Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

11.04.2021, 07:44 Uhr

Großhandel und Apotheken liefern, die Hausärzte impfen – so geht's endlich voran. (Foto: Alex Schelbert)

Großhandel und Apotheken liefern, die Hausärzte impfen – so geht's endlich voran. (Foto: Alex Schelbert)


8. April 2021

Mein liebes Tagebuch, irgendwann geht unser Land an seiner Bürokratie zugrunde. Die ausgelaufenen Sonderregeln zur Herstellung von Händedesinfektionsmitteln sind für mich ein herausragendes Beispiel dafür, dass dies so kommen wird. Was da derzeit abläuft, muss man sich mal verinnerlichen: Als vor einem Jahr die Desinfektionsmittel in Deutschland knapp wurden, sprangen die Apotheken ein. Mit einer Sondergenehmigung der Bundesstelle für Chemikalien (angesiedelt bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin – BAuA) durften Apotheken in ihren Betrieben zunächst befristet bis September 2020 und dann verlängert bis Anfang April 2021 Desinfektionsmittel herstellen. Doch damit ist jetzt Schluss. Laut BAuA hat sich die Situation entspannt, es gebe wieder genug hygienische Händedesinfektion auf dem Markt. Für Apotheken bedeutet das: Sie dürfen nicht mehr ohne weiteres Händedesinfektionsmittel herstellen. Wenn eine Apotheke dies weiter tun möchte, muss sie u. a. das nach der Biozid-Meldeverordnung melden, ebenso dem Bundesinstitut für Risikobewertung für die Giftinformationsdatenbank melden und Art. 95 der Biozid-Verordnung erfüllen – und zahlen. Krass, oder? Ja, mein liebes Tagebuch, so ein hochkomplexes Präparat wie ein Händedesinfektionsmittel aus verdünntem 2-Propanol hat es einfach in sich – da lässt sich die deutsche Regelungswut so richtig gut ausleben. Und was ist mit den Händedesinfektionsmitteln, die während der Ausnahmeregelung hergestellt und noch im Apothekenregal stehen? Dürfen sie abverkauft werden? Um Himmelswillen nein! Die BAuA erlaubt keinen weiteren Abverkauf dieser 2-Propanol-Produkte. Nur Desinfektionsmittel auf der Basis von Ethanol (hergestellt auf Grundlage der geltenden Übergangsregelungen) dürfen (sofern die weiteren Voraussetzungen für die Verkehrsfähigkeit unter den Übergangsvorschriften wie z. B. die Meldung nach der Biozidmeldeverordnung und die Konformität mit den Vorgaben der EU-Biozidverordnung eingehalten werden) noch aufgebraucht werden. Also, was bleibt da zu tun? Entweder die noch übrig gebliebenen selbst hergestellten 2-Propanol entsorgen oder den Bürokratieweg gehen, und die Genehmigungen entsprechend der Biozidverordnung beantragen und bezahlen. Mein liebes Tagebuch, vielleicht sollten wir den Antrag stellen, diese Produkte in Zukunft nur noch im BtM-Schrank aufzubewahren.

 

Dabei wäre es doch wichtig, unseren Apothekenkunden auch weiterhin Händesdesinfektionsmittel anbieten zu können. Dazu passt eine Meldung, wonach beispielsweise Hautärzte empfehlen, die Hände eher ein bisschen weniger mit Wasser und Seife zu traktieren, da dies das Risiko für Handekzeme erhöht. Die Hautärzte plädieren stattdessen dafür, lieber zu Desinfektionsmitteln zu greifen und die Hände anschließend einzucremen. Also, gegen Viren lieber alkoholische Desinfektionsmittel statt Waschen mit Seife. Mein liebes Tagebuch, wenn wir Apothekers also unseren Kunden selbst hergestellte Händedesinfektionsmittel anbieten wollen, wird kein Weg an der Bürokratie und der Biozid-Meldeverordnung vorbeiführen.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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2 Kommentare

Bürokratie und anderer Wahnsinn

von Peter Riese am 11.04.2021 um 12:30 Uhr

Wegen der Impfungen und der ständigen und allgegenwärtigen Benutzung von (ein Glück nicht mehr in Apotheken hergestellten) Desinfektionsmitteln droht dem Corona-Virus die Ausrottung. Es muss daher dringend auf die rote Liste der gefährdeten Arten gesetzt werden.

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10. April: Wo bleibt eigentlich....

von Gunnar Müller, Detmold am 11.04.2021 um 11:28 Uhr

… Das „exklusive“ Interview über die ersten 100 Tage unserer neuen Apothekenprinzessin in der ABDA-Echokammer?

Ist doch eine „tolle“ Bilanz:
- Apotheken werden von einem Tag auf den anderen zu Maskenausgabestellen, retten der Politik mal kurz den A.... - und finden sich postwendend einem Kosten-Bashing ausgesetzt,
- ApothekerInnen werden mir nichts - dir nichts pharmazeutische LeiterInnen in Impfzentren (weil nur „wir“ das richtig können...),
- Bringen auf die Schnelle die von der Politik lange angekündigten („kostenlosen“) Selbsttests unters Volk, obwohl keine verfügbar sind,
- Bauen aus dem Stand Zelte vor ihren Apotheken auf, ziehen sich Schutzanzüge an und sichern der Bevölkerung den anstehenden Einkaufs- oder Kosmetik-Termin, indem sie sich ins Schnelltestgeschehen werfen,
- Leiten schnell mal die Wahnsinnsmengen von 3-5 BioNTech-Vials an die Ärzte durch, um das Impfwesen in Deutschland zu retten
- Und befolgen dabei seitenlange SOPs und Eil-Verordnungen samt der erklärenden Texte ihrer Standesvertretungen,
- während sie am Telefon und am HV-Tisch der Bevölkerung Rede und Antwort stehen und stundenlang die Pandemie mit all ihren Fragestellungen erklären, weil die Telefone der Arztpraxen und die Politik wegen Überlastung nicht zur Verfügung stehen -
nett flankiert von einer bei MoMA und Bundespressekonferenz unentwegt kopfnickenden Präsidentin...

Wo bleibt also das erste-100 Tage-„Gabi“-Interview?

Für Lobhudeleien wäre doch genügend Anlass...

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