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11. November 2021
Noch ist nichts entschieden, ja, noch gibt es die Ampelkoalition nicht und alles ist in statu nascendi. Aber wenn sie denn kommt, ist es gut möglich, dass mit ihr auch eine kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken auf uns zukommt. Und die könnte oder sollte dann über die Apotheke laufen. Die Diskussionen in Apothekers Kreisen laufen bereits auf Hochtouren, die Meinungen gehen weit auseinander. Ein Teil der Apothekers lehnt das kategorisch ab, ein anderer Teil kann sich die Abgabe von Cannabis zum Freizeit-Konsum in Apotheken durchaus vorstellen. Und klar, der Verband der Cannabis versorgenden Apotheken (VCA) ist überzeugt, dass Apotheken grundsätzlich in Sachen Beratung und Prävention am besten dafür gerüstet sind. Gut und schön, fragt sich nur, unter welchen Bedingungen und zu welchen Preisen. Denn eigentlich sollte die Freigabe doch auch dazu beitragen, den Schwarzmarkt auszutrocknen und dafür zu sorgen, dass die Drogenqualität sicherer ist als auf der Straße. Mein liebes Tagebuch, lassen wir mal die gesundheitlichen Gefahren und Auswirkungen des Cannabiskonsums außen vor, dann spricht natürlich einiges dafür, die Apotheke als das Drogenfachgeschäft auszuwählen: Da ist alles gut kontrolliert, da gibt’s Beratung und Prävention, so der Konsument dafür noch zugänglich ist. Und dennoch, es wird nicht jede Apotheke die Genussdroge Cannabis abgeben müssen oder wollen.
Die Berliner Apothekerin Melanie Dolfen, die schon seit mehreren Jahren Erfahrung mit der Abgabe von Medizinal-Cannabis hat, sieht eine Lösung darin, Cannabis für den Freizeitkonsum in separaten Apotheken-Stores zu verkaufen – das hätte auch den Vorteil, dass die Kundenströme getrennt bleiben: Der Cannabis-Genusskonsument neben dem schwer erkrankten Patienten in der Apotheke passt ja auch nicht wirklich.
Auf alle Fälle ist es gut, wenn wir Apothekers nun darüber diskutieren. Baden-Württembergs neuer Kammerpräsident Martin Braun ist überzeugt, dass das Thema Cannabis auf die Apotheken zukommt. Er rief seine Kolleginnen und Kollegen dazu auf, sich eine eigene Meinung dazu zu bilden. Mein liebes Tagebuch, da können wir ihm nur zustimmen, denn, mal flapsig formuliert, am Ende wird es die persönliche Entscheidung sein, ob man ins Drogengeschäft einsteigt oder nicht.
Prinzipiell positiv steht Martin Braun, Kammerpräsident von Baden-Württemberg, dem Impfen in der Apotheke gegenüber. Weltweit werde in Apotheken geimpft, sagte er auf der Kammerversammlung. Und dass Baden-Württemberg bei der Grippe-Impfquote bundesweit zu den Schlusslichtern gehört, „das müssen wir ändern“. Ja, mein liebes Tagebuch, kein Wunder, während im Kammerbereich Nordrhein schon seit vergangener Grippesaison in Apotheken im Rahmen von Modellprojekten geimpft wird, laufen die Grippeschutzimpfungen in „The Länd“, wie Ba-Wü mittlerweile in einer Imagekampagne heißt, erst in diesem Herbst an. Nun ja, besser als nie. Braun ist jedenfalls davon überzeugt: „Jede Apotheke wird irgendwann einmal impfen können.“ Mein liebes Tagebuch, das hoffen wir.
Die Digitalisierung stand in der Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern im Mittelpunkt. Axel Pudimat, Chef des Verbands, ließ durchblicken, dass er im seinem Innersten wohl nicht ein glühender Anhänger des E-Rezepts ist. Aber ja, die Gesellschaft will es und die Apotheken machen es. Allerdings sollten in jeder Apotheke Plakate hängen, dass hier E-Rezepte eingelöst werden – mein liebes Tagebuch, da können wir ihn nur unterstützen, da muss sich noch mehr tun. Keine Kundin, kein Kunde soll auch nur den geringsten Zweifel daran haben, dass seine Apotheke keine E-Rezepte einlöst. Beim Thema Plattform allerdings brennt Pudimat für das Apothekerportal und die apothekereigene Digitalgesellschaft GEDISA. Ein offenes Wort kam von ihm auch zum Thema Personalmangel und Gehälter: PTA-Gehälter knapp über dem Mindestlohn seien nicht attraktiv. Und zum Schluss, mein liebes Tagebuch, verriet er ein Detail aus den Verhandlungsrunden mit den Krankenkassen zu den Dienstleistungen, um sich mal eine Vorstellung darüber machen zu können, wieso diese Verhandlungen so schwierig sind und wo es klemmt: Die Krankenkassen haben vorgeschlagen, die pharmazeutische Betreuung nach einer Organtransplantation als pharmazeutische Dienstleistung einzuführen. Wenn alle Patienten, die in einem Jahr ein Organ transplantiert bekommen, dies wahrnehmen, hätte dies nach einer Rechnung von Pudimat bedeutet, dass etwa jede fünfte Apotheke eine Leistung pro Jahr erbringen könnte. Oh ja, mein liebes Tagebuch, angesichts solcher weltfremder Vorstellungen der Kassen kommen wir mit 150 Mio. Euro, die für Dienstleistungen insgesamt zur Verfügung stehen, wirklich nicht weit. Jetzt liegt’s an der Schiedsstelle, wie es weiter geht.
Der 11.11. ist gemeinhin mit närrischen Ereignissen verbunden, zum Beispiel dem Karnevalsbeginn. In diesem Jahr gesellt sich am 11.11. ein einmaliges Ereignis hinzu – ob und wie närrisch es wird, bleibt abzuwarten: Die Rede ist von der Gründung der neuen Digitalgesellschaft GEDISA, einer Tochtergesellschaft der Apothekerverbände, die das verbandseigene Online-Portal weiterentwickeln und betreiben soll. Auf der Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern stellte der ABDA-Abteilungsleiter für IT, Sören Friedrich, Einzelheiten dazu vor. Also, beim Verbändeportal sind insgesamt drei Plattformen geplant: für die Verbände selbst, für die Apotheken und für die Patienten. Sein relativ erfolgreiches Debut hatte das Portal bereits bei der Ausstellung der Impfzertifikate. 98 Prozent der Apotheken seien, so Friedrich dadurch schon an das Portal gebunden. Derzeit nutzten etwa 30.000 Endkunden pro Tag das Portal zur Apothekensuche. Aber dabei soll es nicht bleiben, das Portal wird noch aufgebohrt, da soll noch einiges neben den Impf-und Genesenen-Zertifikaten hinzu kommen, beispielsweise „News und Blogs“, Grippeimpfungen in Apotheken und die Anfragefunktion für Kunden. Und im nächsten Jahr soll’s dann eine Terminvergabefunktion geben und die Unterstützung für mögliche Beratungen als honorierte Dienstleistungen. Und alles soll systemneutral über den Browser erreichbar sein. Und was kostet das? Laut Friedrich kommen Kosten von weniger als 50 Euro pro Monat als „Zugang zur digitalen Zukunft“ auf die Apotheke zu. Na, mein liebes Tagebuch, da kann man doch getrost mitmachen.
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