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Kleine Anfrage an die Bundesregierung
FDP wünscht mehr Auskünfte zu Sputnik V
Im August 2020 hat Russland den weltweit ersten COVID-19-Impfstoff zugelassen. Auch wenn die Impfquoten in Russland noch gering sind und es auch um die Datenlage nicht zum Besten steht, wird „Sputnik V“ bereits in zahlreichen Staaten verimpft. In Europa befindet sich die Vakzine in einem Rolling-Review-Verfahren bei der EMA. Die FDP-Bundestagsfraktion hat nun bei der Bundesregierung nachgefragt, wie sie den russischen Impfstoff bewertet und was sie überhaupt über ihn weiß. Die Antworten stellen den Abgeordneten Andrew Ullmann allerdings nicht zufrieden.
Sputnik V wurde am staatlichen Gamaleja-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau entwickelt. Obwohl die Vakzine bereits im vergangenen Sommer die Zulassung in Russland erhielt, ist die Impfquote dort vergleichsweise bescheiden. Lange beklagte man hierzulande eine mangelnde Transparenz mit Blick auf die Studiendaten. Bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) ist erst Anfang März das Rolling-Review-Verfahren angelaufen. Doch Sputnik V ist russischen Angaben zufolge bereits in mehr als 60 Ländern zugelassen – und mittlerweile gibt es auch eine im „The Lancet“ veröffentlichte Studie, die dem Impfstoff gute Wirksamkeit und Verträglichkeit attestiert.
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Kürzlich sorgten einige Länderchefs für Aufsehen: Markus Söder (CSU) unterzeichnete im April einen Vorvertrag, der seinem Bundesland ein Sputnik V-Kontingent sichern soll – und die Vakzine soll auch direkt in Bayern hergestellt werden. Auch die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), setzt auf Sputnik V. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wiederum kündigte im April bilaterale Gespräche mit Russland über eventuelle Sputnik-Lieferungen an. Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut, Thomas Mertens, äußerte im vergangenen März in einem Interview: „Das ist ein guter Impfstoff, der vermutlich auch irgendwann in der EU zugelassen wird. Die russischen Forscher sind sehr erfahren mit Impfungen. Sputnik V ist clever gebaut“.
Nun hat sich die FDP-Bundestagsfraktion mit einer Kleinen Anfrage rund um die russische Vakzine an die Bundesregierung gewandt. Unter anderem wollte sie grundsätzlich wissen, wie diese Sputnik V bewertet. Dazu erklärt Sabine Weiss (CDU), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium (BMG), recht neutral, dass das Konzept aus einem heterologen „Prime-Boost Schema“ mit einer humanen Adenovirus-Vektor 26 basierten Impfstoffkomponente und einer humanen Adenovirus-Vektor 5 basierten Impfstoffkomponente bestehe. Die Adenovirus-Vektor 26-Plattform werde auch für den COVID-19-Impfstoff der Firma Johnson & Johnson genutzt. Die Verwendung bestimmter Adenoviren zur Impfstoffherstellung komme zudem beim COVID-19-Impfstoff von AstraZeneca und chinesischen Herstellern sowie bei zugelassenen Impfstoffen gegen Ebola zum Einsatz. Das Verfahren zu Spuntik V bei der EMA dauere derzeit noch an. „Ein Zeitplan für eine mögliche Erteilung der Zulassung durch die Europäische Kommission steht nach Kenntnis der Bundesregierung noch nicht fest“.
Vier Gespräche zwischen BMG und russischen Vertretern
Weiterhin fragten Liberalen, ob es Kontakte zwischen dem BMG und der russischen Botschaft beziehungsweise Vertretern der russischen Regierung bezüglich Sputnik V gab und ob es Bemühungen der Bundesregierung gebe, Produktionskapazitäten für Sputnik V in Deutschland aufzubauen. Hierzu führt Weiss aus, dass im vergangenen Quartal vier solcher Gespräche auf Leitungsebene des BMG mit Vertretern der Botschaft sowie mit dem russischen Gesundheitsministerium stattgefunden hätten. Auch führe die Bundesregierung derzeit Gespräche mit dem Russian Direct Investment Fund (RDIF) über eine mögliche Lieferung von Sputnik V für Deutschland. Weiss stellt aber erneut klar: „Voraussetzung für die Beschaffung und eine Zusammenarbeit bei der Herstellung ist eine Zulassung des Impfstoffs Sputnik V durch die EMA“. Was etwaige Produktionsstätten in Deutschland betrifft, verweist sie darauf, dass dies „regelmäßig eine unternehmerische Entscheidung“ sei. Die Staatssekretärin erklärt aber auch: „Die Bundesregierung bemüht sich grundsätzlich, alle Unternehmen, die Impfstoffe produzieren oder am Aufbau von Produktionskapazitäten für COVID-19-Impfstoffe beteiligt sind, zu unterstützen“.
