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26. März 2021
Bereit fürs E-Rezept? Laut ABDA sind bereits drei von vier Apotheken an die Telematik-Infrastruktur angeschlossen. Mein liebes Tagebuch, das sieht so schlecht nicht aus. Nur zur Erinnerung: Am 1. Juli soll das E-Rezept bundesweit eingeführt werden, zunächst zur freiwilligen Nutzung. Und mit dem Jahreswechsel wird’s dann Pflicht. Ein paar Monate haben die restlichen Apotheken also noch, sich mit der Datenautobahn anzufreunden und sich verbinden zu lassen. Der Deutsche Apothekerverband zeigt sich optimistisch: „Wenn zum 1. Juli 2021 das E-Rezept eingeführt wird, dürften alle Betriebe ausgestattet und in der Lage sein, elektronische Verordnungen zu verarbeiten.“ Fein, und werden dann ab 1. Juli die E-Rezepte schon en masse in den Apotheken ankommen? Gemach, mein liebes Tagebuch, die Primärsysteme der Ärzte werden wohl erst zum Jahreswechsel fit für die elektronischen Verordnungen sein, sagt Ralf König, der im Health Innovation Hub (hih) des Bundesgesundheitsministeriums Jens Spahn (CDU) bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens berät. Und außerdem, mein liebes Tagebuch, für die Ärzte bringt es derzeit und im Juli noch keine Vorteile, wenn sie ein elektronisches Rezept ausstellen. Die ersten E-Rezepte werden anfangs vermutlich zu 90 Prozent als Papierausdruck in den Apotheken landen. Und dann fehlen noch die NFC-fähigen Gesundheitskarten, die die Versicherten von ihren Krankenkassen erhalten sollen – erst mit diesen neuen Karten werden die Versicherten die Gematik-App nutzen können. Das Fazit: Das E-Rezept ist auf dem Weg, aber es gibt noch ein paar Steigungen. Gut Ding braucht Weile, oder?
Im vorliegenden Referentenentwurf zur Coronavirus-Impfverordnung fehlen noch die konkreten Ideen, welche Vergütung die Apotheken für das Handling, die Beschaffung und die Auslieferung der Covid-19-Impfstoffe an die Arztpraxen erhalten sollen. In einer Stellungnahme zum Referentenentwurf regt die ABDA u. a. eine Vergütung nach Dosis statt nach Durchstechflasche (Vial) an. Ist das sinnvoll? Was ist eindeutiger zu rechnen, Vials oder Dosen? Andererseits, wenn die Ärzte bei der Apotheke eine bestimmte Anzahl von Dosen bestellen, wäre das durchaus eine Bezugsgröße. Zur konkreten Höhe der Vergütung äußert sich aber auch die ABDA nicht in ihrer Stellungnahme, sie verweist da nur auf „dem BMG vorliegende Ausführungen“. Man wird also noch warten müssen, um konkrete Zahlen zu lesen.
Eine kleine Verwirrung gab’s zu der Frage, wer denn für die Rekonstitution des Biontech-Impfstoffs (Auftauen, mit Kochsalzlösung verdünnen und Einmalspritzen aufziehen) zuständig sei: die Apotheke oder die Arztpraxis? Die „Berliner Morgenpost“ schrieb in einem Beitrag, dies sei Aufgabe der Apotheken. Nein, mein liebes Tagebuch, das ist Kokolores. Es wäre vollkommen unlogisch auch im Ablauf der Impfstoff-Bereitstellung, wenn das die Aufgabe der Apotheke wäre. Die Rekonstitution ist Aufgabe der Arztpraxis. Zur Beruhigung: Davon gehen auch die ABDA und Kassenärztliche Bundesvereinigung aus.
Ist schon echt cool, welche Kreise die Maskenaffäre zieht. Sie sorgte bereits dafür, dass einige Unionspolitiker ihren Hut nehmen mussten, weil extreme Vermittlungsprovisionen für die Maskendeals zu verlockend waren. Dann sorgte der Masken-Bohei mittelbar für strengere Compliance-Regelungen für die Abgeordneten, denen sich nun auch die CDU/CSU nicht verschließen kann. Und nicht zuletzt brachten solche Vorgänge Rekordverluste für die Union – in der letzten Sonntagsfrage lag sie bei nur noch 28 Prozent.
Jetzt räumt Jens Spahn im Spiegel-Gespräch ein, dass ihm Max Müller, ehemaliger Chief Strategy Officer bei DocMorris, Masken angeboten habe – und zwar von der Firma Centropharm, die ebenso wie der Versandhändler und ehemalige Arbeitgeber Müllers ein Tochterunternehmen der Zur Rose-Gruppe ist. Mein liebes Tagebuch, wir erinnern uns: Max Müller und Jens Spahn kennen sich gut, sie hatten vor einigen Jahren die Politik-Beratungsagentur „Politas“ gegründet. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass Spahn im letzten Frühjahr auch Masken bei der Burda GmbH gekauft haben soll, wo sein Ehemann Daniel Funke arbeitet – wobei dieser weder darüber informiert noch in dieses Geschäft involviert gewesen sein soll, wie Spahn deutlich macht. Auf die Frage des Spiegel, ob er hier mögliche Interessenkonflikte sehe, wenn ein Ministerium für Steuergeld Masken bei Freunden des Ministers bestellt oder beim Vorgesetzten von dessen Ehemann, sagte Spahn: „Wir waren in einer Notlage. Für mich zählte nur, dass wir gute Masken zu akzeptablen Konditionen bekommen haben, und zwar schnell. Eins ist mir dabei wichtig: Es ging nie um Provisionen!“ Und er sagt im Interview auch so schöne Sätze wie: „Bei den Masken war es ein paar Wochen lang Wildwest“ und „ Ich musste in dieser Zeit feststellen, dass es wesentlich besser funktioniert, wenn das Angebot von jemandem kommt, den man kennt und schätzen kann“ und „Jeder wird gleich behandelt, auch wenn der Papst anruft“. Wie wir wissen, haben einige angerufen, aber der Papst war nicht dabei. Und dennoch, mein liebes Tagebuch, auch wenn der Ausnahmezustand laut Spahn das wesentliche Merkmal der Pandemie ist und „wir alle Fehler machen“, Irgendwie bleibt was da von Regieren by Kumpanei.
8 Kommentare
E Rezept
von Karl Friedrich Müller am 28.03.2021 um 15:35 Uhr
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AW: E Rezept und anderer E-Kokolores
von Bernd Jas am 28.03.2021 um 19:58 Uhr
Provisionen
von Radman am 28.03.2021 um 15:06 Uhr
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AW: Provisionen
von Conny am 28.03.2021 um 16:44 Uhr
AW: Provisionen
von Peter Hahn am 28.03.2021 um 17:59 Uhr
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von Anita Peter am 28.03.2021 um 13:57 Uhr
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20
von Gert Müller am 28.03.2021 um 8:55 Uhr
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AW: 20
von Karl Friedrich Müller am 28.03.2021 um 10:44 Uhr
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