Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

21.08.2022, 07:30 Uhr

Wir brauchen mehr Kühlung – die gesundheitspolitischen Hitzeschäden sind unerträglich! (Foto: Alex Schelbert)

Wir brauchen mehr Kühlung – die gesundheitspolitischen Hitzeschäden sind unerträglich! (Foto: Alex Schelbert)


Steile These von Staatssekretär Franke: Apotheken haben in den letzten Jahren gut verdient und können zukünftig noch mehr verdienen durch das Dienstleistungshonorar – also können sie jetzt auch auf Honorar zugunsten der kranken Kassen verzichten. Noch steilere These von Lauterbach: Wenn Ärzte das Paxlovid dem Patienten selbst in die Hand drücken, wird es häufiger eingesetzt als per Rezept und Apotheke. Und die steilste These kommt vom BKK-Dachverband: Lieferengpässe resultieren auch aus mangelnder Bevorratung und schlechter Logistik der Apotheken. Mein liebes Tagebuch, was lässt sich gegen diese Hitzeschäden tun?

15. August 2022

Gute Frage: Wohin fließt eigentlich das Geld der Krankenkassen? Na klar, in die Behandlung und Betreuung der Versicherten und in die Verwaltung der Krankenkassen. Seit einigen Jahren sind die Kassen ins Minus gerutscht, die Ausgaben sind höher als die Einnahmen. So hat die gesetzliche Krankenversicherung im Jahr 2021 mit einem Defizit von 5,8 Milliarden Euro ihr höchstes Minus seit der Deutschen Einheit eingefahren. Und nun warnen die Versicherer sogar vor einem Defizit von 17 Milliarden Euro im Jahr 2023. Kein Wunder, wenn nun der Bundesgesundheitsminister versucht, mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz die Notbremse zu ziehen. Auch die Apotheken sollen zur Kassen gebeten werden  und auf Honorar verzichten: Der Kassenabschlag soll auf 2 Euro für zwei Jahre erhöht werden, was rund 170 Millionen Euro bringen soll. Mein liebes Tagebuch, wir dürfen uns da schon fragen, was eine Einsparung von 170 Mio. Euro bringen soll angesichts eines erwarteten Defizits von 17 Milliarden Euro. Auf der anderen Seite, auf der Apothekenseite, stellen diese 170 Mio. Euro nämlich eine deutliche Belastung dar, es werden sogar noch mehr Apothekenschließungen erwartet. Kann man da nicht auf diese Belastung für Apotheken verzichten? Zumal unser Apothekenhonorar in der Tat gering ist, so gering, dass es gar nicht als eigener Posten auftaucht. Schaut man sich die Ausgaben der GKV näher an, findet man keinen Posten mit „Ausgaben für Apotheken“ o.ä. – unser Apothekenhonorar wird in der GKV-Statistik nicht separat aufgeschlüsselt, sondern ist im Posten „Ausgaben für Arzneimittel“ (2021: 46,7 Mrd. Euro) versteckt: Der Wertschöpfungsanteil der Apotheken betrug laut ABDA 1,9 Prozent. Oder anders ausgedrückt: Für dieses geringe Apothekenhonorar erhält unsere Gesellschaft eine High-end-Arzneimittelversorgung vom Feinsten! Warum will Lauterbach dies zerschlagen?

 

Mit der Digitalisierung von Impfzertifikaten haben wir Apothekers bereits Erfahrung. Das Bundesgesundheitsministerium denkt nun darüber nach, dass die Apotheken auch miteingebunden werden, wenn es darum geht, dass sich Versicherte authentifizieren müssen, um mit ihrer elektronischen Gesundheitskarte oder ihrer digitalen Identität z. B. auf die Daten ihrer elektronischen Patientenakte, auf elektronische Verordnungen und auf die elektronische Patientenkurzakten zugreifen können. Solche Ident-Verfahren könnten in Apotheken durchgeführt werden, will heißen: Die Apotheke überprüft Personalausweis, elektronische Gesundheitskarte oder digitale Identität und PIN. Mein liebes Tagebuch, gegen ein entsprechendes Honorar für diese Tätigkeit, die durchaus Zeit kostet, können wir darüber reden, oder?

