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Glycyrrhizin
Anti-COVID-19-Wunder aus der Süßholzwurzel?
Wie sehr viele Mittel, die schon einmal in vitro irgendeine antivirale Wirkung gezeigt haben, wird derzeit auch die Wirkung des Süßholzbestandteils Glycyrrhizin gegen den COVID-19-Erreger diskutiert – in etlichen Reviews, Meta-Analysen und analogen Schlussfolgerungen. Stringente und evidente wissenschaftliche Studien zur konkreten antiviralen Wirksamkeit fehlen aber.
Nicht nur die Suche nach Impfstoffen gegen den COVID-19-Erreger SARS-CoV-2 läuft auf vollen Touren. Auch viele Stoffe, die eine antivirale Wirkung zeigen sollen, werden derzeit diskutiert – mit mehr oder weniger wissenschaftlichem Hintergrund und auch mit mehr oder weniger evidenter Beweisführung.
Mit dem Schlagwort „COVID-19“ wollen offensichtlich viele Forscher, Einrichtungen, Institute oder sonstige „Institute“ (der Begriff ist schließlich nicht geschützt) ein „Stück vom Kuchen“ abgreifen. Studien oder Reviews zu veröffentlichen ist in Zeiten nicht peer-reviewter Online-Veröffentlichungen einfacher geworden. Das macht evidenzbasierte (nicht nur) Arzneimittelforschung und Medizin umso wichtiger.
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Neben so gefährlichen Stoffen wie dem Desinfektionsmittel Chlordioxid aka MMS (Miracel Mineral Solution) oder dem mit vielen unerwünschten Wirkungen behafteten und gegen COVID-19 nutzlosen Malariamittel Hydroxychloroquin werden auch aus der traditionellen (chinesischen) Medizin bekannte Pflanzenextrakte als vermeintliche Wundermittel angepriesen. So etwa der Extrakt aus dem roten Sonnenhut, Echinacea, oder Glycyrrhizin – wirksamer und schmeckender Bestandteil des Süßholzextrakts aus Glycyrrhiza glabra.
Analogschlüsse, uneindeutige Methodik und Spekulation
Die Schlussfolgerungen, warum diese Wirkstoffe gegen SARS-CoV-2 Wirkung zeigen sollen, basieren dabei überdurchschnittlich oft entweder nur auf methodisch nicht immer zielführenden In-vitro-Experimenten oder auf mindestens spekulativen Analogien. Bei den In-vitro-Experimenten gibt es etwa Assays, bei denen eine Menge x einer Substanz zu einem Kulturmedium mit einer definierten Menge Virus gegeben wird. Anschließend wird mit einem Infektionstest geprüft, wie viele Viren nun noch infektionsfähig waren. Hat x dabei eine signifikante Menge der Viren abgetötet, war in jüngster Zeit oft zu lesen: „X wirkt antiviral gegen SARS-CoV-2“.
Unter Umständen, mit der Wahl entsprechender (physiologischer) Versuchsbedingungen, können In-vitro-Experimente – auch mit Zellkulturen – einen ersten Hinweis auf eine mögliche Wirkung einer Substanz gegen einen Erreger geben. Mehr aber auch nicht. Ohne Pharmakokinetik und Pharmakologie einer Substanz unter physiologischen Bedingungen in vivo lässt sich noch keine Aussage treffen.
Ähnliches gilt für nur quasi wissenschaftliche Analogieschlüsse. So wird für viele Substanzen vorhergesagt, dass sie gegen SARS-CoV-2 wirken könnten, weil die Substanz in der Vergangenheit auch schon mal (in vitro) gegen ein anderes Virus gewirkt hat. Selbst wenn dazu oft SARS-CoV-1 herangezogen wird, der Erreger von SARS Anfang des Jahrhunderts oder MERS-CoV (Erreger des Middle East Respiratory Syndroms) und beides Coronaviren sind – Evidenz generiert man damit nicht.
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In jüngster Zeit gab es so auch mehrere Artikel, die sich mit der Wirkung von Glycyrrhizin gegen SARS-CoV-2 beschäftigten. Glycyrrhizin oder Glycyrrhizinsäure, ein Saponin, das in der Süßholzwurzel und einigen anderen Pflanzen vorkommt und den geschmacklichen Anteil in Lakritze darstellt, ist zweifelsohne ein pflanzlicher Wirkstoff mit pharmakologischer Wirkung. Dazu existieren eine Reihe von gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen.
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