie ließ das Treffen unserer ABDA, unserer Berufspolitiker und Delegierten platzen. Und ein virtuelles Treffen hielt die ABDA nicht für geboten, nicht zielführend – der persönliche Austausch sei durch nichts zu ersetzen, hieß es von ABDA-Seite. Mein liebes Tagebuch, manche sind überzeugt davon: Die ABDA wollte einfach nicht. Oder sie traute sich die virtuelle Konferenz nicht zu, zu viel Aufwand oder was auch immer. Mein liebes Tagebuch, schade, sehr schade, dass man es zumindest nicht mal versuchte. Ein aufwendiges virtuelles Expopharm-impuls-Format stellte man doch auch auf die Beine. Also, wie soll das weitergehen? Wann wird  sich unsere Berufsvertretung dem Apothekerparlament stellen? Corona und die Einschränkungen bleiben uns noch eine Zeitlang erhalten. Kein Apothekertag, keine Statements von Gesundheitspolitikern der Bundespolitik? Doch! DAZ.online bat die zuständigen Abgeordneten der Bundestagsfraktionen um ihre Botschaften an die Apothekerinnen und Apotheker.

 

Die Übernahme des Telemedizin-Anbieters Teleclinic durch die DocMorris-Mutter Zur Rose sorgte im Juli für einen Aufschrei bei uns Apothekers. Die seit Jahrhunderten bewährte Trennung von Arzt und Apotheker, von demjenigen, der Arzneimittel verordnet und dem, der sie abgibt, löst sich da gerade in Luft auf! Sieht unsere Bundesregierung diese Gefahr? Das Bundesgesundheitsministerium sieht jedenfalls derzeit keine Veranlassung zu handeln. Es gebe ausreichend Vorschriften, die eine Zuweisung von Patientinnen und Patienten an Apotheken untersagen. Dann gebe es auch noch das neue Patientendatenschutzgesetz mit seinem Zuweisungs- und Makelverbot. Und außerdem ist die freie Apothekenwahl im Sozialrecht verankert. Auch Jens Spahn meint, es gebe bereits genug Spielregeln, die das Zuweisen von Rezepten verhinderten. Mein liebes Tagebuch, Spielregeln?! Was ist das für ein blauäugiges Gottvertrauen. Ehrlich gesagt, wenn man sich vor Augen hält, wie EU-Versender unsere Gesetze in der Tat nur als Spielregeln betrachten, die man brechen kann, und Grenzen ausdehnen kann,  dann darf man sich schon fragen, wie lange unter den Verlockungen des E-Rezepts die Trennung zwischen Arzneimittel-Verordnung und -Auslieferung noch halten wird. 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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8 Kommentare

"Avp-Virus" jetzt auf Kassensuche ...?

von Christian Timme am 11.10.2020 um 23:13 Uhr

"Corona" als wirtschaftspolitisches Steuerungsinstrument wird nicht nur den Apothekers noch "viel Freude" bereiten... wer wird denn ein solches "Spielzeug" freiwillig aus der Hand GEBEN?