16. August 2022

Der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) sorgt sich um die Versorgungssicherheit bei Arzneimitteln. Ihm bereitet die aktuelle Lieferengpass-Situation Sorgen. Als Lösung dieses Problems fordert er ein Frühwarnsystem zu etablieren, eine öffentlich zugängliche Datenbank, in der die Lieferschwierigkeiten transparent abgebildet werden. Mein liebes Tagebuch, während man über diese Forderung noch gutwillig nachdenken kann, obwohl sie ja doch keinen einzigen Engpass beseitigt, liegt der BKK mit seiner weiteren Forderung total daneben: Er macht die mangelnde Vorratshaltung in Apotheken für Lieferengpässe verantwortlich. Der BKK-Dachverband  hält es daher für angebracht, die Bevorratung in Apotheken (laut § 15 ApBetrO sind Arzneimittel für mindestens eine Woche vorrätig zu halten) regelmäßig zu überprüfen und bei Nichteinhaltung zu sanktionieren. Außerdem meint der BKK-Dachverband, der mittlerweile dauerhaft etablierte Botendienst der Apotheken habe „dazu beigetragen, dass die Bevorratung auf den pharmazeutischen Großhandel verlagert wird, der die Lagerhaltung für Apotheken übernimmt“. Und nicht genug damit: Die Apotheken sollten nicht nur dazu verpflichtet werden, mindestens einen Vollsortimenter als Großhandel zu nutzen, sondern mindestens einen zweiten als „Back-up“. Mein liebes Tagebuch, mehr Sommertheater von Kassenseite geht nicht, oder? Eine Melange aus Unkenntnis, Mutmaßungen und Realitätsferne. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier ein Krankenkassenverband davon ablenken möchte, dass Lieferengpässe ein hausgemachtes Problem sind: die Rabattverträge der Kassen. Gäbe es ausreichend Arzneimittel von den Herstellern, gäbe es keine Lieferengpässe. Aber nicht alle Hersteller können und wollen Arzneimittel zu Dumpingpreisen produzieren, ausgelöst durch Rabattverträge der Krankenkassen. Der BKK sollte wissen, dass Lieferengpässe kein Problem des Handels (Apotheken, Großhandel) sind, sondern auf mangelnde Verfügbarkeit von Ware auf dem Markt zurückzuführen sind. Angesichts  extremer Niedrigpreise, zu denen Arzneimittel für Rabattverträge produziert werden, können nur noch wenige Hersteller mit Produktionsstätten in Fernost mithalten. Und wenn es dann zu Produktionsausfällen und Transportschwierigkeiten kommt, gibt es – genau: Lieferengpässe. Lieber BKK-Dachverband, das Geschäft der Apotheken ist es, sich zu bevorraten, Arzneimittel zu verkaufen, abzugeben und die Versicherten zu versorgen – wenn es denn ausreichend Arzneimittel auf dem Markt gäbe. Und warum gibt es die nicht? Hallo BKK, jetzt mal scharf nachdenken!

 

Apothekerin Daniela Hänel, Vorsitzende der Freien Apothekerschaft, hatte in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Lauterbach gegen die geplante Erhöhung des Kassenabschlags protestiert. Die Antwort auf den Brief kommt von Staatssekretär Edgar Franke (SPD). Aus seiner Sicht ist die Belastung der Apotheken durch die geplante Erhöhung des Kassenabschlags im Rahmen des geplanten Spargesetzes vertretbar. Mein liebes Tagebuch, das hätte man sich denken können. Interessant ist, wie er zu dieser Sichtweise kommt, und das liest sich im Franke-Brief etwa so: Das Betriebsergebnis vor Steuern der durchschnittlichen Apotheke ist seit Jahren gestiegen, für die Mehrarbeit in der Pandemie (Schutzmasken, Verteilung von Covid-19-Impfstoffen, Impfen in Apotheken, Erstellen von Covid-19-Zertifikaten) hat die Apotheke ausreichend Geld bekommen, die zunehmende Abgabe von hochpreisigen Arzneimitteln hat auch zum Plus beigetragen. Und jetzt gibt’s für die Apotheken neue honorierte Tätigkeitsfelder wie Grippeschutzimpfung und pharmazeutische Dienstleistungen. Mein liebes Tagebuch, was zeigt uns diese Antwort von Franke? Vor allem ist sie ein so wunderschönes Lehrstück, wie Gesundheitspolitiker ticken. Sie sehen nur die Einnahmen – dass die Apotheken nichts geschenkt bekommen, sondern dafür richtig gut gearbeitet haben, zählt da nicht. Sogar die honorierten Dienstleistungen, die gerade mal so ganz langsam anlaufen und die uns noch viel Zeit und Geld kosten, werden in den Topf geworfen, um uns zu zeigen, wie gut wir dastehen. Dass unsere Ausgaben kräftig steigen, dass die Löhne, die Energiekosten und die Inflation uns zusetzt, wird nicht gesehen. Und die Krönung der Frankeschen Argumentation: Eigentlich dürfen wir froh und dankbar sein, dass das 2hm-Gutachten, das ein immenses Sparpotenzial bei Apotheken entdeckt habe, nicht weiter verfolgt wurde. Mein liebes Tagebuch, wir sollten überlegen, wie wir auf so eine Argumentationskette passend antworten. Da könnte uns doch einiges einfallen…

