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Misoprostol in der Frauenheilkunde
Cytotec ist weg – was bleibt?
Keine Versorgungslücke laut BfArM – was bleibt?
Misoprostol ist laut Leitlinie das wirksamste Medikament zur Geburtseinleitung bei einem unreifen Zervixbefund. Sowohl die Schilderungen der DGGG als auch des BfArM lassen in dieser Indikation durch den Wegfall von Cytotec® aber keinen Mangel befürchten.
Bei Blutungen und Fehlgeburten sieht das laut DGGG aber anders aus. „Für diese Indikationen gibt es keinen adäquaten Ersatz, wenn Cytotec® nicht mehr zur Verfügung stünde.“ Aus dem Gespräch von DAZ.online mit der DGGG ebenso wie aus der Lauer-Taxe geht hervor, dass Sulproston in Nalador® zwar bei postpartaler Blutung zum Einsatz kommen kann. Allerdings, laut DGGG, in erster Linie zur Therapie und nicht zur Prophylaxe. Längerfristig sei Misoprostol effizienter. Auch zur Aborteinleitung habe man früher Nalador® gespritzt, dabei seien aber die Nebenwirkungen erheblich – unabhängig von der fehlenden Möglichkeit einer ambulanten Versorgung.
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Seit 2019 ist in der Lauer-Taxe auch das Präparat MisoOne® gelistet. Es handelt sich um Tabletten, die 0,4 mg Misoprostol enthalten. Indiziert sind sie für den medikamentösen Abbruch einer frühen intrauterinen Schwangerschaft, nach der Gabe von Mifepriston, bis zum 49. Tag der Amenorrhoe.
In der aktuellen Leitlinie zur Geburtseinleitung heißt es im Abschnitt „Abortinduktion im 1. Trimenon/Geburtseinleitung bei intrauterinem Fruchttod“, dass wenn sich die Patientin für ein medikamentöses Vorgehen entscheidet, ein sequentielles Vorgehen mit der Gabe von 200 mg Mifepriston gefolgt von der vaginalen Applikation von 800 µg Misoprostol gewählt werden sollte.
In der Leitlinie „Peripartale Blutungen, Diagnostik und Therapie“, die noch bis 31. März 2020 gültig war und sich derzeit in Überarbeitung befindet, heißt es, dass in der Klinik bei Vorliegen von Risikofaktoren Uterotonika (Oxytocin), Prostaglandine (z. B. Sulproston) und Misoprostol (Cytotec®, Off-Label-Use) bereitgestellt werden sollen. Für Misoprostol wird die Dosierung dort mit 800-1.000 µg Misoprostol rektal oder 600 µg oral angegeben. Dort steht aber auch, dass sich die Oxytocin-Infusion als First-Line-Therapie effektiver als die Misoprostolgabe erwiesen habe – bei weniger Nebenwirkungen. Bei vorausgegangener Uterotonika-Prophylaxe sei die Wirkung beider Medikamente jedoch gleich.
In einem Konsensbasierten Statement heißt es schließlich: „Misoprostol ist aufgrund seines verzögerten Wirkeintritts und der Verfügbarkeit besserer und zugelassener Alternativen nicht zur Therapie der anhaltenden PPH geeignet.“ Allerdings ist man sich auch einig, dass es sich bei einer postpartalen Uterusatonie und Uterushämorrhagie um ein lebensbedrohliches Krankheitsbild und „eine vitale Indikation für die Gabe von Misoprostol handelt, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen, bis eine geburtshilflichgynäkologische Versorgung gewährleistet ist“. Nebenwirkungen und Kontraindikationen seien in dieser Situation zu relativieren.
Zum Thema Prävention heißt es in der Leitlinie „Peripartale Blutungen, Diagnostik und Therapie“, dass durch aktive Leitung der Nachgeburtsperiode eine rasche Plazentalösung den postpartalen Blutverlust verringern soll. Bei abwartendem Vorgehen steige nachweislich die Wahrscheinlichkeit für einen postpartalen Blutverlust. Die entscheidende Maßnahme ist demnach die prophylaktische Gabe von Oxytocin i.v. oder als Kurzinfusion, nach Geburt der vorderen Schulter oder nach der Geburt des Kindes. Der Einsatz kontraktionsfördernder Medikamente in der Plazentarperiode verhindere circa 50 - 70 Prozent der verstärkten postpartalen Blutungen und reduziere die Notwendigkeit der therapeutischen Anwendung von Uterotonika um circa 50 Prozent.
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Zur Frage möglicher Therapiealternativen wies das BfArM gegenüber DAZ.online darauf hin, dass es in den Bereichen Uterusatonie/postpartale Blutungen und Behandlung von Fehlgeburten zugelassene Arzneimittel gebe. Die Therapiesituationen könnten – „abhängig von Schwere, Vorbehandlung, ggf. auch chirurgischen Therapiealternativen etc.“ – aber sehr unterschiedlich sein. Vor diesem Hintergrund seien pauschale Therapieempfehlungen bzw. vergleichende Einschätzungen „i.d.R. meist nicht sinnvoll möglich“. Das BfArM verweist zudem insbesondere auf die Schwierigkeiten, die beim Vergleich zugelassener mit in Off-Label-Use angewendeten Arzneimitteln auftreten (Stichpunkt: behördlich geprüftes und bestätigtes positives Nutzen-Risiko-Verhältnis).
Insgesamt 16 Organisationen haben sich nun in einem offenen Brief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und den Präsidenten des BfArM, Professor Karl Broich, gewandt. Die Forderung darin lautet, die Versorgung der Frauen in Deutschland mit Misoprostol in den jeweils benötigten Dosierungen zu gewährleisten und den erschwerten Zugang zu Cytotec® zurückzunehmen.
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