Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

07.08.2022, 07:30 Uhr

Das Sommertheater für Apothekers – wenig Spaß, kaum Spiel und viel Spannung. (Foto: Alex Schelbert)

Das Sommertheater für Apothekers – wenig Spaß, kaum Spiel und viel Spannung. (Foto: Alex Schelbert)


2. August 2022

Teil 2 der Matusiewicz-Thesen befasst sich mit der schönen neuen Welt nach der Digitalisierung der Apothekenlandschaft. Er ist überzeugt: Da winken ganz neue Möglichkeiten. Der Gesundheitsökonom sieht die Apotheken bereits in der Versorgungssteuerung angesiedelt, möglich durch den Datenschatz, den die elektronische Patientenakte bietet. Das könnte den Apotheken mehr Kompetenzen verleihen und zur Entlastung der Arztpraxen beitragen. Neue Geschäftsmodelle für Apotheken sieht er sogar im Selbstzahlerbereich, wo Apotheken an Trends partizipieren können wie Selbstoptimierung der Menschen und im Lifestyle-Bereich. Weitere Chancen für Apotheken liegen im Betreiben kleiner Labore, z. B. zur Bestimmung von Blutwerten. Und ja, bezahlte Dienstleistungen sind laut Matusiewicz ein erster Schritt in die richtige Richtung. Überhaupt muss sich der Wandel in der Honorierungssystematik der Apotheken widerspiegeln: „Wir müssen unbedingt weg von der rein packungsbezogenen Vergütung“, sagt er. Letztlich müssten sich für so manche Zukunftsaufgabe die rechtlichen Hürden lockern – und das sieht er gelassen: „Da wird sich einiges lockern in den kommenden Jahren.“ Mein liebes Tagebuch, im Gegensatz zu seinen forschen Aussagen im ersten Teil lässt sich über seine Gedanken und Vorschläge für neue Apothekenaufgaben ernsthaft diskutieren. Mein liebes Tagebuch, wir brauchen Perspektiven für das digitale Zeitalter – und die müssen wir jetzt erarbeiten. Rasch!

 

Gut, dass es sie (noch) gibt: die Apothekenrezeptur. Die Pandemie hat gezeigt, was Apotheken leisten können, wenn’s drauf ankommt – auch wenn es in diesem Fall nur einfache Verdünnungen und Abfüllungen von alkoholischen Gemischen war. Aber die aktuellen Lieferengpässe bei Paracetamol- und Ibu-Säften oder bei Präparaten zur Rehydratation u.ä. zeigen, dass die Apotheken auch hier einspringen und selbst zu Reibschale und Pistill greifen können. Juristische Auseinandersetzungen um das Abfüllen von Opiumtinktur haben aber gezeigt, dass es beim Thema Rezeptur und Defektur durchaus Rechtsunsicherheiten gibt: Fällt das einfache Abfüllen und Umfüllen von Arzneistoffen unter das Rezeptur- und Defekturprivileg? Ja, mein liebes  Tagebuch, was ist eigentlich Rezeptur und Defektur genau und wo verlaufen die Grenzen zum Fertigarzneimittel? Der Apothekerverband Westfalen-Lippe hat sich dieser Frage angenommen und will den Gesetzgeber auffordern (Antrag auf dem Deutschen Apothekertag), „für eine sinn- und zweckentsprechende Klarstellung oder Änderung der Gesetzeslage“ zu sorgen, um bestehende Rechtsunsicherheiten zu beseitigen. Tja, gut gemeint, mein liebes Tagebuch, aber vielleicht nicht so gut gemacht. Denn so eine Aufforderung an den Gesetzgeber ist ganz schön heikel, wenn die Zielformulierung ziemlich vage ist: „Klarstellung oder Änderung der Gesetzeslage“ – au weia, da weiß man so gar nicht, in welche Richtung das los geht. Der im Antrag vorgezeichnete Weg kann dazu führen, dass das Abfüllen von Stoffen und Zubereitungen in Apotheken praktisch unzulässig wird. Wenn Juristen und der Gesetzgeber zu dem Schluss kämen, dass das Abfüllen von Arzneimitteln (z. B. Opiumtinktur, Cannabisblüten, Alkoholmischungen und vieles mehr), nicht mehr unter den Begriff der Rezeptur fallen, wäre das schon eine mittlere Katastrophe für die Apotheke vor Ort, für ihr Selbstverständnis, für ihre Außendarstellung. Und natürlich ein Argument für die Versender: Ein wesentlicher Unterschied zwischen Versand und Vor-Ort-Apotheken, die Rezeptur und Defektur, würde entfallen. Vielleicht denken die Antragsteller aus Westfalen-Lippe noch mal darüber nach und finden eine smartere Formulierung.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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7 Kommentare

