Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

14.11.2021, 07:30 Uhr

Motivation pur: Masken auf, Impfzögerer überzeugen und Impfpässe checken, beim Apothekenportal mitmachen und der ABDA vertrauen. Reicht das schon? (Foto: Alex Schelbert)

Motivation pur: Masken auf, Impfzögerer überzeugen und Impfpässe checken, beim Apothekenportal mitmachen und der ABDA vertrauen. Reicht das schon? (Foto: Alex Schelbert)


12. November 2021

Zehn Monate ist Gabriele Regina Overwiening als ABDA-Präsidentin im Amt. Und, wie ging’s bisher so? Wie laufen die Projekte und vor allem, was macht die Transparenz? Mein liebes Tagebuch, im DAZ.online-Interview macht sie deutlich: Der Gestaltungsspielraum als ABDA-Präsidentin sei begrenzt. Ihre Aufgabe sieht sie darin, den Geschäftsführenden Vorstand und die Mitgliederversammlung davon zu überzeugen, sich für einen gemeinsamen Weg zu entscheiden. Ja, und die liebe Transparenz, z. B. bei den geheimen pharmazeutischen Dienstleistungen: Warum erfährt man da nicht ein bisschen mehr? Nun, die ABDA geht davon aus, dass es taktisch unklug wäre, wenn einzelne Dienstleistungen von Teilen der Apothekerschaft öffentlich kontrovers diskutiert würden; das wäre Wasser auf die Mühlen der Kassen. Kann man so sehen, mein liebes Tagebuch, muss man aber nicht. Man könnte sich auch vorstellen, dass uns gerade eine kontroverse Diskussion voranbringen könnte. Aber so isse nu ma, uns ABDA. Ja, und ansonsten gibt es noch jede Menge zu tun, wie uns die Präsidentin wissen lässt, z. B. den Personalmangel entschlossen angehen, aber wie? Dann stehen die ARMIN-Ergebnisse vor der Veröffentlichung mit der Hoffnung auf Rückenwind, wie die Präsidentin andeutet. Mit der Honoraranpassung muss sich der Deutsche Apothekerverband intensiv befassen. Die Plattformen stehen bei der ABDA im kritischen Licht, vor allem, wenn es um Kooperationen mit Telemedizinanbietern geht. Bei der Bürokratisierung sieht die Präsidentin gar nicht so viel Negatives, außer bei der Präqualifizierung – da wolle man noch mal genau abfragen, wo die Probleme liegen. Mein liebes Tagebuch, das sollte doch mittlerweile bis nach Berlin gedrungen sein, oder? Und schließlich noch die ABDA-Strukturanalyse, was gibt es da zu berichten? Der Befund liege mittlerweile vor, ließ die Präsidentin wissen, jetzt arbeite man an „Therapievorschlägen“. Aha, da ist also Therapie nötig! Für März ist ein Konvent geplant – kennen wir noch, mein liebes Tagebuch, da geht die ABDA in sich – und dann stehen da hoffentlich tolle Verbesserungsvorschläge zur Weiterentwicklung der ABDA. Und dann? Die Präsidentin verspricht, „alles dafür zu tun, dass so viele Vorschläge wie möglich tatsächlich umgesetzt werden“. Ui, da sind wir heute schon gespannt, wie die ABDA-Reform aussieht.

 

Gleich nochmal ein Gruß der Präsidentin, nein, eine Motivationsrede auf der Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern, wobei die Motivation natürlich nicht nur dem AV Meck-Pomm galt, sondern allen Apothekerinnen und Apothekern. Mein liebes Tagebuch, wirken wir Apothekers so unmotiviert auf unsere Präsidentin? Nun ja,  Overwiening warb darin für Engagement beim E-Rezept, Eigenverantwortung und eine Vertrauenskultur. Zum E-Rezept meinte sie so nett: Love it, leave it oder change it“. Will heißen: Da wir aus dem E-Rezept nicht aussteigen oder es verändern können, müssten wir es lieben lernen, so Overwiening. Ist das nicht ein schönes Bild, wir Apothekers mit dem E-Rezept im Bett? Schön ist auch, was sie mit Blick nach innen über die ABDA sagte. Vor dem Hintergrund, dass es im Diesseits keine Unfehlbarkeit gebe, sollten die Apothekers der Standesvertretung doch bitte Vertrauen schenken. Mein liebes Tagebuch, Weihnachten steht vor der Tür, also, worauf warten wir noch. Denn um in der Politik gehört zu werden, brauche der Berufsstand Selbstwertgefühl und das erfordere eine entschlossene und agile ABDA – und daher auch die in Auftrag gegebene Strukturanalyse. Der Wunsch der Präsidentin: „Die ABDA soll eine Vertretung sein, mit der wir uns gerne identifizieren.“ Ups, mein liebes Tagebuch, da muss sich aber noch einiges verändern, oder? Aber was nicht ist, kann ja noch werden, mein liebes Tagebuch. Gerne hörte man, was die Präsidentin zur Agentur für Präqualifizierung sagte: Dieses Unternehmen soll neu aufgestellt werden und „wertschätzend und verstehend“ auftreten. Genau so ist es, mein liebes Tagebuch, wie schön wäre es, wenn diese Agentur verstünde, dass wir als ausgebildete Heilberufler eine insgesamt fünfjährige Ausbildung hinter uns haben. Da ist wirklich noch Motivation nötig.