17. August 2022

Paxlovid muss raus! Dringend. Tausende Paxlovid-Packungen drohen zu verfallen. Das antiviral wirkende Covid-19-Präparat, von dem das Bundesgesundheitsministerium in bester Absicht eine Million Therapieeinheiten beschafft hat, verordnen die Ärztinnen und Ärzte bisher nur sehr zurückhaltend. Aber warum? Eigentlich wirkt es doch recht ordentlich, vor allem bei Risikopatienten. Aber es muss nach einer Infektion sehr frühzeitig eingesetzt werden und es gibt da einige erhebliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln – also für den Hausarzt im Praxisalltag ist es nicht einfach, sich für Paxlovid zu entscheiden. Abhilfe tut Not. Da ist unserem Bundesgesundheitsminister etwas dazu eingefallen: Um die vielen schönen teuren Paxlovid-Packungen vor dem Verfall zu retten und als ärztliche Entscheidungsverstärker gibt’s nun Geld für die Hausärzte: das Paxlovid-Dispensierrecht für Ärzte kommt. Sie dürfen bis zu fünf Therapieeinheiten Paxlovid vorrätig halten und direkt an geeignete Covid-19-Patienten abgeben. Die entsprechende Verordnung ist veröffentlicht und in Kraft – der kleine Protest der ABDA hat da nichts genutzt. Ab sofort erhalten die Hausärzte 15 Euro, wenn sie in ihre Schublade greifen und dem Covid-Patienten die Paxlovid-Tabletten mit besten Genesungswünschen in die Hand drücken. Und wo ist der Unterschied zu einer Verordnung per Rezept, die der Patient umgehend in der Apotheke einlöst? Tja, das muss der Arzt patientenindividuell abwägen – vielleicht liegt der Vorteil darin, dass die Therapie sofort in der Praxis begonnen werden kann und nicht erst 2 Minuten später in der Apotheke? Immerhin, trotz Dispensierrecht: Die Apotheke erhält weiterhin 15 Euro je Packung, wenn sie diese Arzneimittel an Ärzte abgibt und zusätzlich 8 Euro für die Lieferung in die Praxis. Verordnet der Arzt allerdings das Arzneimittel auf Rezept, das der Patient direkt in der Apotheke einlöst, gibt es für die Apotheke das Doppelte, also 30 Euro pro Packung plus 8 Euro, falls das Präparat per Botendienst gebracht wird. Mein liebes Tagebuch, da schauen wir mal, wie schnell und auf welchen Wegen sich der Paxlovid-Berg nun abbaut. Etwa 280.000 Packungen erreichen ihr Verfalldatum bereits im Februar 2023, war vom Bundesgesundheitsministerium zu erfahren. Außerdem soll eine Verlängerung des Verfalldatums, das derzeit bei einem Jahr liegt, geprüft werden.

 

Für ABDA-Präsident Gabriele Regina Overwiening ist die Lauterbachsche Neuregelung, dass Ärzte das Paxlovid abgeben dürfen, ein „verantwortungsloser Aktionismus“. Auch sie geht davon aus, dass das Ministerium Angst habe, auf den großen Mengen Paxlovid sitzen zu bleiben. Und sie stellt auch heraus, dass der nur sehr begrenzte Einsatz von Paxlovid nichts mit seiner Verfügbarkeit oder der Abgabe durch Apotheken zu tun habe. Das ändere sich nicht, wenn der Arzt das Medikament selbst dispensieren darf, meint Overwiening. Mein liebes Tagebuch, in diesem Punkt sind wir uns da allerdings nicht so sicher. Man kann nicht überschätzen, was ein kleines Honorar bewirken kann.

