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7. Juli 2022
„Die politische Lage ist alles andere als rosig“, stellte Hans-Peter Hubmann, Chef des Bayerischen Apothekerverbands (BAV), auf der Mitgliederversammlung des BAV fest. Und diese politischen Rahmenbedingungen machen keine Hoffnung auf eine bessere Vergütung. Im Gegenteil. Die von Bundesgesundheitsminister Lauterbach geplante Erhöhung des Kassenabschlags umzusetzen, bezeichnete Hubmann als völlig sinnlos, denn es seien politische Sparmaßnahmen, die für die Krankenkassen keinen spürbaren Effekt haben, für Apotheken aber eine massive Belastung darstellen. Vollkommen richtig, mein liebes Tagebuch. Und dass Lauterbach der ABDA bis heute noch keinen Gesprächstermin gewährte – das trägt für Hubmann die Handschrift eines SPD-geführten Gesundheitsministeriums. Dagegen sei „das CDU-geführte Ministerium mit Jens Spahn und seinem Vorgänger ein Glücksfall“ gewesen. Nun ja, mein liebes Tagebuch, ob wir gleich von einem Glücksfall sprechen wollen, sei dahingestellt. Aber das unionsgeführte Ressort habe sich laut Hubmann differenzierter mit den Herausforderungen der Apotheken auseinandergesetzt und eher Perspektiven geschaffen als Spargesetze vorzubereiten. Immerhin, mein liebes Tagebuch, für Gespräche mit uns Apothekers war Spahn zugänglicher als Lauterbach.
Dass die Sparpläne von Lauterbach „die gute und geordnete Versorgung der Patienten durch die Apotheken“ bedrohen, macht auch Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, deutlich. Wenn das Apothekenhonorar um 140 Millionen Euro gekürzt werde, könnte dies das Ende für weitere Apotheken bedeuten: „Dieser Radikaleingriff wird der Todesstoß für zahlreiche weitere Apotheken sein…“. Hinzu kommen die derzeit riesigen Inflationsraten. Dann reiche das gesetzlich festgesetzte Honorar auf der Grundlage von 2002 nicht mehr aus, um alle Aufgaben der Apotheken zu erfüllen. Aber wo ist ein Ausweg? Mein liebes Tagebuch, Siemsen denkt weiter: Seit 20 Jahren gab’s keine Honoraranpassung an gestiegene Kosten, dazu die angekündigte Honorarkürzung, eine Riesen-Inflation und ein eklatanter Fachkräftemangel – dies alles könne nur dazu führen, dass Apotheken nicht mehr alle Leistungen erbringen können: Die Honorierung reicht einfach nicht mehr für alle Aufgaben. Jetzt solle die Politik entscheiden, welche Leistungen oder Aufgaben der Apotheken wegfallen sollen: Nachtdienst, unendliche Dokumentationspflichten, Rezepturherstellung, Öffnungszeiten auf Praxisniveau? Mein liebes Tagebuch, man muss es mal so drastisch sehen: Das Apothekenhonorar verträgt null Kürzung, es ist bereits unters Limit gerutscht. Über den Wegfall von Leistungen kann man diskutieren. Man muss sich allerdings auch fragen, ob unser Apothekenwesen den Verzicht auf Leistungen verträgt. Die Apotheke sähe dann auf jeden Fall anders aus als heute – könnte das der Anfang vom Ende sein? Und damit stellt sich die Frage: Will die Politik, will unsere Gesellschaft eine vollkommen andere Apotheke?
2 Kommentare
Wir wollen Karl!
von Dr. Radman am 10.07.2022 um 13:21 Uhr
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von Beldowitz am 10.07.2022 um 8:12 Uhr
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