 

Mehr Booster-Impfungen sollen helfen, die aktuelle Corona-Welle abzumildern, vor allem für Ältere. Da die Arztpraxen die Nachfrage nach Drittimpfungen kaum bewältigen oder manche sich auch nicht sonderlich dafür engagieren, entstehen derzeit vielerorts sogar Pop-up-Impfzentren, die Corona-Booster-Impfungen durchführen. Aus Kreisen unserer Ampelregierung in spe, so sie denn kommt, hört man bereits, dass sie nicht abgeneigt ist, wenn Apotheken Booster-Impfungen übernähmen. Die SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar kann sich entsprechende Modellprojekte vorstellen. Sogar der noch amtierende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn – bisher kein Freund von Corona-Impfungen in Apotheken – zeigt sich bereit, darüber nachzudenken. Mein liebes Tagebuch, so richtig verstehen kann man ihn da nicht, warum er bei der Impfung gegen Covid-19 in Apotheken zögert und damals vehement für Modellprojekte für Grippeschutzimpfung stritt. Aber nun ja, lange ist er nicht mehr im Amt, dann muss eh eine neue Regierung entscheiden, auch darüber, ob es eine Corona-Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen geben soll. Vielleicht auch fürs Apothekenpersonal? Doch da gehen die Meinungen sogar innnerhalb der Heilberufe auseinander: Während sich die Sächsische Landesärztekammer und ihr Präsident Erik Bodendiek klar für eine allgemeine Impfpflicht gegen Covid-19 für alle ab einem Alter von 16 Jahren aussprechen, zeigt sich der Präsident der Sächsischen Apothekerkammer, Friedemann Schmidt, eher zurückhaltend. Er möchte in den Apotheken lieber für eine Impfung werben und Ansprechpartner für die Bedenkenträger bleiben. Bayerns Kammerpräsident Thomas Benkert bekennt sich dagegen auf seiner Delegiertenversammlung deutlich zu einer Impfpflicht fürs Apothekenpersonal. Mein liebes Tagebuch, mal unter uns, ich weiß nicht, ob wir in diesem Winter noch viel Zeit haben, mit Ungeimpften über das Für und Wider der Impfung zu diskutieren. Da folgen wir doch eher dem Bayerischen Kammerpräsidenten. Und ja, ist es nicht für alle, die in Gesundheitseinrichtungen, auch in Apotheken arbeiten, eine ethische Pflicht, sich impfen zu lassen?

 

Wer den ausgedruckten Token hat, hat Zugang zum E-Rezept – so einfach ist das. Aber genau das sollte doch verhindert werden. Die Versender sind schon mega-scharf darauf, an diese Token zu gelangen. Aber wie lässt sich das unterbinden? Wie verhindert man, dass der ausgedruckte QR-Code fürs E-Rezept, also der Token, abfotografiert, weitergeleitet und durch die Welt geschickt wird? Wenige Wochen vor Einführung des E-Rezepts ist diese Frage noch immer nicht geklärt. Jetzt überrascht Sören Friedrich, ABDA-Abteilungsleiter für IT und Telematik, mit einer neuen Lösung: Statt den Token auszudrucken, könne er auf der vorhandenen elektronischen Gesundheitskarte gespeichert und an die Apotheke vor Ort weitergegeben werden, ohne PIN. Mein liebes Tagebuch, genial, oder? Warum ist da bisher noch keiner darauf gekommen? Friedrich ist überzeugt: „Das ist der beste Weg für die Vor-Ort-Apotheken.“ Die Spezifikation für diesen neuen Übertragungsweg solle bis zum 1. Dezember vorliegen. Na, dann mal Tempo, dass diese Lösung Wirklichkeit wird – ein ausgedruckter Token kann’s doch wirklich nicht sein.

 

Es war die Woche der Kammer- und Verbandsversammlungen. Zum Beispiel bei der Sächsischen Landesapothekerkammer (SLAK). Dort schaute z. B. Göran Donner, der Vizepräsident der Kammer, skeptisch auf den ABDA-Haushalt: Die Kosten für die SLKA seien zu hoch und er fragte: Wie viel ABDA können und wollen wir uns leisten?“ Gute Frage, mein liebes Tagebuch, vor allem wenn man auf den Output schaut.

Auf der Delegiertenversammlung der Bayerischen Landesapothekerkammer war der Nachwuchsmangel das Thema. Kammerpräsident Thomas Benkert sieht eine wichtige Aufgabe darin, den Nachwuchs für die Apotheke zu begeistern. Vielleicht auch über eine zeitgemäßere Ausbildung? Die aktuelle Approbationsordnung jedenfalls ist ein Auslaufmodell, vor allem mit Blick auf die pharmazeutischen Dienstleistungen und andere künftige Einsatzgebiete für Apothekerinnen und Apotheker. Mein liebes Tagebuch, da muss sich schleunigst etwas tun, das Thema schieben wir schon viele Jahre vor uns her. Mittlerweile gebe es ein „Hardcore Gremium“, wie Benkert es nannte, mit Koryphäen aus allen Ecken der Pharmazie mit dem Ziel, die Approbationsordnung zu novellieren. Hoffen wir, mein liebes Tagebuch, dass dieses Hardcore Gremium sich nicht nur über sich selbst freut, sondern bald mit diskussionswürdigen Vorschlägen glänzt.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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