SARS-CoV-2-Mutationen

Die Killerzellen des Körpers überlisten

Remagen - 31.03.2021, 07:00 Uhr

Die derzeitigen SARS-CoV-2-Impfstoffe zielen überwiegend nur auf eines der zahlreichen Virusproteine ab, nämlich das Spike-Protein. Ist dieses durch Mutationen verändert, bleibt die Immunantwort durch T-Killerzellen aus. (Foto: Design Cells / stock.adobe.com)

Die derzeitigen SARS-CoV-2-Impfstoffe zielen überwiegend nur auf eines der zahlreichen Virusproteine ab, nämlich das Spike-Protein. Ist dieses durch Mutationen verändert, bleibt die Immunantwort durch T-Killerzellen aus. (Foto: Design Cells / stock.adobe.com)


Bei der Immunabwehr von SARS-CoV-2 spielen neben den Antikörpern auch die T-Killerzellen eine bedeutende Rolle. Sie finden und töten Wirtszellen, die mit dem Virus infiziert sind. Mutationen des SARS-CoV-2-Virus können dazu führen, dass die zytotoxischen Zellen diese nicht mehr erkennen können. Das hat ein Forscherteam aus Wien herausgefunden.

Bei der Immunantwort des Menschen auf SARS-CoV-2 spielen zwei Protagonisten eine zentrale Rolle: Antikörper und T-Killerzellen. Während Antikörper direkt an den Viren andocken, erkennen die zu den Lymphozyten gehörenden T-Killerzellen (CD8+-T-Zellen) infizierte Wirtszellen und töten sie anschließend ab, um die Virusproduktion zu stoppen.

Infektion einer menschlichen Zelle mit dem Coronavirus und Immunantwort (nach Callaway E. The race for coronavirus vaccines: a graphical guide. Nature 2020;580:576-577)

Die Rolle der T-Zell-Epitope

Hierfür müssen die zytotoxischen Zellen diese aber erst einmal erkennen. Wenn ein Virus eine Zelle befällt, beginnt es, Proteinfragmente (Antigene) auszubilden. Einige dieser Peptide werden durch sogenannte MHC-Klasse-I-Moleküle an die Zelloberfläche getragen und den T-Zell-Rezeptoren präsentiert. Die virusspezifischen T-Zell-Epitope signalisieren, dass eine Zelle von einem Virus befallen ist, und ermöglichen es der T-Killerzelle so, sie abzutöten.

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Nach neueren Erkenntnissen kann SARS-CoV-2 die Antikörper-Immunantwort durch Mutationen umgehen und damit auch die Wirksamkeit von Impfstoffen beeinträchtigen. Wie solche Mutationen sich auf die Funktion der T-Killerzellen auswirken, war bisher nicht geklärt. Wissenschaftler des CeMM-Forschungszentrums für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Medizinischen Universität Wien haben den Einfluss von Virusmutationen in den T-Zell-Epitopen näher untersucht. Die Ergebnisse der Forschungsgruppen von Andreas Bergthaler (CeMM), Judith Aberle und Johannes Huppa (beide Medizinische Universität Wien) wurden in der Zeitschrift Science Immunology veröffentlicht.

Fokus auf Spike-Protein möglicherweise zu eng

Um herauszufinden, ob SARS-CoV-2-Mutationen die Immunantwort durch T-Killerzellen umgehen können, sequenzierten sie 750 SARS-CoV-2 Virusgenome von Infizierten und analysierten Mutationen auf ihr Potenzial, T-Zell-Epitope zu verändern. „Unsere Ergebnisse belegen, dass viele Mutationen in SARS-CoV-2 tatsächlich dazu in der Lage sind“, erklärt Andreas Bergthaler. „Mithilfe bioinformatischer und biochemischer Untersuchungen sowie Laborexperimenten mit Blutzellen von COVID-19-Patienten konnten wir zeigen, dass mutierte Viren von T-Killerzellen an dieser Stelle nicht mehr erkannt werden können.“

Bei den meisten natürlichen Infektionen stehen den T-Killerzellen mehrere Epitope für die Erkennung zur Verfügung. Mutiert das Virus an einer Stelle, so weisen wahrscheinlich andere Epitope auf sein Vorhandensein hin. Die derzeitigen SARS-CoV-2-Impfstoffe zielen jedoch überwiegend nur auf eines der zahlreichen Virusproteine ab, nämlich das Spike-Protein. Dies vermindert auch die Anzahl der Epitope, die den T-Killerzellen für die Erkennung zur Verfügung stehen. „Das Spike-Protein hat bei einer infizierten Person durchschnittlich ein bis sechs dieser T-Zell-Epitope“, erklärt Johannes Huppa, der an der Medizinischen Universität Wien molekulare Immunologie lehrt. „Wenn das Virus in einer dieser Regionen mutiert, steigt das Risiko, dass die infizierten Zellen von den T-Killer-Zellen nicht erkannt werden.“

Bedeutung für zukünftige Impfstoffentwicklung

„Insbesondere für die Weiterentwicklung von Impfstoffen müssen wir daher genau beobachten, wie das Virus mutiert und welche Mutationen weltweit vorherrschen“, ergänzt die Virologin Judith Aberle. Derzeit gebe es allerdings nur wenige Hinweise darauf, dass sich Mutationen in T-Killerzell-Epitopen zunehmend ausbreiten. Im Übrigen sehen die Autoren der Studie nach ihren Daten keinen Grund zu der Annahme, dass SARS-CoV-2 die menschliche Immunantwort vollständig umgehen kann. Das neue Wissen hilft aus ihrer Sicht jedoch bei der Entwicklung wirksamerer Impfstoffe mit dem Ziel, neben einem breiten Antikörper-Schutz so viele T-Killerzellen wie möglich über eine Vielzahl von verschiedenen Epitopen zu aktivieren. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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