Abgabe von Antigen- und Antikörpertests

SARS-CoV-2-Tests in der Apotheke: rechtliches Flickwerk

Berlin - 12.11.2020, 12:15 Uhr

Antigenschnelltests versprechen innerhalb von 30 Minuten Gewissheit über eine vorliegende SARS-CoV-2-Infektion. An wen dürfen Apotheker:innen die In-vitro-Diagnostika abgeben? (c / Foto: photoguns / stock.adobe.com)

Antigenschnelltests versprechen innerhalb von 30 Minuten Gewissheit über eine vorliegende SARS-CoV-2-Infektion. An wen dürfen Apotheker:innen die In-vitro-Diagnostika abgeben? (c / Foto: photoguns / stock.adobe.com)


Um der SARS-CoV-2-Pandemie Herr zu werden, setzen viele Experten auf Antigen-Schnelltests als Ergänzung des langsameren und an die Kapazitätsgrenzen stoßenden PCR-Tests. Doch die rechtliche Situation zur Abgabe in der Apotheke ist nicht abschließend geklärt. Für Verwirrung sorgen zudem Probenentnahmekits zur Untersuchung auf Antikörper.

Am 14. Oktober 2020 veröffentliche das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Liste mit Antigen-Schnelltests zum direkten Erregernachweis von SARS-CoV-2 mit definierten Mindestanforderungen. Nach der aktuellen nationalen Teststrategie können Pflegeeinrichtungen diese Tests einsetzen, auch können Arztpraxen ihr Personal mithilfe der Schnelltests untersuchen. Grundsätzlich rät das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) aufgrund der niedrigeren Sensitivität und Spezifität der Antigentests diese mit einem PCR-Test zu bestätigen. Im Artikel „Trumpfkarte Antigentest“ (DAZ 2020 Nr. 44 
S. 30) erörterte Ralf Schlenger die wissenschaftlichen Limitationen der aktuell vorhandenen Schnelltests. Die Grenzen zu beachten sei für den Aussagegehalt essenziell.

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Zusätzlich vertreiben Apotheken und Drogeriemärkte seit Anfang September Tests, die IgG-Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachweisen sollen. Diese Tests zeigen an, ob ein Patient eine Infektion mit dem Virus bereits durchlaufen hat. Mittlerweile werden auch Kits zur selbstständigen Entnahme eines Tropfens Vollblut zur anschließenden Untersuchung auf Antikörper in Laboratorien kommerziell vertrieben. Die Firma Adversis Pharma verkauft das Probenentnahmeset AProof® an Apotheken, Privatkunden und Großhändler für 49 Euro inklusive Mehrwertsteuer. In Sachsen und Thüringen informierten die Kammern, dass Apotheken diesen Artikel rechtmäßig an Patienten abgeben können. Arzneimittelversender Shop Apotheke und Drogeriemarkt dm werben für den „Coronavirus Antikörper Test“ von Cerascreen. Forscher:innen kritisieren die mangelnde Zuverlässigkeit dieser Tests. Noch dazu sei bisher nicht eindeutig geklärt, ob Patienten, die Antikörper gegen SARS-CoV-2 gebildet haben, tatsächlich immun sind.

Aktuell debattieren Entscheidungsträger, ob auch erlaubt werden sollte, dass in Apotheken Tests auf SARS-CoV-2 vorgenommen werden. Beispielsweise sprach sich FDP-Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr gegenüber DAZ.online für dieses Vorhaben aus. Zuvor sollten Apotheker:innen eine Schulung durchlaufen.

Rechtliche Situation in der Apotheke

Nach gegenwärtiger Rechtslage dürfen Apotheker:innen SARS-CoV-2-Antigen- oder Antikörpertests nicht an medizinische Laien abgeben. Wenn dies aus Gründen der öffentlichen Gesundheit erforderlich sein sollte, kann das Robert Koch-Institut befristete Ausnahmen zulassen. Nach dem Infektionsschutzgesetz handelt es sich bei SARS-CoV-2 um einen meldepflichtigen Krankheitserreger (§ 24 Satz 1 IfSG). In-vitro-Diagnostika für den Nachweis solcher Krankheitserreger sind Medizinprodukte und dürfen nach § 3 Abs. 4 der Medizinprodukte-Abgabeverordnung (MPAV) nur abgegeben werden an:

  • Ärzte,
  • ambulante und stationäre Einrichtungen im Gesundheitswesen, Großhandel und Apotheken,
  • Gesundheitsbehörden des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände,
  • Blutspendedienste, pharmazeutische Unternehmen,
  • Beratungs- und Testeinrichtungen für besonders gefährdete Personengruppen.

In manchen Bundesländern informierten die Ministerien, dass Pflegeeinrichtungen unter „ambulante und stationäre Einrichtungen im Gesundheitswesen“ nach § 3 
Abs. 4 MPAV als eingeschlossen zu betrachten seien. Dies ist zum Beispiel in Thüringen, Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz der Fall. Diese Meinung teilen allerdings nicht alle Landesministerien. 



Marius Penzel, Apotheker
redaktion@daz.online


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