18. August 2022

Die nächste Covid-Welle kommt. Und das Bundesgesundheitsministerium denkt voraus. Um für die nächste Welle gerüstet zu sein, sollen einige Ausnahmeregelungen, die derzeit noch gelten, verlängert werden. Bis zum 7. April 2023 soll beispielsweise die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung verlängert werden. Sie enthält die erleichterten Abgaberegeln für Apotheken bei der Rezeptbelieferung, aber auch die Vergütungsvorschriften für Leistungen, die Ärzte, Apotheken und der Großhandel im Zusammenhang mit der Beschaffung und Abgabe von antiviralen Arzneimitteln zur Behandlung von Covid-19-Patienten erbringen. Auch die Coronavirus-Impfverordnung und -Testverordnung sollen bis in den April nächsten Jahres weiterhin gelten ebenso wie die Rechtsgrundlage für Covid-19-Impfungen in Apotheken. Mein liebes Tagebuch, was sich bewährt hat, soll auch weiterhin gelten. Wir werden sehen, ob das Paket an Verlängerungsanträgen von der Politik goutiert wird.

 

Sommerfeste von Heilberufskammern dürfen zwar Spaß machen, sind aber nie nur ein Vergnügungstreffen. Vielmehr werden dort auch harte gesundheitspolitische Themen diskutiert. So auch auf dem ersten gemeinsamen politischen Sommerabend der fünf Hamburger Heilberufekammern (Ärzte, Apotheker, Zahnärzte, Psychotherapeuten und Tierärzte). Im Mittelpunkt hier: der zunehmende Einfluss von Finanzinvestoren auf die Gesundheitsversorgung. Mein liebes Tagebuch, gut zu wissen, dass dieses dringende Thema in der Politik angekommen ist. Immerhin hatte Hamburg zuletzt auf der Gesundheitsministerkonferenz im Juni das Bundesgesundheitsministerium aufgefordert, Regelungen zu treffen, um die Aktivitäten von Fremdinvestoren mit ausschließlichen Kapitalinteressen im Gesundheitswesen zu begrenzen.

Der Präsident der Ärztekammer, Pedram Emami, sagte: Wir nehmen in den vergangenen zwei bis drei Jahren wahr, dass Arztpraxen vermehrt von Investoren aufgekauft werden. Bei den Zahnarztpraxen ist inzwischen schon über ein Viertel aller Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) in der Hand solcher Gesellschaften. In den anderen Heilberufen ist die Entwicklung nach unserem Eindruck vergleichbar.“ Die Kammern sind sich da einig: Sie begrüßen die Forderung an den Bund, wegen der möglichen Gefährdung des Patientenwohls umgehend gesetzgeberische Schritte zu unternehmen, um eine  Gründungsbefugnis für solche Konstrukte einzuschränken. Außerdem sollten die Besitzverhältnisse deutlich gemacht werden. Mein liebes Tagebuch, hoffen wir, dass die Politik aktiv wird. Zumindest sollte Transparenz herrschen, so Emami, beispielsweise durch zwingende Angaben auf dem Praxisschild. Mein liebes Tagebuch, das wäre auch das Mindeste. 

19. August 2022

„Nicht kundenzentriert“ lautet das Fazit von Handelsblatt-Autor Florian Kolf über die Express-Lieferdienste, die sich in den vergangenen Jahren vor allem in Großstädten stark vermehrt haben, Lieferdienste, die in nur wenigen Minuten Lebensmittel, Drogerieartikel und Arzneimittel zum Kunden bringen wollen. Laut Autor Kolf ist die Logistik, die dahinter steckt, sicher beeindruckend, aber trotzdem treffen diese Dienste meist nicht die Kundenwünsche. Außerdem ergeben sich oft Probleme durch die Infrastruktur: Die Lieferdienste benötigen ein enges Lagernetz und viele Fahrer. Und die Dienste funktionieren nur bei hoher Kundendichte wie in Großstädten. Die Folge: Die Start-ups werden nicht profitabel und scheitern. Mein liebes Tagebuch, der Handelsblatt-Beitrag bringt es auf den Punkt. Und die Ausführungen lassen sich wunderbar auf die Arzneimittel-Lieferdienste übertragen, die im Prinzip ein Problem lösen wollen, das es meist nicht gibt: Wer braucht schon OTC-Arzneimittel innerhalb von 30 Minuten per Fahrradkurier – wo doch auch die nächste Apotheke in Großstädten oft sogar zu Fuß schneller erreichbar ist. Und Rx-Artikel bringen auch die meisten Apotheken per Botendienst noch am gleichen Tag. Mein liebes Tagebuch, unsere Prognose: Alles nur ein kurzfristiger Hype – nur ganz wenige dieser Dienste werden überleben und nur, wenn sie Kundenbedürfnisse  besser in ihren Fokus nehmen.

