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Rezeptabrechnung in Coronazeiten
Gibt es Verzögerungen bei der Auszahlung – und wenn ja, woran liegt es?
Zahlt ein Apothekenrechenzentrum nicht pünktlich aus, schrillen bei vielen Apotheker:innen die Alarmglocken. Zu präsent sind die Erinnerungen an die Pleite von AvP, wo dies Anfang September 2020 ein erstes Warnzeichen war. Eine Servicemeldung von Noventi, wo auf eine möglicherweise verspätete Abrechnung hingewiesen wurde, sorgte daher zunächst für Unruhe. Letztlich unbegründet: Die Abrechnung erfolgte pünktlich. Aber die Kunden anderer Rechenzentren mussten wirklich teils länger auf ihr Geld warten als sonst. Woran liegt das?
Viele pandemiebedingte Personalausfälle und viele Rezepte – so begründete Noventi gegenüber den Apotheken in einer vorsorglichen Servicemeldung, dass die Abrechnung im März in dem einen oder anderen Fall nur verzögert erfolgen könnte. Betroffen könnten demnach wohl alle Pflegehilfsmittel und Sondererfassungen sein. Dass viele Apotheker:innen hellhörig werden, wenn die Abrechnung nicht pünktlich auf dem Konto landet, ist ihnen nicht zu verdenken. Genau dadurch offenbarte sich schließlich die AvP-Pleite im September 2020. Allerdings gibt es im aktuellen Fall Entwarnung: Das Geld wurde pünktlich ausbezahlt, wie aus einigen betroffenen Apotheken und auch Noventi selbst zu hören ist. Noventi selbst bedauert sehr, wenn die im Serviceschreiben enthaltenen Formulierungen bei den Kunden zu Verunsicherungen und Sorgen geführt haben – es seien keinerlei Verzögerungen eingetreten, heißt es in einem weiteren Brief an die Apotheken.
Doch auch bei Kunden anderer Rechenzentren schien es Probleme zu geben, was darauf hindeutet, dass es sich nicht um ein Noventi-spezifisches Problem handelt. Woran liegt es dann?
Pandemie stellt auch Rechenzentren vor Herausforderungen
Seit Beginn der Corona-Pandemie müssen sich auch die Apothekenrechenzentren großen und vor allem neuen Herausforderungen stellen. Zunächst war es erforderlich, ein umfangreiches und strenges Hygienekonzept in den Gebäuden zu etablieren. Dazu gehörten die Bereitstellung von Desinfektionsmittel, Einführung von Masken sowie der Aufbau von Luftfilteranlagen, Trennwänden und Plexiglasabtrennungen. Der Infektionsschutz erforderte aber auch, dass die Personalstärke pro Schicht reduziert werden musste und die Mitarbeiter auf größere Flächen und mehr Etagen verteilt wurden. Um die Rezepte aus den Apotheken trotzdem pünktlich und zuverlässig verarbeiten zu können, führte die Branche Nacht- und Wochenendschichten ein.
Mit Fortschreiten der Pandemie wurden die Maßnahmen nicht weniger. Im Gegenteil: Corona-Testungen wurden eingeführt. Außerdem bedingt die Ausbreitung des Virus im Zusammenspiel mit den Isolations- und Quarantäneregeln, dass auf große Teile der Belegschaft immer wieder verzichtet werden muss, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – entweder selbst von Corona betroffen oder als Kontaktpersonen – über lange Zeit ausfallen.
Korrektur: Bei Noventi kam es laut eigener Aussage zu keinerlei Verzögerung. Man habe nur vorsorglich davor gewarnt, letztlich aber unbegründet, heißt es seitens des Unternehmens. In einer ursprünglichen Version des Artikels war dieser Sachverhalt missverständlich dargestellt.
ARZ Haan: Hygienepauschale als Erfolgsrezept
Um vor diesem Hintergrund die Abrechnungsprozesse langfristig sicherstellen zu können, führte beispielsweise das ARZ Haan Anfang 2021 eine sogenannte Hygienepauschale in Höhe von 9,81 Euro pro Monat ein. In den sozialen Netzwerken wurde dieser Schritt von Apothekerinnen und Apothekern zunächst kritisiert. Nicht unbedingt deshalb, weil der Dienstleister seine Aufwendungen wegen der Pandemie an die Apotheken weiterreicht, sondern vielmehr, weil sich die Apotheken nur unzureichend informiert fühlten. Damals betonte ARZ-Geschäftsführer Klaus Henkel gegenüber der DAZ: „Bei der Hygienepauschale geht es uns vor allem auch um Transparenz!“ Theoretisch hätte man die Pauschale in die Gebühren für die Rezeptabrechnung einfließen lassen können. Das sei aber für die Kunden weniger nachvollziehbar, als einen konkreten Betrag für entsprechende Schutzmaßnahmen festzulegen. Henkel versicherte, dass die Apotheken von den beim ARZ Haan eingeführten Infektionsschutzmaßnahmen profitieren würden und partizipieren könnten: „Partizipieren insofern, als wir durch unsere Hygienemaßnahmen den Abrechnungsprozess uneingeschränkt aufrechterhalten können.“
Rückblickend hält Henkel die Einführung der Hygienepauschale für ein Erfolgsrezept, wie er am heutigen Donnerstag gegenüber der DAZ erklärte. „Damit konnten wir im Sinne der Apotheken den Großteil der Mehrkosten kompensieren, die uns durch die Maßnahmen zum Schutz der Belegschaft sowie zur Sicherstellung des Abrechnungsprozesses täglich entstehen.“ Im Ergebnis sei man „safe“. Die Rezeptverarbeitung und Auszahlung der Gelder an die Apotheken laufe immer pünktlich und zuverlässig – jedenfalls aus Sicht der ARZ-Geschäftsführung. Dies sei, so Henkel, für die Apotheken in zweifacher Hinsicht von essenzieller Bedeutung: Zum einen sei es für die Apotheken betriebswirtschaftlich nur schwierig zu bewerkstelligen, wenn Auszahlungen aus den Rechenzentren verspätet einträfen. Zum anderen sei es auch eine Frage des Vertrauens und der Emotionalität. Henkel weist damit auf die Pleite des Rechenzentrums AvP hin, von der rund 3.000 Apotheken betroffen sind, die seitdem insgesamt auf Auszahlungen in Höhe eines mittleren dreistelligen Millionenbetrags warten. Die zum ehemaligen AvP-Kundenkreis gehörigen Apotheken sind inzwischen zu den übrigen Rechenzentren gewechselt, so auch zum ARZ Haan. „Wenn es zu Verzögerungen und Auffälligkeiten bei den Auszahlungen kommen sollte, ob pandemiebedingt oder nicht, dann weckt das zwangsläufig böse Erinnerungen“, erklärt Henkel. Diese Unsicherheit wolle man niemandem zumuten. Bis wann man dafür beim ARZ Haan noch die Hygienepauschale den Apotheken in Rechnung stellt, kann der Geschäftsführer derzeit noch nicht konkret terminieren: „Wir werden unseren Abrechnungsprozess noch einige Monate unter diesen besonderen Bedingungen organisieren müssen.“
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