Gesundheitsökonomen

von ecke2 am 08.08.2022 um 9:23 Uhr

Wo uns diese Gesundheitsökonomen hinführen sehen wir in Amerika. Das teuerste Gesundheitssystem der Welt. Optimal für die Reichen. Mittelstand und Unterschicht bleiben maximal auf der ´Strecke. Das muß ganz deutlich klar gemacht werden was da auf die Leute zukommt. Diese Ökonomen müssen entzaubert werden.

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Mein liebes Tagebuch

von Bernd Haase am 07.08.2022 um 19:39 Uhr

Liebe DAZ Redaktion,

Wissen Sie welche Ziele die ABDA mit Ihrer Lobbyrbeit in den letzten 18 Jahren für die Anpassung der Vergütung der öffentlichen Apotheken entwickelt hat?

Zum Beispiel Inflationsausgleich von X% für jedes Jahr.

Gibt es dazu irgentwelche Pressemitteilungen oder andere Veröffentlichungen der ABDA ?

Wie wird die Lobbyarbeit der ABDA evaluiert ?

Wie Helmut Kohl das einmal so treffend formuliert hat

"entscheidend ist was hinten rauskommt"

Bernd Haase

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Als Minister hat er uns in der Hand

von Dr. Radman am 07.08.2022 um 10:58 Uhr

Herr Lauterbach hat uns in der Hand. Er will uns zeigen, wo der Hammer hängt. Als Minister kann er nun seinen tief sitzenden Hass und Groll gegenüber Apothekern in Gesetzen und Verordnungen gießen. Manche Kollegen sehen das als Amtsmissbrauch.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Mein liebes Tagebuch

von Bernd Haase am 07.08.2022 um 8:56 Uhr

Liebe DAZ Redaktion,

Wissen Sie wer für die Verhandlungen mit dem Bund und den Krankenkassen über die apothekerliche Vergütung verantwortlich ist ?
Der ADA, der DAV, die BAK, die ABDA oder wird einfach gar nicht verhandelt ?

Bernd Haase

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Mein liebes Tagebuch

von DAZ-Redaktion am 07.08.2022 um 15:07 Uhr

Lieber Herr Haase,

mit dem Bund wird nicht verhandelt. Die ABDA kann nur durch Lobbyarbeit versuchen, Einfluss auf die Gesetzgebung und somit aufs Honorar, soweit es gesetzlich geregelt ist, zu nehmen. Wir gehen mal davon aus, dass sie das tut. Die endgültigen Verträge handelt dann der DAV mit den Kassen aus, was die Verhandlungen umfassen, kann unterschiedlich sein. je nachdem wie der Auftrag an die Selbtsverwaltung ist. Bei PharmDL ging es zum Beispiel auch ums Honorar, beim Rahmenvertrag für die AM-Versorgung geht es um die Rahmenbedingungen, das Honorar ist gesetzlich geregelt.
Viele Grüße
Ihre Redaktion

Selbstbewusst oder schweigend?

von Ulrich Ströh am 07.08.2022 um 8:51 Uhr

…Selbstbewusstsein zeigen , ist die Parole…

Stimmt Herr Ditzel .

Was aber, wenn aus Berlin , auch zu diesem Thema von der Abteilung Pressearbeit der ABDA nichts kommt?

Beredtes Schweigen hilft nicht hier weiter..

Quo vadis, Dr. Kern?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

.

von Anita Peter am 07.08.2022 um 7:32 Uhr

https://www.handelsblatt.com/video/unternehmen/flugverkehr-lufthansa-und-verdi-einigen-sich-auf-lohnerhoehung-fuer-bodenpersonal/28578044.html

Verdi:
Maximale Forderung - Maximaler Druck - Maximales Ergebnis
ABDA:
Keine Forderung - Maximales Mimimi - Tritt in den Arsch

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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