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16. Juni 2021
Mein liebes Tagebuch, irgendwie haben wir es schon erwartet: Es ist die übliche Spahnsche Masche, das gekürzte Maskenhonorar und die Coronatestvergütung lassen grüßen. Zuerst werden die Apotheken geködert, sie bauen notwendige Infrastrukuren auf und dann heißt es, danke und sorry, liebe Apotheken, aber eure Dienstleistungen sind mir doch zu teuer. Ministeriale Verlässlichkeit sieht anders aus. Und so verkauft er die nachträgliche Senkung des Honorars: Die höhere Vergütung zu Beginn sollte dazu dienen, die Anlaufkosten etwa für Schulungen, IT und Registrierung zu finanzieren, was auch gelungen sei. Mein liebes Tagebuch, was ist das für ein Umgang miteinander? Man kann sich dazu ein breites höhnisches Grinsen unseres Bundesgesundheitsministers so richtig vorstellen. Mein liebes Tagebuch, ob die Honorarkürzung von Anfang an geplant war? Oder geschah sie auf Druck und wird sie uns nun mit einer Anschubfinanzierung verkauft, die in eine Regelvergütung übergeht? Wie auch immer, wir werden nie erfahren, was hier wirklich gelaufen ist. Was wir allerdings sehen: Der Umgang des Ministeriums mit den Apotheken, die Wertschätzung der Arbeit von Apothekerinnen und Apothekern, PTA und PKA ist mehr als gering. Das zerstört Vertrauen!
So macht auch die ABDA ihrem Ärger über die geplante Absenkung des Honorars für die Ausstellung der Impfnachweise Luft: Die Apothekerinnen und Apotheker sind verärgert und verlieren Vertrauen in die Berliner Politik, lässt ABDA-Präsidentin Gabriele Overwiening den Bundesgesundheitsminister wissen. Und sie fügt hinzu, dass dadurch „die Bereitschaft sinkt, auch in Zukunft zusätzliche problemlösende Aufgaben zu übernehmen“. Mein liebes Tagebuch, die gekürzten Honorare sind das eine, aber was wirklich schmerzt, ist die Missachtung der Arbeit in den Apotheken – und dass wir (das passende Wort verkneife ich mir hier) für dumm verkauft werden.
Klaus Michels, Chef des.Apothekerverbands Westfalen-Lippe, ist mit der angekündigten Honorarkürzung das Fass übergelaufen. Schon jetzt sei unter den aktuellen Bedingungen das Ausstellen der Zertifikate für die Apotheken nicht wirtschaftlich. Unter den derzeitigen technischen Bedingungen erfordere jeder erfolgreich ausgestellte Impfnachweis ungefähr 30 Minuten, „dann sind 18 Euro schon eine Unverschämtheit“, so Michels, es sei an der Zeit, Spahn ein paar Takte zu sagen. Michels ist auch überzeugt: „Der Wahlkampf wird auf dem Rücken der Apotheken vor Ort und damit letztlich auch der Patienten ausgetragen.“ Auch Nordrheins Kammerpräsident Armin Hoffmann macht seiner Verärgerung über Spahns „Hüh und hott in vielen Bereichen“ Luft: „Das kann so nicht weitergehen, wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen.“ Und Holger Seyfahrt, Chef des Hessischen Apothekerverbands, nennt das Spahnsche Vorgehen „ungeheuerlich“. Alles richtig, mein liebes Tagebuch, fragt sich nur, ob es reicht, seinem Ärger nach innen Luft zu machen, und ob dieser Protest im BMG ankommt, ob Spahn ihn ernst nimmt. Auch ABDA-Präsidentin Overwiening nannte Spahns Vorstoß zwar eine „heftige Sache“ und kündigte an, dass sich die ABDA „deutlich dagegen positionieren“ werde. Und sie wolle noch ausloten, wie weit man gehen wolle: „Ich kann Spahn natürlich sagen: Wenn die Vergütung gekürzt wird, fordere ich die Apothekerschaft auf, keine digitalen Impfzertifikate mehr auszustellen.“ Ja, mein liebes Tagebuch, das könnte sie, aber ob sie es auch tut? Wohl kaum, es wäre in dieser Form auch nicht ratsam, denn – und da schwingt das perfide Vorgehen Spahns mit – in der Öffentlichkeit fiele so ein Ungehorsam auf uns Apothekers zurück: Apotheken zocken ab (Maskenpreise!), Apotheken sind Krisengewinnler mit Rekordumsätzen (unser Wirtschaftsbericht!) und wir stehen als die Raffkes da. Hat der Minister uns in der Hand? Mein liebes Tagebuch, nicht ganz, denn ganz so wehrlos sind wir doch nicht – unser Bundesgesundheitsminister ist nicht unumstritten, auch Spahn braucht Erfolge, zumal er den digitalen Impfpass so überschwenglich angekündigt hat. Und ihm dürfte schon klar sein: Ohne Apotheken wird das nichts, er braucht uns. Also, dann sollte die ABDA – ohne zu drohen – schon mal Tacheles mit ihm reden, Flötentöne hört er nicht. Und ganz klar, künftig nur noch 6 Euro fürs Zertifikatausstellen ist zu wenig – da muss ein Kompromiss her.
7 Kommentare
Honorarkürzung
von Stefan Meinhardt am 20.06.2021 um 23:25 Uhr
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von Anita Peter am 20.06.2021 um 16:49 Uhr
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Betriebswirtschaftliche Lösung?
von Christiane Patzelt am 20.06.2021 um 16:40 Uhr
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AW: Betriebswirtschaftliche Lösung
von Conny am 20.06.2021 um 17:35 Uhr
Preisfindung
von Lutz Engelen am 20.06.2021 um 15:00 Uhr
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Kein Boykott
von Radman am 20.06.2021 um 9:26 Uhr
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AW: Kein Boykott
von Karl Friedrich Müller am 20.06.2021 um 12:12 Uhr
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