Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

24.10.2021, 07:30 Uhr

Die Woche der vielen Welten: Irre Welt, Traum-Welt, Neue Welt – Apothekers Welt. (Foto: Alex Schelbert)

Die Woche der vielen Welten: Irre Welt, Traum-Welt, Neue Welt – Apothekers Welt. (Foto: Alex Schelbert)


Apotheken dürfen zwar Betäubungsmittel und Medizin-Cannabis abgeben, aber wenn sie demnächst Trink- und Sondennahrung an Kassenpatienten liefern, müssen sie sich erst „präqualifizieren“, sonst läuft da nichts. Irre Welt! Sogar der Verkauf von Cannabis zum „Freizeitgebrauch“ könnte bald Apothekers Aufgabe sein – die drei Ampelmännchen können sich das vorstellen und für unsere ABDA ist das „grundsätzlich denkbar“. Welch schöne Welt! Vielleicht sollten wir uns auch mal Gedanken machen, wie wir mit Fahrradkurier-Start-ups umgehen, die für uns die Boten-Dienste machen wollen. Geht nicht, sagt die ABDA – und die Riders fahren doch. Neue Welt! Und wer noch nicht genug hat, denkt zurück an den schwarzen Tag vor fünf Jahren, als die Rx-Preisbildung fiel. Immerhin, wir haben ein Rx-Boni-Verbot. Apothekers Welt. 

18. Oktober 2021

Skonti und Rabatte – für uns Apothekers als Kaufleute waren und sind sie ein wichtiges Element bei der betriebswirtschaftlichen Führung unserer Apotheken, vor allem dann, wenn uns diese Preisnachlässe von unseren Großhändlern gewährt werden. Klar, je mehr desto besser, nur so arg viel Skonti und Rabatte darf’s von Rechts wegen nicht geben. Mein liebes Tagebuch, wir erinnern uns: Vor vier Jahren führte eine Entscheidung der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Streit um die Rabatte des Großhändlers AEP letztlich dazu, dass der Gesetzgeber 2019 eine Klarstellung zur Arzneimittelpreisverordnung (AMpreisV) mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz nachschob: Der Großhandel muss bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln an Apotheken auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU) 70 Cent und die Umsatzsteuer aufschlagen. Zusätzlich darf er auf den ApU „höchstens einen Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro“ erheben. Tja, klingt eigentlich ziemlich eindeutig, aber auch nur ziemlich, denn noch immer stand die Frage im Raum: Wie ist es eigentlich mit „echten“ Skonti, also Preisnachlässen, die der Großhändler der Apotheke gewährt für eine vorfristige oder fristgerechte Zahlung? Sind diese Skonti zusätzlich möglich, weil hier eine Gegenleistung der Apotheke gegenübersteht? Da gehen die Meinungen je nach Interessenslage auseinander. Die Wettbewerbszentrale will das erneut klären lassen. Sie klagte gegen einen Parallel- und Reimporteur, der den Apotheken ein Präparat mit einem so hohen Rabatt und Skonto anbot, dass der ApU plus Festzuschlag unterschritten wurde. Geht gar nicht, sagte die Wettbewerbszentrale. Das Landgericht Cottbus gab der Wettbewerbszentrale recht. Auf den Mindestpreis, der sich zusammensetzt aus ApU, dem Festzuschlag von 70 Cent und der Umsatzsteuer „dürfen weder Rabatte noch Skonti gewährt werden“, so das Gericht und erklärt auch, warum es dies so sieht: Letztlich gehe es auch darum, eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu sichern. Mit einem Preiskampf und einer Skontogewährung nur an Großabnehmer könnte zudem die Konkurrenzfähigkeit kleinerer Apotheken gefährdet werden. Mein liebes Tagebuch, das Ziel, das sich die Wettbewerbszentrale gesetzt hat, ist edel.

