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9. April 2021
Die Politik hat auf die AvP-Insolvenz reagiert. Mit dem Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz (GVWG) möchte der Gesetzgeber eine Treuhandkonten-Pflicht für Apothekenrechenzentren einführen. Aber reicht das? Ist damit die Gefahr gebannt, dass Rechenzentren pleite gehen und Apotheken die Zeche zahlen? Die ABDA jedenfalls begrüßt den Plan der Regierung, eine Treuhandkonten-Pflicht für Apothekenrechenzentren einzuführen, wie aus einer ABDA-Stellungnahme zu den Änderungsanträgen von Union und SPD zum GVWG hervorgeht. Sie nennt zwar den Pferdefuß, dass so eine Treuhandkonten-Pflicht die Finanzierungskosten der Apotheken voraussichtlich erhöhen wird, die Rezeptabrechnung also teurer wird. Aber das war’s dann auch schon, so richtig eingehend befasst sich unsere Berufsvertretung wohl nicht mit diesem Thema, wie auch DAZ-Chefredakteur Armin Edalat in seinem Kommentar ausführt: „Sie nickt nur ab und verpasst damit die Chance, die Apotheken tatsächlich und nachhaltig vor möglichen Pleiten sowie Betrügereien bei Finanzdienstleistern in Zukunft zu schützen.“ Auch Werner Dick vom Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren sieht die Einführung einer Treuhandkonten-Pflicht skeptisch. Mit Blick auf den organisatorischen Aufwand sei die Einführung offener Konten „absolut unrealistisch“, meint er. Auch Juristen haben Zweifel, ob die Pflicht zur Abrechnung über Treuhandkonten ein Problem wie bei der AvP-Insolvenz hätte verhindern können. Mein liebes Tagebuch, findet sich da wirklich keine andere Möglichkeit als die Abrechnung über teure Treuhandkonten, die vermutlich auch nicht die endgültige Sicherheit bringen? Warum befasst sich die ABDA, der Deutsche Apothekerverband nicht intensiver mit diesem Thema? Letztlich geht es um den Aufbau einer zukunftsfähigen und vor allem sicheren Infrastruktur und dies im Zeitalter von hochpreisigen Therapien und dem kommenden E-Rezept. Da lassen sich doch andere Wege finden. Vielleicht könnte ein Weg in der digitalen Direktabrechnung der Apotheken mit den Krankenkassen liegen?
Wo die ABDA dagegen besser hinschaut, ist das geplante Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege. Sie kritisiert den Regierungsentwurf vor allem in dem Punkt, der sich mit den Weiterleitungsmöglichkeiten von E-Rezeptdaten an Anbieter außerhalb der Telematikinfrastruktur befasst. Mein liebes Tagebuch, hier fordert die ABDA zurecht eine klarstellende Ergänzung beim bereits bestehenden Zuweisungs- und Makelverbot. Es darf keine Übergabe von Rezeptschlüsseln und -daten an Anbieter außerhalb der Telematikinfrastruktur vor der Belieferung des E-Rezepts in der Apotheke geben. Die ABDA fordert daher, in den Gesetzentwurf folgenden Passus einzufügen: „Die Nutzung der Verordnungsdaten durch Drittanbieter vor der Erbringung der Leistungen nach § 31 ist nicht zulässig.“ Außerdem möchte die ABDA eine Änderung des §11 Absatz 1 Apothekengesetz, in dem unter anderem das Verbot der (E-)Rezeptzuweisung verankert ist. Auch hier müsse ausdrücklich auch der E-Token des E-Rezepts als vom Zuweisungsverbot erfasst genannt werden. Richtig, mein liebes Tagebuch, das Zuweisungs- und Makelverbot muss absolut wasserfest werden, da darf es keine Schlupflöcher geben.
Die Kooperation des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) mit Google war kein guter Deal. Wir erinnern uns: Die Idee des BMG war es, die Informationen seines nationalen Gesundheitsportals gesund.bund.de – angepriesen als „unabhängig, wissenschaftlich belegt und leicht verständlich“ – bei der Google-Suche nach Krankheiten oder Symptomen immer an prominenter Stelle zu zeigen, also von den hinteren Plätzen nach vorne zu bringen. Doch da hatte das BMG nicht mit der Kritik derjenigen Anbieter gerechnet, die schon lange seriöse und fundierte Gesundheitsinfos im Netz anbieten und die sich durch diese Zusammenarbeit von Google und BMG im Wettbewerb benachteiligt fühlten. Sie sahen die Pressefreiheit in Gefahr. Zum Beispiel Hubert Burda Media und sein Tochterunternehmen netdoktor.de: Das Verlagshaus zog gegen das BMG vor Gericht und bekam Recht. Die Zusammenarbeit von BMG und Google wurde für kartellrechtswidrig befunden. Google wollte das zunächst nicht akzeptieren, besann sich dann aber eines Besseren: Das BMG werde keine Berufung einreichen, hieß es von Google, die Inhalte von gesund.bund.de werden nicht mehr prominent in den sog. Health Condition Knowledge Panels platziert. Mein liebes Tagebuch, ein Sieg für die Pressefreiheit. Das zeigt aber auch: Man muss solche Netz-Aktivitäten immer im Auge haben – und man muss sich wehren.
2 Kommentare
Bürokratie und anderer Wahnsinn
von Peter Riese am 11.04.2021 um 12:30 Uhr
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10. April: Wo bleibt eigentlich....
von Gunnar Müller, Detmold am 11.04.2021 um 11:28 Uhr
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