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3 mal Hoch

von Dr.Diefenbach am 11.10.2020 um 16:17 Uhr

...man lese die Ausführungen der geschätzten Kollegin mehrfach um die dramatischen Konsequenzen, dargelegt von Prof.H. Meyer(hat die ABDA Spitze ihn eigentlich im Focus??)überhaupt zu erkennen.Offenbar ist da in der Berliner Juristerei einiges vorbei gelaufen,Ich frage aufs Neue:WO bleibt mal ein Statement von zB Herrn Tisch?Mir wird stets erzählt, dass die Aktivitäten im Verborgenen ablaufen, ohne die plebiszitäre PR(wie wir hier im Netz sie so betreiben!!),aber ich SEHE :Die Erfolge nicht!!! Insofern kann ich auch nur die Basis auffordern sich Ala Luther die Guttenbergerschen Thesen anzuschauen, dann vom Glauben abzufallen UND NEUE Wege zu suchen.Die Komplettabsage eines gerade jetzt so wichtigen Apothekertages.Das spricht für sich.Dass die Aktivitäten der Banken bei AvP so subtil abgelaufen sein sollen:Dies wäre ein Signal der hauseigenen PR gewesen, die breite!!!! Öffentlichkeit einmal auf das verquere Problem Individualhaftung gegenüber dem staatlichen,verpflichtenden!!! Versorgungsauftrag aufzuklären.Das unterblieb.Dass die Verbände nun agieren, ist in Sachen AvP OK, aber ging das rasch genug?In Bezug auf das VOASG :Da dürften wir erleben wie bestens strukturierte Prozesse schnell oder weniger schnell ,aber zielgerichtet auf Dinge wie Amazon Apotheken(auch wenn es noch dauern mag ) oder wie auch immer das dann heisst hinauslaufen.Die Menge an Individualapotheken:Sie sinkt, ganz massiv.Die Zukunftsqualitäten bei Konzentrationen sehen wir bereits heute in vielen Branchen:Anonym,unpersönlich.Genau DAS WAS die heutige Apothekenlandschaft TUT,wird politischer Wichtigtuerei geopfert.Das zwischenmenschliche schwindet,der Automat lebt.Auch dies steckt in den Hoch-Zeilen...

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Bringschuld

von Reinhard Rodiger am 11.10.2020 um 14:05 Uhr

Es ist geradezu peinlich und beschämend, dass die Standesführung die Mitverantwortung des Staates so völlig ignoriert.Hängenlassen zugunsten eines Deals, der die restlichen Apotheken sichern soll? Gleichzeitig durch den Mangel an Rückendeckung signalisieren, dass der AvP-Crash fast willkommen erscheint als Anlass, die 50% -Strategie zum Eliminieren früher zu beenden.
.Wo bleibt der lautstarke mediale Aufschrei, dass 20-30% der Apotheken in manchen Landesteilen gefährdet sind? Dass das System auf der Kippe steht? Daß Apotheken nur weiterarbeiten, wenn der Staat die Ausfallgarantie übernimmt.Das Risiko ist nicht zumutbar, weil erwartet werden kann,dass bei unzureichender Kontrolle des Staates Schäden gesetzt werden können, für die dann wieder niemand Verantwortung trägt.Jede Regelung für später muss die heutigen Schäden einbeziehen.Später nützt sonst nicht angemessen.
Juristische Unklarheiten sind kein Grund die eigentliche staatliche Verantwortung nicht zu fokussieren.Schliesslich hat schon Corona gezeigt, was alles möglich ist, wenn der Wille da ist.Hier fehlt er völlig.Es ist Einzelpersonen und EINER Partei zu danken, dass dies überhaupt zur Sprache kommt. Allein das sollte für eine Interessenvertretung beschämend sein.

Wer ausser Insidern versteht denn die Dimension dieses Vertrauensverlustes und die potentielle Schwächung der regionalen Versorgung ?

Es ist einfach die Pflicht, die Bringschuld des Staates lautstark zur Geltung zu bringen.Oder ist wirklich das unter Tarnnamen gemachte Eliminierungsförderungsgesetz (VASG) der Preis für die Enthaltsamkeit? Das wäre die Krönung der Nichtvertretung.

Zur Gefahr des vermeintlichen Apothekenstärkungsgesetzes liefert Kollegin Dr.H.Hoch im vorangegangenen Beitrag den Hintergrund.Dank dafür.Allein das Stehenlassen dieses Wortes zeugt für die eigentlichen Absichten unserer "Führung" : um jeden Preis müssen 50% weg, sonst ist es für den Rest nicht mehr komfortabel.

Also wehrt euch, indem ihr dem Aufruf von Kollegin A.Peter
folgt.Danke.

