Grundlagen für pharmazeutische Dienstleistungen

GLICEMIA-2.0-Studie überzeugt auch gesundheitsökonomisch

München - 09.02.2023, 07:00 Uhr

Diabetiker engmaschig in der Apotheke zu betreuen lohnt sich offenbar. (Foto: samoilova / AdobeStock)

Diabetiker engmaschig in der Apotheke zu betreuen lohnt sich offenbar. (Foto: samoilova / AdobeStock)


Die Studien GLICEMIA und GLICEMIA 2.0 haben die Wirksamkeit pharmazeutischer Dienstleistungen belegt. Nun liegt eine gesundheitsökonomische Auswertung für GLICEMIA 2.0 vor, die auch die Wirtschaftlichkeit zeigt. Was dabei untersucht wurde und welche Fragen noch bleiben, erfahren Sie in einem Beitrag in der aktuellen DAZ.

Die Forschungsgruppe von Prof. Dr. Kristina Friedland und das Wissenschaftliche Institut für Prävention im Gesundheitswesen der Bayerischen Landesapothekerkammer (WIPIG) hatten in der GLICEMIA-Studie gezeigt, dass eine präventive Betreuung von Personen mit hohem Risiko für Diabetes Typ 2 in öffentlichen Apotheken dieses Risiko senken kann. In der Folgestudie GLICEMIA 2.0 ging es um die Sekundär- und Tertiärprävention. Dabei wurden Typ-2-Diabetiker ab 18 Jahren mit einem HbA1c-Wert über 7 Prozent und einem BMI über 25 kg/m2 ein Jahr lang in Apotheken zu erhöhter körperlicher Aktivität und gesunder Ernährung mit entsprechender Gewichtsreduktion angeleitet. 

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Außerdem erhielten sie ein mehrstufiges Medikationsmanagement. Dazu gehörten drei persönliche Gespräche, sechs Gruppenschulungen und monatliche Telefongespräche. Als Ergebnis sank der HbA1c-Wert in der Interventionsgruppe signifikant im Median von 8,00 Prozent auf 7,30 Prozent, in der Kontrollgruppe ohne statistische Signifikanz um 0,3 Prozentpunkte (siehe DAZ 2021, Nr. 29). Im DAZ-Interview hatte WIPIG-Geschäftsführer Dr. Helmut Schlager betont, dass die GLICEMIA-Studien die wissenschaftliche Evidenz für den Nutzen pharmazeutischer Dienstleistungen liefern.

Neue gesundheitsökonomische Auswertung

Inzwischen wurde GLICEMIA 2.0 im Forschungsinstitut IDC (International DiaLog College and Research Institute) an der Wilhelm-Löhe-Hochschule für angewandte Wissenschaften in Fürth unter Leitung von Prof. Dr. Jürgen Zerth (inzwischen Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt) gesundheitsökonomisch ausgewertet. Wegen der Bedeutung des Projekts als wissenschaftliche Grundlage für pharmazeutische Dienstleistungen dürfte die im Dezember 2022 publizierte Arbeit in die künftige berufspolitische Diskussion einfließen.

Wirtschaftlichkeit auch bei kurzfristiger Betrachtung gezeigt

Die Auswertung zeigt, dass Patienten mit hohen HbA1c-Ausgangswerten stärker profitieren als Patienten mit geringeren Werten. Der Teil der Interventionsgruppe mit HbA1c-Ausgangswerten über 7,9 Prozent (Median aller HbA1c-Ausgangswerte) erreichte schon nach sechs Monaten einen HbA1c-Wert unter 7,9 Prozent. In 12 Monaten wurden zwischen den Gruppen keine signifikanten Unterschiede bei den Kosten für die Arzneitherapie festgestellt. Die Zahl der Arztkontakte sank nur bei den Diabetologen. 

Neue Apothekenleistungen aus ­wirtschaftlicher Sicht

Wenig Geld, viele Fragen

Daraufhin wurde für die Auswertung kein ökonomischer Vorteil aufgrund sinkender Behandlungskosten herangezogen. Stattdessen wurden die Kosten für die Intervention anhand eines gesundheitsökonomischen Verfahrens bewertet, das sich an der Zahlungsbereitschaft für die Kontrollgruppe orientiert. Dabei erweist sich die Intervention als kosteneffektiv für Patienten mit HbA1c-Ausgangswerten über dem Median, nicht jedoch bei geringeren Ausgangswerten.

Längerfristiger Vorteil bleibt hier offen

Die erwarteten langfristigen Vorteile der Intervention gehen in diese Betrachtung nicht ein. Der Wert der pharmazeutischen Dienstleistungen dürfte also deutlich größer sein. Doch trotz der kurzen Beobachtungszeit zeigt die Auswertung, dass die untersuchte Sekundär- und Tertiärprävention für Typ-2-Diabetiker in Apotheken bei ungünstigen Ausgangswerten wirtschaftlich ist. Die Einzelheiten dazu finden Sie in der aktuellen DAZ.

Dr. Thomas Müller-Bohn

Dr. Thomas Müller-Bohn

Dr. rer. nat. Thomas Müller-Bohn, Apotheker und Diplom-Kaufmann, Studium der Pharmazie (Uni Marburg) und der Betriebswirtschaftslehre (Uni Bielefeld), Promotion (Uni Bonn). 
Nach Tätigkeit in der öffentlichen Apotheke freier Wissenschaftsjournalist, auswärtiges Mitglied der Redaktion der Deutschen Apotheker Zeitung, Vortrags- und Seminartätigkeit, Autor mehrerer Bücher, Lehraufträge für Pharmakoökonomie (Uni Hamburg 2001 bis 2007, Uni Kiel seit 2003).


Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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