Viele Fragen bleiben offen
Die FDP-Fraktion wollte überdies wissen, ob die Bundesregierung Kontakt zum russischen Staat beziehungsweise zu russischen Forschern aufgenommen habe, die an der Entwicklung beteiligt waren, um weitere Daten aus klinischen Studien von Sputnik V zu erhalten. Dazu erklärt Weiss, dass die Beratungsgespräche des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) auch einen wissenschaftlichen Austausch umfassten. „Es liegt aber in der Verantwortung des Herstellers als Antragssteller einer Zulassung, die notwendigen Daten einzureichen“.
Weiterhin geht aus den Antworten hervor, dass nach Kenntnis der Bundesregierung auf europäischer Ebene keine (Vor-)Verhandlungen zur Sicherung von Kontingenten mit Sputnik V stattgefunden haben. Ebenso wenig weiß sie Genaueres über die Produktionsstandorte von Sputnik V.
Auch einige sehr spezifische Fragen der FDP-Fraktion vermag Weiss nicht zu beantworten: So hat sie keine über die Medienberichte hinausgehenden Informationen, woran es liegt, dass die russische Impfkampagne so langsam voranschreitet. Sie weiß auch nicht, welche Impfstoffe sonst noch in Russland gegen COVID-19 zum Einsatz kommen. Ebenso wenig verfügt sie über gesicherten Daten zur von der FDP angefragten Exportmenge von Sputnik V.
Dagegen wird der Bundesregierung sicher bekannt sein, ob Sputnik V schon Beratungsgegenstand auf Ministerpräsidentenkonferenzen oder beim Impfgipfel von Bund und Länder war. Aber dazu erklärt Weiss nur: „Besprechungen zwischen Bund und Ländern sind vertraulich. Es können keine Angaben zum Beratungsgegenstand gemacht werden“.
Ullmann: Erstaunliches gewolltes Unwissen
Andrew Ullmann, Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss, überzeugen die Antworten nicht: „Das gewollte Unwissen ist erstaunlich. Die Bundesregierung weiß nichts über Sputnik V oder das schleppende Impfprogramm in Russland, was über Medienberichte hinausgeht. Trotzdem wollen sich Spahn und Söder öffentlichkeitswirksam Kontingente von Sputnik V sichern und entsprechende Produktionskapazitäten in Deutschland aufbauen. Sie sollten stattdessen von der russischen Regierung Daten und Auskünfte zu unseren Fragen verlangen. Wer kein Interesse an evidenzbasierter Medizin oder Politik hat, ist in der Gesundheitspolitik falsch. “
8 Kommentare
Sputnik V
von Bettina am 27.05.2021 um 14:10 Uhr
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Sputnik V in EU und Deutschland
von Andrea Kritzler am 18.05.2021 um 7:13 Uhr
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AW: Sputnik V in EU und Deutschland
von Hans-Ulrich Schneider am 19.05.2021 um 13:49 Uhr
Sputnik Impfstoff
von Eduard Sarach am 17.05.2021 um 17:07 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Sputnik Impfstoff
von Hans-Ulrich Schneider am 18.05.2021 um 18:47 Uhr
AW: Sputnik Impfstoff
von Zana P. am 18.05.2021 um 23:07 Uhr
Sputnik V
von Lozovskyy am 16.05.2021 um 17:00 Uhr
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Zulassung von Sputnik V
von Hans-Ulrich Schneider am 15.05.2021 um 12:12 Uhr
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