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16. August 2022
Der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) sorgt sich um die Versorgungssicherheit bei Arzneimitteln. Ihm bereitet die aktuelle Lieferengpass-Situation Sorgen. Als Lösung dieses Problems fordert er ein Frühwarnsystem zu etablieren, eine öffentlich zugängliche Datenbank, in der die Lieferschwierigkeiten transparent abgebildet werden. Mein liebes Tagebuch, während man über diese Forderung noch gutwillig nachdenken kann, obwohl sie ja doch keinen einzigen Engpass beseitigt, liegt der BKK mit seiner weiteren Forderung total daneben: Er macht die mangelnde Vorratshaltung in Apotheken für Lieferengpässe verantwortlich. Der BKK-Dachverband hält es daher für angebracht, die Bevorratung in Apotheken (laut § 15 ApBetrO sind Arzneimittel für mindestens eine Woche vorrätig zu halten) regelmäßig zu überprüfen und bei Nichteinhaltung zu sanktionieren. Außerdem meint der BKK-Dachverband, der mittlerweile dauerhaft etablierte Botendienst der Apotheken habe „dazu beigetragen, dass die Bevorratung auf den pharmazeutischen Großhandel verlagert wird, der die Lagerhaltung für Apotheken übernimmt“. Und nicht genug damit: Die Apotheken sollten nicht nur dazu verpflichtet werden, mindestens einen Vollsortimenter als Großhandel zu nutzen, sondern mindestens einen zweiten als „Back-up“. Mein liebes Tagebuch, mehr Sommertheater von Kassenseite geht nicht, oder? Eine Melange aus Unkenntnis, Mutmaßungen und Realitätsferne. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier ein Krankenkassenverband davon ablenken möchte, dass Lieferengpässe ein hausgemachtes Problem sind: die Rabattverträge der Kassen. Gäbe es ausreichend Arzneimittel von den Herstellern, gäbe es keine Lieferengpässe. Aber nicht alle Hersteller können und wollen Arzneimittel zu Dumpingpreisen produzieren, ausgelöst durch Rabattverträge der Krankenkassen. Der BKK sollte wissen, dass Lieferengpässe kein Problem des Handels (Apotheken, Großhandel) sind, sondern auf mangelnde Verfügbarkeit von Ware auf dem Markt zurückzuführen sind. Angesichts extremer Niedrigpreise, zu denen Arzneimittel für Rabattverträge produziert werden, können nur noch wenige Hersteller mit Produktionsstätten in Fernost mithalten. Und wenn es dann zu Produktionsausfällen und Transportschwierigkeiten kommt, gibt es – genau: Lieferengpässe. Lieber BKK-Dachverband, das Geschäft der Apotheken ist es, sich zu bevorraten, Arzneimittel zu verkaufen, abzugeben und die Versicherten zu versorgen – wenn es denn ausreichend Arzneimittel auf dem Markt gäbe. Und warum gibt es die nicht? Hallo BKK, jetzt mal scharf nachdenken!
Apothekerin Daniela Hänel, Vorsitzende der Freien Apothekerschaft, hatte in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Lauterbach gegen die geplante Erhöhung des Kassenabschlags protestiert. Die Antwort auf den Brief kommt von Staatssekretär Edgar Franke (SPD). Aus seiner Sicht ist die Belastung der Apotheken durch die geplante Erhöhung des Kassenabschlags im Rahmen des geplanten Spargesetzes vertretbar. Mein liebes Tagebuch, das hätte man sich denken können. Interessant ist, wie er zu dieser Sichtweise kommt, und das liest sich im Franke-Brief etwa so: Das Betriebsergebnis vor Steuern der durchschnittlichen Apotheke ist seit Jahren gestiegen, für die Mehrarbeit in der Pandemie (Schutzmasken, Verteilung von Covid-19-Impfstoffen, Impfen in Apotheken, Erstellen von Covid-19-Zertifikaten) hat die Apotheke ausreichend Geld bekommen, die zunehmende Abgabe von hochpreisigen Arzneimitteln hat auch zum Plus beigetragen. Und jetzt gibt’s für die Apotheken neue honorierte Tätigkeitsfelder wie Grippeschutzimpfung und pharmazeutische Dienstleistungen. Mein liebes Tagebuch, was zeigt uns diese Antwort von Franke? Vor allem ist sie ein so wunderschönes Lehrstück, wie Gesundheitspolitiker ticken. Sie sehen nur die Einnahmen – dass die Apotheken nichts geschenkt bekommen, sondern dafür richtig gut gearbeitet haben, zählt da nicht. Sogar die honorierten Dienstleistungen, die gerade mal so ganz langsam anlaufen und die uns noch viel Zeit und Geld kosten, werden in den Topf geworfen, um uns zu zeigen, wie gut wir dastehen. Dass unsere Ausgaben kräftig steigen, dass die Löhne, die Energiekosten und die Inflation uns zusetzt, wird nicht gesehen. Und die Krönung der Frankeschen Argumentation: Eigentlich dürfen wir froh und dankbar sein, dass das 2hm-Gutachten, das ein immenses Sparpotenzial bei Apotheken entdeckt habe, nicht weiter verfolgt wurde. Mein liebes Tagebuch, wir sollten überlegen, wie wir auf so eine Argumentationskette passend antworten. Da könnte uns doch einiges einfallen…
5 Kommentare
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von Michael Mischer am 22.08.2022 um 9:03 Uhr
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von Dr. Radman am 21.08.2022 um 10:55 Uhr
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von Ulrich Ströh am 21.08.2022 um 9:33 Uhr
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von Daniela Hänel am 21.08.2022 um 8:42 Uhr
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AW: Antwortschreiben an Prof. Dr. E. Franke
von Karl Friedrich Müller am 21.08.2022 um 10:59 Uhr
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