 

Ein Gesetz, das derzeit als Referentenentwurf die Runde macht, nennt sich kurz „Krankenhauspflegeentlastungsgesetz“, aber wir Apothekers sollten da genau drauf schauen. Denn es geht darin auch um weitere Digitalisierungspläne des Bundesgesundheitsministeriums, vor allem um Schnittstellen fürs E-Rezept, z. B. wer solche Schnittstellen nutzen darf, nämlich nur an die Telematikinfrastruktur angeschlossene Krankenkassen, private Krankenversicherer, DiGA-Anbieter, Apotheken, Vertragsärzte und Krankenhäuser – und keine Drittanbieter (demnach also auch keine  Anbieter von Apothekenplattformen). Und das ist gut so, freut sich auch die ABDA in ihrer Stellungnahme. Außerdem soll mit dem Gesetz geregelt werden, dass E-Rezept-Token nicht über diese Schnittstellen übermittelt werden dürfen. Man will damit „etwaigen Versuchen zur Umgehung des Zuweisungs- und Makelverbots vorbeugen“. Doch in diesem Punkt kann sich die ABDA noch etwas mehr Schutz vor Fehlentwicklungen vorstellen – was sie durchaus richtig sieht. So sollte der Gesetzgeber deutlich klarstellen, dass der für Leistungserbringer einzig zulässige Weg für die Bereitstellung der Token die Nutzung der sicheren Telematikinfrastruktur ist. Jede andere elektronische Übermittlung, vor allem per SMS oder E-Mail, müsse schon aus Gründen der IT-Sicherheit und des Datenschutzes ausgeschlossen werden. Um es noch deutlicher zu machen: Es sollte ausdrücklich verboten werden, dass Dritte diese Token außerhalb der Telematikinfrastruktur verarbeiten und an Apotheken weiterleiten. Vollkommen richtig, mein liebes Tagebuch, dass Jedermann und Jedefrau Tokens abfotografiert und durch die Welt schickt – das kann's nicht sein. Das Abfotografieren und Kopieren wird man nicht verhindern können, aber eine Einlösung per kopierten Token schon. Die ABDA soll hierfür bereits die passenden Formulierung parat haben. Hoffen wir, dass sie sich im Gesetzestext wiederfindet.

Auch der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) unterstützt das  Anliegen des BMG, die Möglichkeiten der Schnittstellen eindeutiger zu formulieren und es nur noch Berechtigten zu ermöglichen, elektronische Verordnungen anzusteuern. Kritisch sieht der BAH, dass Krankenkassen auf die Daten der elektronischen Verordnungen zugreifen können sollen. Die  Krankenkassen könnten versucht sein, Versicherte zielgerichtet zu beeinflussen auf Grundlage der elektronischen Verordnungen. Man müsse vor allem alle Bestrebungen verhindern, so der BAH, dass Patienten in ihrer Entscheidung bei der Rezepteinlösung manipuliert werden könnten oder nicht neutral informiert werden. Mein liebes Tagebuch, angesichts der Möglichkeiten, die mit der elektronischen Verordnungen denkbar sind, müssen wir peinlichst genau auf die Gesetze schauen, die Missbrauch verhindern wollen. Hoffen wir, dass alle möglichen Umgehungen und Schlupflöcher geschlossen werden.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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5 Kommentare

Analogisierung des Digitalen?

von Michael Mischer am 22.08.2022 um 9:03 Uhr

Es seien mir dennoch Zweifel an den Versuchen erlaubt, den Versand des Tokens zu beschränken.

