- DAZ.online
- News
- Politik
- Arnold: „Vor Gericht ...
ABDA-Vizepräsident zum EuGH-Urteil 2016
Arnold: „Vor Gericht und auf hoher See …“
Überzeugten die Argumente nicht?
DAZ: In der Zeit vor dem Urteil herrschte ein gewisser Optimismus unter den Apothekerinnen und Apothekern, vor allem auch dadurch ausgelöst, weil die ABDA nicht davon ausging, dass die EuGH-Richter gegen den deutschen Gesetzgeber und damit gegen die geltende Gleichpreisigkeit entscheiden. Wurde die Kehrseite der Medaille denn Ihrer Meinung nach ausreichend betrachtet, oder hat man die eher ausgeklammert?
Arnold: Man beschäftigt sich immer mit beiden Varianten, die passieren können. Aber man wird vor einer Gerichtsentscheidung sicher nicht öffentlich diskutieren, was wäre, wenn es nicht so klappt, wie man sich das wünscht. Dieser von Ihnen beschriebene Optimismus war aber doch auch nicht völlig aus der Luft gegriffen! In Sachen „Fremdbesitzverbot“ und „Versandhandel“ hatte der EuGH in den Jahren zuvor stets in unserem Sinne entschieden. Daher sind wir davon ausgegangen, dass unsere Argumente stichhaltig sind und wir damit das Gericht überzeugen können.
Welche Argumente waren das?
Wir haben in Deutschland ein Apothekensystem, das auf einer absoluten Niederlassungsfreiheit beruht. Die Versicherten haben die freie Apothekenwahl, und die Industrie genießt bei der Festsetzung der Preise eine zumindest relative Freiheit. Um eine flächendeckende Versorgung zu garantieren und die Apotheken einem Qualitäts- und keinem Preiswettbewerb auszusetzen, sind feste Arzneimittelpreise bei verschreibungspflichtigen Medikamenten notwendig.
Aber vorgetragen wurde beim EuGH-Verfahren nur die Argumentation mit Nacht- und Notdiensten.
Weil die Nacht- und Notdienste ein Beispiel für die flächendeckende Versorgung sind. In den Schriftsätzen, die dem Gericht vorgelegt wurden, stand natürlich wesentlich mehr.
Halten Sie das rückblickend für prozesstaktisch sinnvoll, dass es in der mündlichen Verhandlung nur um die Notdienste ging?
Anhand der Notdienste zeigt sich die Rund-um-die-Uhr-Versorgung der Apotheken am besten, und diese wird über das System der einheitlichen Arzneimittelpreise bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln finanziert. Das sollten die meisten Menschen verstehen.
Aber beim EuGH-Verfahren war es offenbar so, dass das Gericht dieser Argumentation nicht folgen konnte. Die beteiligten Richter waren aus unterschiedlichen Ländern und fanden die deutsche Regelung nicht hinreichend begründet.
Es kommt auch auf die Sozialisation und die persönlichen Erfahrungen an. Wir haben in Europa viele verschiedene Apothekensysteme, die sich unterschiedlicher Regulierungswerkzeuge bedienen. Wenn jetzt ein Richter aus seinem Heimatstaat keine Arzneimittelpreisbindung kennt und zugleich keine Nachteile in der Versorgung wahrnimmt, dann hat er bei diesem Thema sicher eine andere Meinung als wir.
Wie sieht es mit Gutachten oder Studien aus?
Gutachten und Studien sind immer vorteilhaft, aber nur schwierig umzusetzen. Der Goldstandard wäre nämlich die Frage, wie es ohne das geforderte Regulierungsinstrument laufen würde. Dieses Szenario konnten wir vor dem EuGH-Urteil schlecht nachweisen, weil wir es in der Realität nicht ausprobieren konnten und wollten.
Die meisten Erfahrungen in gerichtlichen Auseinandersetzungen mit den EU-Versendern hat sicher die Apothekerkammer Nordrhein. Diese war aber im EuGH-Verfahren 2016 nicht beteiligt. Inwiefern hat man die Expertise dieser Standesorganisation eingebunden?
Die Argumentationsweisen haben wir damals alle zur Kenntnis genommen. Man sichtet das Material, aber zum Teil geht es dann um Verfahren, die schon sehr alt sind und nur schwer mit dem aktuellen Sachverhalt in Verbindung gebracht werden können. Beispielsweise können Gerichtsentscheidungen zu Werbung per Post nicht immer mit Urteilen zu digitalen Marketingmaßnahmen verglichen werden.
1 Kommentar
ABDA Arroganz
von Dieter Dosquet am 20.10.2021 um 11:53 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.