SARS-CoV-2-Varianten

Deltakron – Omikrons und Deltas neues Sorgenkind?

Düsseldorf - 23.03.2022, 16:45 Uhr

Kommt mit Deltakron der Wolf (Delta) im Schafspelz (Omikron)? Aktuell scheint „Deltakron“ keine besondere zusätzliche Gefahr darzustellen. Doch weitere Varianten sind wahrscheinlich. (c / Symbolbild: Yingyaipumi / AdobeStock)

Kommt mit Deltakron der Wolf (Delta) im Schafspelz (Omikron)? Aktuell scheint „Deltakron“ keine besondere zusätzliche Gefahr darzustellen. Doch weitere Varianten sind wahrscheinlich. (c / Symbolbild: Yingyaipumi / AdobeStock)


Homologe Rekombination zwischen Varianten – entscheidende Erkenntnis?

Coronaviren wie das SARS-CoV-2 besitzen ein rund 30.000 Nukleotide umfassendes einzelsträngiges positives RNA-Genom (ss-RNA (+)). Um eine Rekombinante wie XD aka Deltakron entstehen zu lassen, müssen zum einen ein Delta- und ein Omikronvirus die gleiche Zelle infizieren, außerdem müssen bei der Vervielfältigung der Genom-RNA durch die viruseigene RNA-Polymerase sich die Genome sinnvoll zu einem neuen Strang spontan homolog rekombinieren. Dass Coronaviren diese Eigenschaft zur homologen Rekombination besitzen, ist durchaus bekannt. Das Robert Koch-Institut (RKI) verweist in seiner Übersicht darauf. Der Mechanismus spielt etwa eine Rolle beim Übergang zwischen verschiedenen Tierarten und/oder dem Menschen.

Dass es aber auch zwischen den einzelnen Varianten und Subtypen von SARS-CoV-2 viel öfter zu Rekombinationsereignissen kommt als bislang vermutet, wird erst allmählich klar. Unter anderem chinesische Forscher konnten das jetzt zeigen. Co-Infektion und nachfolgende Gen-Rekombination etwa zwischen den Omikron-Subtypen BA.1 und BA.2 sowie zwischen zahlreichen anderen Varianten spielen ihrer Meinung nach eine sogar entscheidende Rolle bei der Pandemie, schreiben sie.

Bislang nur wenige Deltakron-Fälle

Dabei ist es nicht ganz einfach, die rekombinanten Varianten problemlos nachzuweisen. So hatten bereits Anfang des Jahres zypriotische Forscher erklärt, eine Deltakron-Variante gefunden zu haben. Da sie aber eine Kontamination ihrer Proben nicht ausschließen konnten, zogen sie ihre Veröffentlichung wieder zurück. Die nun neu in die Liste der VUMs aufgenommene XD-Variante fanden französische Forscher erstmals in Südfrankreich in drei Fällen. Erst vor kurzem veröffentlichten sie ihre Arbeit, bei der sie die Rekombinante als „Deltamikron“ bezeichneten. Die WHO führt die Variante als XD. 

XD trage das Spike-Protein von Omikron mit seinen immunevasiven Eigenschaften und im Übrigen die Gene der deutlich pathogeneren Variante Delta, so die französischen Forscher. Bislang fanden sich Infektionen mit Deltakron-Hybriden beispielsweise in Dänemark, Großbritannien, den USA und anderen Ländern. Noch ist aber nicht bekannt, ob die genetische Kombination auch wie manche befürchten zu einer analogen Kombination der Eigenschaften führt – also einer Kontagiosität (Ansteckungsfähigkeit) wie Omikron und einer krankmachenden Eigenschaft (Pathogenität) wie Delta. In Deutschland gebe es stand März 2022 einen Fall, erklärte das RKI gegenüber dem Tagesspiegel. 

XF – andere Linie in Großbritannien

Darüber hinaus ist nicht ganz klar, ob alle bisher gefunden Fälle auf eine generelle Weitergabe eines rekombinierten Virus „Deltakron“ zurückgehen oder ob es mehrere unabhängige Rekombinationsereignisse in doppelt infizierten Patienten gegeben hat. Zumindest für Großbritannien geht man von einer anderen Linie aus, die das Europäische Zentrum für Seuchenkontrolle (ECDC) als Recombinant AY.4.2.2 x BA.1.1 führt. Ein anderer Name ist XF. Beide Varianten sollen bereits seit Januar in Frankreich beziehungsweise Großbritannien kursieren.

Die gesamten Fallzahlen der „Deltakrons“ fallen allerdings bislang nicht ins Gewicht, und auch darüber, welche Eigenschaften das Virus zeigt, ist bislang vieles eher unklar. Forscher, wie der ehemalige Leiter der COVID-19-Genominitiative des „Wellcome Trust Sanger Instituts“ in Großbritannien, Jeffrey Barrett, bezeichnen die Rekombinante als „nicht viel mehr als eine wissenschaftliche Kuriosität“. Das erklärte er gegenüber der britischen Tageszeitung Guardian

Insgesamt gehen Forscher und praktizierende Mediziner aber davon aus, dass es weitere Varianten entweder durch Mutation oder durch Rekombination geben wird und sich von den aktuellen Eigenschaften der dominierenden Omikron-Variante nicht auf einen überwiegend ähnlich milden Verlauf auch zukünftiger Varianten schließen lasse. Das unterliegt naturgemäß einem zufälligen evolutionären Faktor.



Volker Budinger, Diplom-Biologe, freier Journalist
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.