Aber mit solchen Rechtsstreitigkeiten sieht man mal wieder, wie schwer es ist, sich juristisch so eindeutig auszudrücken, dass es an Begriffen und Vorgängen wie Skonto- und Rabattgewährung nichts zu deuten gibt. Vermutlich ist mit dem Urteil des LG Cottbus noch nicht das letzte Wort gesprochen, das beklagte Unternehmen kann Berufung einlegen. Wir sind gespannt, ob Skonto und Rabatt noch in dieser Dekade geklärt werden können.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Ethik vs. Mammon

von Reinhard Herzog am 24.10.2021 um 11:33 Uhr

So ganz ohne ist das Geschäft mit "Genuss-Cannabis" nicht.
Ein wichtiger Punkt wäre übrigens die Packungsgröße.

Bei ~ 4.500 Einwohnern je Apotheke kann man perspektivisch von 1% bis 2% ausgehen, die als Cannabis-Stammkunden infrage kommen.

Dreimal die Woche eine Tüte je 1 Gramm macht ~ 150 Gramm "Gras" im Jahr. Monatsration also im Bereich von 10 Gramm bis 15 Gramm.

Schwarzmarktpreis heute um 10 € je Gramm. Das sollten wir nicht allzu stark überschreiten. Also ohne Mwst. diese 10 €, unser Preis dann 12 €/g brutto. Der EK lässt sich mehr oder weniger unter 5 € drücken, reale (und legale!) internationale Erzeugerpreise ohne kompletten bürokratischen Overkill liegen eher um 1 € bis 1,50 € je Gramm.

Selbst mit Zwischenhandel etc. sollten für die Apotheken 4 € bis 5 € je Gramm Rohertrag bleiben. Plus die Abgabegebühr von 8,76 € + Mwst. je Endpackung.

Eine o.a. Monatsration von z.B. 10 Gramm sollte um 100 € netto (119 € Kundenpreis) darstellbar sein. Je nach Ek sogar noch darunter. Rohertrag um 50 € oder noch etwas mehr.

Mal 40 bis 80 Kunden = 2.000 € bis 4.000 € Rohertrag monatlich (!) extra. So schlecht also nicht - wenn nicht wieder die Bürokratie- und Kontrollkeulen jede vernünftige Kalkulation zertrümmern ...

Da mit Sicherheit nicht alle Apotheken mitziehen würden, käme für die übrigen entsprechend mehr zusammen.

Alles im allem winkt da schon ein Rohertragspotenzial im höheren dreistelligen Millionenbereich p.a., möglicherweise gar in den Milliardenbereich hineinragend. Spätestens da dürfte es weitere "lizensierte" Konkurrenz geben ...

Über die ethische Komponente mag nun jeder selbst richten.

Nun ja, und zu den vielen "Start-ups":
Gerne Muskeln statt Intelligenz - anders kann man die hyperinflationäre Entwicklung bei Lieferdiensten jeglicher Couleur nicht mehr erklären. Stupid german money on tour ...

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Von mir aus präquilifizieren Alles, wenn

von Christiane Patzelt am 24.10.2021 um 11:07 Uhr

wenn der Versand nicht präqualifiziert ist. Wer weiß, ob die Logistiker aus NL ne Präquali haben..? Dann wäre dies ein geschmeidiger Wettbewerbsvorteil für uns...

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AW: Von mir aus präquilifizieren Alles,

von Karl Friedrich Müller am 24.10.2021 um 11:24 Uhr

Ich sag hier nur: siehe HBA für Versender.
Die werden doch gepampert ohne Ende. Eine Option, die (nur) uns hilft, wird es nie geben. Im Gegenteil.

Präquali

von Karl Friedrich Müller am 24.10.2021 um 9:25 Uhr

Die geforderten Kriterien wurden ja schon für die HiMi nachgewiesen.
Die Kriterien sind schon Bestandteil des normalen Apothekenbetriebs.
Die Kriterien sind im QMS überwacht.
Also warum sollte es notwendig sein, alles noch mal bestätigen zu müssen? Wie oft denn noch? Mehr ist es nicht, einfach eine Erklärung.
Diese übertriebene Schikane lässt nur eine Konsequenz zu: komplette Abschaffung der Präquali für Apotheken, auch wenn unseren Verbänden eine Einnahmequelle entgeht

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