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19. August 2022
„Nicht kundenzentriert“ lautet das Fazit von Handelsblatt-Autor Florian Kolf über die Express-Lieferdienste, die sich in den vergangenen Jahren vor allem in Großstädten stark vermehrt haben, Lieferdienste, die in nur wenigen Minuten Lebensmittel, Drogerieartikel und Arzneimittel zum Kunden bringen wollen. Laut Autor Kolf ist die Logistik, die dahinter steckt, sicher beeindruckend, aber trotzdem treffen diese Dienste meist nicht die Kundenwünsche. Außerdem ergeben sich oft Probleme durch die Infrastruktur: Die Lieferdienste benötigen ein enges Lagernetz und viele Fahrer. Und die Dienste funktionieren nur bei hoher Kundendichte wie in Großstädten. Die Folge: Die Start-ups werden nicht profitabel und scheitern. Mein liebes Tagebuch, der Handelsblatt-Beitrag bringt es auf den Punkt. Und die Ausführungen lassen sich wunderbar auf die Arzneimittel-Lieferdienste übertragen, die im Prinzip ein Problem lösen wollen, das es meist nicht gibt: Wer braucht schon OTC-Arzneimittel innerhalb von 30 Minuten per Fahrradkurier – wo doch auch die nächste Apotheke in Großstädten oft sogar zu Fuß schneller erreichbar ist. Und Rx-Artikel bringen auch die meisten Apotheken per Botendienst noch am gleichen Tag. Mein liebes Tagebuch, unsere Prognose: Alles nur ein kurzfristiger Hype – nur ganz wenige dieser Dienste werden überleben und nur, wenn sie Kundenbedürfnisse besser in ihren Fokus nehmen.
Ein Gesetz, das derzeit als Referentenentwurf die Runde macht, nennt sich kurz „Krankenhauspflegeentlastungsgesetz“, aber wir Apothekers sollten da genau drauf schauen. Denn es geht darin auch um weitere Digitalisierungspläne des Bundesgesundheitsministeriums, vor allem um Schnittstellen fürs E-Rezept, z. B. wer solche Schnittstellen nutzen darf, nämlich nur an die Telematikinfrastruktur angeschlossene Krankenkassen, private Krankenversicherer, DiGA-Anbieter, Apotheken, Vertragsärzte und Krankenhäuser – und keine Drittanbieter (demnach also auch keine Anbieter von Apothekenplattformen). Und das ist gut so, freut sich auch die ABDA in ihrer Stellungnahme. Außerdem soll mit dem Gesetz geregelt werden, dass E-Rezept-Token nicht über diese Schnittstellen übermittelt werden dürfen. Man will damit „etwaigen Versuchen zur Umgehung des Zuweisungs- und Makelverbots vorbeugen“. Doch in diesem Punkt kann sich die ABDA noch etwas mehr Schutz vor Fehlentwicklungen vorstellen – was sie durchaus richtig sieht. So sollte der Gesetzgeber deutlich klarstellen, dass der für Leistungserbringer einzig zulässige Weg für die Bereitstellung der Token die Nutzung der sicheren Telematikinfrastruktur ist. Jede andere elektronische Übermittlung, vor allem per SMS oder E-Mail, müsse schon aus Gründen der IT-Sicherheit und des Datenschutzes ausgeschlossen werden. Um es noch deutlicher zu machen: Es sollte ausdrücklich verboten werden, dass Dritte diese Token außerhalb der Telematikinfrastruktur verarbeiten und an Apotheken weiterleiten. Vollkommen richtig, mein liebes Tagebuch, dass Jedermann und Jedefrau Tokens abfotografiert und durch die Welt schickt – das kann's nicht sein. Das Abfotografieren und Kopieren wird man nicht verhindern können, aber eine Einlösung per kopierten Token schon. Die ABDA soll hierfür bereits die passenden Formulierung parat haben. Hoffen wir, dass sie sich im Gesetzestext wiederfindet.
Auch der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) unterstützt das Anliegen des BMG, die Möglichkeiten der Schnittstellen eindeutiger zu formulieren und es nur noch Berechtigten zu ermöglichen, elektronische Verordnungen anzusteuern. Kritisch sieht der BAH, dass Krankenkassen auf die Daten der elektronischen Verordnungen zugreifen können sollen. Die Krankenkassen könnten versucht sein, Versicherte zielgerichtet zu beeinflussen auf Grundlage der elektronischen Verordnungen. Man müsse vor allem alle Bestrebungen verhindern, so der BAH, dass Patienten in ihrer Entscheidung bei der Rezepteinlösung manipuliert werden könnten oder nicht neutral informiert werden. Mein liebes Tagebuch, angesichts der Möglichkeiten, die mit der elektronischen Verordnungen denkbar sind, müssen wir peinlichst genau auf die Gesetze schauen, die Missbrauch verhindern wollen. Hoffen wir, dass alle möglichen Umgehungen und Schlupflöcher geschlossen werden.
5 Kommentare
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von Michael Mischer am 22.08.2022 um 9:03 Uhr
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Paxlovid
von Dr. Radman am 21.08.2022 um 10:55 Uhr
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von Ulrich Ströh am 21.08.2022 um 9:33 Uhr
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von Daniela Hänel am 21.08.2022 um 8:42 Uhr
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AW: Antwortschreiben an Prof. Dr. E. Franke
von Karl Friedrich Müller am 21.08.2022 um 10:59 Uhr
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