Das eRezept und der Token sind zwei paar Schuhe. Das elektronische Dokument, das schutzbedürftige ist, ist das eRezept und es liegt auf dem Server der Telematik. Der Token ist nur der "Link" darauf, für dessen Nutzung man einen Apothekenzugang zur Telematik benötigt. Die Handhabung des Tokens komplizierter zu machen, macht ihn nicht sicherer, sondern nur, naja, komplizierter.

Sicherlich, auch der Weg des Tokens zur Versandapotheke wird damit umständlicher - aber sehen wir doch den Tatsachen ins Gesicht: Deren Investoren werden technische Mittel und Wege finden, die Komplexität einzuhegen. Damit gewinnt die öffentliche Apotheke allenfalls Zeit, und davon nicht viel.

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Paxlovid

von Dr. Radman am 21.08.2022 um 10:55 Uhr

Wenn jetzt tatsächlich mehr Paxlovid Packungen durch die Ärzte verteilt werden, werden sich die Praxen endgültig als monetär beeinflussbare Einrichtungen entlarven.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Mediales Vakuum in Berlin

von Ulrich Ströh am 21.08.2022 um 9:33 Uhr

Die aktuellen medialen Aktivitäten von Daniela Hänel für die Freie Apothekerschaft e. V. füllen das Vakuum,das durch die weitgehende mediale Abstinenz der ABDA aufgetreten ist .

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Antwortschreiben an Prof. Dr. E. Franke

von Daniela Hänel am 21.08.2022 um 8:42 Uhr

Ein Antwort der Freien Apothekerschaft e. V. an Herrn Prof. Dr. E. Franke bezüglich seines Schreibens vom 02.08.2022 ist erfolgt.

Der persönliche Hinweis seinerseits, dass wir bei Hochpreisern insbesondere durch den ungedeckelten prozentualen Vergütungszuschlag so profitieren, bereitet mir Sorgen. Was, wenn hier noch der Deckel drauf gemacht wird? Und wir bei einer prozentualen Vergütung von nur 3 % nun noch einen Maximalbetrag bekommen?
Er schreibt das nicht ohne Hintergründe.

Wir haben uns die Mühe gemacht und ihm eine Berechnung zum einem Hochpreiser mit VK 5000 Euro inklusive MWSt beigefügt. Wir Apotheken bekommen 130,47 €. Davon müssen ALLE Kosten noch abgezogen werden einschließlich Kassenrabatt.

Ab einem Einkaufspreis (RX) von 32,14 € verdient der Statt über die Mehrwertsteuer mehr als die Apotheken. Der Kassenrabatt 1,77 € (brutto) ist dabei schon berücksichtigt und raus gerechnet.
Steigt der Kassenrabatt auf 2,00 € (brutto) sinkt der EK auf 30,75 € . Ab diesem verdient der Staat mehr als wir.

In den Gesprächen mit Abgeordneten wurde mir bestätigt, dass jeder denkt, wir verdienen am meisten bei den HP und dann Entsetzen, wie die Realität ausschaut. Man darf das zusätzliche Retaxrisiko auf „Null“ dabei nicht vergessen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Antwortschreiben an Prof. Dr. E. Franke

von Karl Friedrich Müller am 21.08.2022 um 10:59 Uhr

Man kann es ruhig auch hier erwähnen:
Bei 5000€ Verkaufspreis erhält der Staat 798,32€.
Wir also 130,47€, davon noch 1,77€ Kassenrabatt weg. Bleiben 128,70€. Der Staat bekommt also das 6,2 fache.
Aber unser Betrag soll also gedeckelt werden, während der Staat sich mit Händen und Füßen gegen eine ermäßigte MwSt wehrt. Das wäre St. schon eine sehr spezielle Sicht, die eigentlich nur verfangen kann, wenn man, wie offensichtlich Franke, so gar keine Ahnung hat und sich auch keine Mühe gibt, Informationen zu erhalten. Hier wird die Propaganda der GKV übernommen, die absichtlich wenig konkret ist. Genauso verhält es sich mit dem Gutachten. Die Sicht, dass Franke keine Ahnung hat, ist noch die nette. Andernfalls müsste man ihm die Ansicht unterstellen, das Volk zu belügen und das Gesundheitssystem weiter schwächen zu wollen.
Im Übrigen ist es nicht einzusehen, dass ausgerechnet Apotheken und weitere Leistungserbringer gekürzt werden sollen, während alles teurer wird

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