Nach Aducanumab

Warum auch Lecanemab Alzheimer-Patienten in Europa vorenthalten bleibt

29.07.2024, 14:15 Uhr

Aducanumab (Aduhelm) wurde in den USA zwar zugelassen, wird mittlerweile aber auch dort nicht mehr vermarktet. (Symbolfoto: peopleimages.com / AdobeStock)

Aducanumab (Aduhelm) wurde in den USA zwar zugelassen, wird mittlerweile aber auch dort nicht mehr vermarktet. (Symbolfoto: peopleimages.com / AdobeStock)


Während in den USA bereits drei Anti-Amyloid-Antikörper gegen Alzheimer zugelassen wurden, müssen in Europa Alzheimer-Patient:innen weiterhin auf diese Therapieoption verzichten. Die Risiken der Therapie überwiegen laut europäischer Arzneimittelbehörde bislang den Nutzen.

Nachdem der Humanarzneimittelausschuss (CHMP) der EMA aufgrund von widersprüchlichen Studienergebnissen und Sicherheitsbedenken (Hirnschwellungen und Blutungen) Ende 2021 in Europa von einer Zulassungsempfehlung für den Anti-Amyloid-Antikörper Aducanumab abgesehen hatte, ruhten die Hoffnungen für einen Fortschritt in der Alzheimer-Behandlung auf einer möglichen Zulassung von Lecanemab. 

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Positive Phase-III-Ergebnisse Anfang 2023 machten Hoffnung auf eine Zulassung des Antikörpers, der wie Aducanumab die Ablagerung von Beta-Amyloid im ZNS verhindern soll. Doch nun hat sich der CHMP am 25. Juli 2024 auch gegen die Zulassung von Lecanemab (Leqembi) ausgesprochen. 

ARIA: Vorsicht Schwellungen und Blutungen im Gehirn

Die Risiken von Lecanemab sollen den geringen Nutzen des Antikörpers überwiegen – wieder ging es dabei um Schwellungen und Blutungen im Gehirn, sogenannten ARIA (amyloid-related imaging abnormalities = amyloidbedingte bilgebende Anomalien). Dabei hebt der CHMP hervor, dass das ARIA-Risiko ausgerechnet bei Personen (mit zwei Kopien des Gens für Apolipoprotein E4) erhöht ist, die wahrscheinlich für eine Behandlung mit Lecanemab infrage gekommen wären.

Lecanemab-Anbieter Eisai kann nun noch eine erneute Prüfung der Zulassung beantragen.

DGN befürchtet Zwei-Klassen-Medizin

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) bedauert in einer Stellungnahme vom 26. Juli 2024, dass in Europa für Lecanemab keine Empfehlung zur Zulassung erteilt wurde. Zwar betont auch die DGN, dass eine Lecanemab-Therapie Alzheimer nicht heilen oder zum Stillstand bringen und lediglich das Fortschreiten der Erkrankung bei Betroffenen im Alzheimer-Frühstadium verlangsamen kann. Zudem gebe es viele praktische Limitationen der Therapie: „ein sehr frühes Zeitfenster für die Therapieinitiierung, mangelnde Refinanzierung der erforderlichen Frühdiagnostik, fehlende Versorgungsstrukturen, Nebenwirkungen“. Die Fachgesellschaft befürchtet aber nun, dass wer es sich leisten könne, Lecanemab über internationale Apotheken beziehen werde und so eine Zwei-Klassen-Medizin gefördert wird. 

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In den USA wurde mit Donanemab (Kisunla) währenddessen bereits der dritte Alzheimer-Antikörper zugelassen – nach Aducanumab und Lecanemab. Aducanumab (Aduhelm) wird in den USA allerdings nicht mehr vermarktet. Auch bei Donanemab wird in den Fachinformationen vor ARIA gewarnt. Bei der EMA soll bereits ein Zulassungsantrag für Donanemab von Eli Lilly gestellt worden sein. 


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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