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Immerhin "BEOBACHTET" die Politik die insolventen AvP-Apotheken ...

von Christian Timme am 11.10.2020 um 13:30 Uhr

Diese "Palliativbetreuung" muss man sich erstmal verdienen ... um danach dankbar als "Gesundheitsmüll" abzutreten. Wären die Apothekers die "Commerzbank" gäbe es keine "Spähne"...

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AW: "BEOBACHTET" ? - im Verkehrsfunk hieß das damals mal "Gaffer"

von Bernd Jas am 11.10.2020 um 15:58 Uhr


"BEOBACHTET" ? - im Verkehrsfunk hieß das damals mal "Gaffer"
Wo Sie grad´ sagen "Commerzbank" Herr Timme,
da fällt mir ein das diese mittlerweile eigentlich den Bürgern zu eigene Institution (18. oder 19. Milliarden-Rettung) der Hauptpartner der AvP war. Sind früher mal Zahlungen Trotz teurer Blitzüberweisung nicht pünktlich auf dem Apotheken-Konto erschienen, lag das NIE an der AvP sondern immer an der "Commerzbank" oder der Hausbank.
So langsam wird klaaar wo die hunderte von Millionen hin sind. Aber alles legal! Jau! Und die "Klein" Kriminellen haben ja angeblich auch noch nicht vollständig bezahlt.


Und wenn´s nutzt - Neue Bewegung - ok!

Das VOASG darf so nicht kommen!

von Dr. Heidrun Hoch am 11.10.2020 um 12:54 Uhr

Das VOASG darf SO NICHT kommen!
Zur Begründung zitiere ich Herrn Prof. Dr. Hilko Meyer aus seinem Artikel „Arzneimittelpreisrecht auf dem Prüfstand“ aus Arzneimittel & Recht , Ausgabe 4/20:

„Die Abkehr vom Geltungsanspruch der deutschen Preisregelungen für die aus anderen EU-Staaten an deutsche Patienten versandten Arzneimittel durch Streichung des § 72 Abs. 1 Satz 4 AMG gibt grundsätzliche Positionen des deutschen Gesetzgebers im Bereich seiner originären, durch Art. 168 Abs. 7 AEUV anerkannten Zuständigkeiten für den nationalen Gesundheitsschutz und die Organisation des Gesundheitswesens auf.“

Auch „untergräbt die Ausklammerung weiter Bereiche des einheitlichen RX-Abgabepreises (PKV-Versicherte, Selbstzahler, Kostenerstattung aus Einzelverträgen)
die unionsrechtlich bedeutsame Kohärenz und Widerspruchsfreiheit der vorgetragenen Rechtsgründe.“

Das bedeutet: Durch das VOASG in der vorliegenden Form ist kein Ende der Wettbewerbsverzerrung zulasten der Vor-Ort-Apotheken in Sicht!

Schlimmer noch, es wird die Grundlage gelegt, bei einem erneuten Verfahren vor dem EuGH zu scheitern.

So freut sich denn auch Binnenmarktkommissar Thierry Breton, dass das VOASG den Zugang deutscher Patienten zu Arzneimitteln verbessere...

Dieses Gesetz „Apothekenstärkungsgesetz“ zu nennen ist Zynismus pur.

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Neue Bewegung

von Anita Peter am 11.10.2020 um 9:22 Uhr

Liebe Kollegen,

bitte schliessen Sie sich alle der Bewegung von Frau Guttenberger an! Kurze Email reicht:

guttenberger@ratsapo24.de

Wir können nicht länger tatenlos dem Treiben der Politik und der ABDA zusehen. Die ABDA vertritt uns nicht mehr! Wir brauchen eine Bewegung die sich auch um die untere Hälfte der Vor Ort Apotheken kümmert und sich politisches Gehör verschafft.

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AW: Neue Bewegung

von Roland Mückschel am 11.10.2020 um 9:51 Uhr

Gemacht!

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