Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

10.04.2022, 07:30 Uhr

Keine Impfpflicht in Deutschland – was sagen unsere Virologen und Pathologen dazu?

Keine Impfpflicht in Deutschland – was sagen unsere Virologen und Pathologen dazu?


8. April 2022

Auch noch so ein Signal, das sich nahtlos in die Signal-Kaskade einreiht, Corona sei so gut wie am Ausklingen: Die Impfpflicht ist erstmal vom Tisch. Der Bundestag konnte sich nicht auf eine der  fünf Initiativen verständigen, auch nicht auf einen Kompromiss für eine Impfpflicht ab 60 Jahre. Mein liebes Tagebuch, unglaublich, auf der einen Seite brillieren Führungsschwäche und wenig Überzeugungskraft, auf der anderen Seite dominierte parteipolitisches Taktieren und kindische Spielchen zwischen Regierung und Opposition und das bei einem Thema, bei dem es letztlich um Leben und Tod und ums Überleben geht. Aber die gescheiterte Impfpflicht, die nicht einmal in einer Ultra-Light-Version kommt, passt zu so einigen Schmankerln der bundesdeutschen Corona-Aktionismus-Politik. Erinnern wir uns doch noch gerne an so schräge Lockdown-Auflagen wie nächtliche Ausgehverbote, die man nur mit dem Ausführen eines Hundes umgehen konnte (daher wohl die vielen angeschafften Corona-Hunde, die so manche nun wieder loswerden wollen). In Bayern war es zeitweise verboten, auf Parkbänken Bücher zu lesen und in der Düsseldorfer Altstadt durften Fußgänger das Schritt-Tempo nicht unterschreiten, Stehenbleiben war verboten. Kopfschüttelnd stand man der Meldung gegenüber, wonach eine Frau früh am Morgen ein paar Minuten vor dem Ende der nächtlichen Ausgangssperre ihren Weg zur Arbeit angetreten hatte und dafür mit einer harten Geldstrafe belegt wurde. Und wir erinnern uns an die mal eben so vom Kanzleramt verordnete verschärfte österliche Osterruhe vor einem Jahr – „Super-Lockdown statt Kurzurlaub“ hieß es vor einem Jahr. Und als das Volk ein wenig murrte, kippte Merkel die Osterruhe auch gleich höchstpersönlich. Aber eine Notbremse (auch so ein schönes Wort aus der politischen Corona-Ära) blieb erhalten. Mein liebes Tagebuch, ich bin überzeugt, wenn in einigen Jahren Historiker und andere Berufene die Pandemie-Dekade aufarbeiten werden, kommen sie aus dem Staunen nicht mehr heraus. Und nach all den fast wöchentlich wechselnden Corona-Auflagen, von Bundesland zu Bundesland verschieden, Auflagen, die eh keiner mehr durchblickte, hoffte man wenigstens auf eine Impfpflicht als Ausweg aus der Pandemie. Fehlanzeige. Und wie geht’s weiter, ist das schon für immer das Ende einer Impfpflicht? Wir wissen es nicht, Lauterbach will weitermachen. „Helfen“ könnte vermutlich eine neue, noch härtere Corona-Welle. Mein liebes Tagebuch, wir sprechen uns wieder, spätestens im kommenden Herbst.

 

Immerhin, wir Apothekers lassen nicht locker und setzen weiterhin auf Überzeugungsarbeit beim Thema Corona-Impfung. Die ABDA-Präsidentin ist davon überzeugt, dass die Apotheken ihren Beitrag leisten werden, durch Beratung und durch Impfungen: „Jede Impfung zählt – egal, ob sie im Impfzentrum, in der Arztpraxis oder in der Apotheke stattfindet“, sagte Gabriele Overwiening. Auch Thomas Preis vom Apothekerverband Nordrhein ist überzeugt, dass die Apotheken den einen oder anderen Bürger von einer Impfung überzeugen können. Immerhin, die bundesweit mehr als 60.000 Corona-Impfungen in Apotheken zeigten, dass Apotheken besonders viele Erstimpfungen durchführten. Und es gebe wissenschaftliche Studien, aus denen hervorgehe, dass Beratung erfolgreicher sei als Impfpflicht. Na denn, mein liebes Tagebuch, geben wir unser Bestes, beraten wir! Und danach gibt’s die Spritze.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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2 Kommentare

Hilfe ?

von Reinhard Rodiger am 10.04.2022 um 13:35 Uhr

In Sachsen erklingen Alarmglocken ziemlich spät. Es ist 10 Jahre her als Apothekensterben deutlich wurde.Auch damals seien strukturelle Verbesserungen denkbar, so machte F.S. Hoffnung.Vergeblich! Wenn er heute sagt, Apotheken solle geholfen werden, so zeigt das wiederum ein fundamentales Unverständnis.Es geht nicht um Hilfe für die Apotheken, sondern um das Verständnis für die Determinanten sicherer Versorgung.Das bedeutet Anerkennung von Verteilung und das Vermeiden monopolistischer Strukturen.Der Sachverständigenrat Gesundheit weist in seinem Gutachten zur Digitaliserung genau auf diese Gefahr hin.
Wer nicht versteht und vermittelt welche Dynamik hinter Wettläufern um das Monopol steht, kann den Sinn von verteilter Versorgung oder verteilten Betrieben nicht glaubhaft machen.
Angesichts der Fixierung auf Hochfrequenzbetriebe ist das auch nicht verwunderlich. Vor diesem Hintergrund muss der Wunsch um Hilfe für Apotheken unverständlich bleiben.Es geht denen mit hoher Frequenz doch gut.Sterben tun nur die für dieses Denken zu Kleinen. Doch sie stellen die Mehrheit.Deshalb geht es um die Determinanten zur Lebensfähigkeit verteilter Strukturen.Vulgo Flächendeckung.
Das nach wie vor unbearbeitetes Feld. Das Fehlen macht Forderungen für Einzelbetriebe unwirksam und letztlich nicht durchsetzbar.


Erst, wenn dies transparent gemacht wird, und politisch verstanden wird, wird ausreichend Hilfe geleistet um Hilfe zu fordern. Das ist dann nicht Hilfe, sondern Erkenntnis der Notwendigkeit.

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von Anita Peter am 10.04.2022 um 10:34 Uhr

"Man wolle an die Politik appellieren, den Apotheken mit finanziellen Mitteln zu helfen "

Man soll uns nicht mit mit finanziellen Mitteln "helfen", es würde uns schon reichen nicht völlig von der wirtschaftlichen Entwicklung und der Preissteigerungsrate entkoppelt zu werden!

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