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Grundkurs Apothekenmarketing

Teil 13: Preispolitik

Die Preispolitik ist ein Marketinginstrument, das sich direkt auf den Gewinn der Apotheke auswirkt. Allerdings bestehen aus gutem Grund die Möglichkeiten der Preisgestaltung nur für OTC- und Freiwahl-Produkte sowie für Dienstleistungen. Preisentscheidungen können rasch umgesetzt, aber sie können auch rasch nachgeahmt werden. Die Preise haben eine starke Signalwirkung und sind ein wichtiges Element bei der Bildung des Images der Apotheke. Aus diesen Gründen sollte der Preisgestaltung größte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Von Dieter Benatzky

Der Preis ist die Gegenleistung für ein Produkt bzw. für eine Leistung ausgedrückt in Geldeinheiten. Der Kunde beurteilt beides nach subjektiven Kriterien. Je höher er die subjektive Attraktivität des Produkts bzw. der Leistung einschätzt, desto höher ist der von ihm akzeptierte Preis. Der Preis ist also dem subjektiven Urteil des Kunden unterworfen. Dieses Urteil wird beeinflusst von der Preisoptik, seinem subjektiven Preisinteresse, seiner Preiskenntnis und der Preishöhe von alternativen Vergleichs- bzw. Referenzprodukten.

Im Beratungsgespräch sollte das Apothekenteam unterstützend den Nutzen des Produktes für den Kunden hervorheben, um die Attraktivität zu erhöhen. Außerdem kann das Heranziehen von teureren Vergleichsprodukten die Preishöhe relativieren und eine Kaufentscheidung herbeiführen. Ebenso lassen im Regal platzierte teurere Referenzprodukte die übrigen Produkte preiswerter erscheinen. Doch zunächst zu den Prinzipien der Preisfindung.

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Die Prinzipien der Preis­findung

Die Preisfindung bewegt sich zwischen den Einflussfaktoren Einkauf, Kosten, Wettbewerb und Kunden. Woran soll sich der Apotheker orientieren?

Orientierung am Einkauf: Die Zuschlagskalkulation rechnet mit dem Einkaufspreis als Basis. Mit einem festgelegten Zuschlagssatz erhält man den Verkaufspreis. ­Wegen seiner Einfachheit findet dieses Verfahren in der Praxis nach wie vor Anwendung, obwohl es leider viele Schwächen aufweist. So werden preislich alle ­Artikel ähnlich behandelt, die Möglichkeiten von Preisdifferenzierungen werden nicht genutzt. Dadurch erscheinen viele Artikel als zu teuer und andere Artikel sind zu billig. Fazit: In den Augen der Kunden wirkt das angebotene Sortiment teuer, durch teilweise fehlerhafte Preise „verschenkt“ die Apotheke Rohertrag.

Orientierung an den Kosten: Ähnliches gilt für die Kosten-Plus-Methode, die eine Weiterentwicklung der Orientierung an den Beschaffungspreisen darstellt. Hierbei werden nicht nur die Einkaufspreise berücksichtigt, sondern es werden alle weiteren Kostenarten sowie die er­forderliche Rendite in einer sogenannten progressiven Kalkulation aufgeschlagen.

Diese Methode ist kostenrechnerisch interessant, aber für die Preisfindung nicht sinnvoll. Es ­besteht die Gefahr, dass sich die Apotheke aus dem Markt kalkuliert und/oder Rendite verschenkt.

Orientierung am Wettbewerb: Die Apotheke konkurriert einerseits mit anderen Apotheken sowie andererseits mit Drogerie- und ­Supermärkten, die überlappende Sortimente führen. Für den Wettbewerbsvergleich sind das Preis­niveau und die Indikatorartikel wichtig. Beim Preisniveau sollte die Apotheke mit den anderen Apotheken etwa gleich liegen; das niedrigere Preisniveau des Einzelhandels kann und muss nicht erreicht werden. Jetzt kommen die Indikatorartikel ins Spiel, deren Preise im Gedächtnis der Kunden verankert sind. Dies betrifft vor ­allem die Marktführer der Warengruppen, insbesondere wenn diese stark beworben werden. Die Kunden leiten ihr Preiswürdigkeits-Urteil vom Preis dieser Indikatorartikel ab und übertragen es auf das gesamte Angebot. Deshalb sollten die Preise der Indikator­artikel in der Freiwahl den Wettbewerbspreisen entsprechen oder diese sogar unterbieten.

Orientierung an den Kunden: Die Kunden interessieren sich ­naturgemäß am stärksten für die Preise, wobei das Preisinteresse unterschiedlich ausgeprägt ist. Es ist hoch bei Indikatorartikeln sowie bei Produkten mit einem ­hohen kognitiven Involvement. Ein Preisvergleich mit Angeboten aus dem Einzelhandel ist nur bei Standardartikeln möglich. Diese sollten zugunsten von Exklusiv­artikeln in der Freiwahl eher ­schmal platziert werden.

Mit dem Preisinteresse der Kunden ist auch die Reaktion auf Preisveränderungen verbunden. Die Auswirkungen von Preisveränderungen auf die Nachfrage werden mithilfe der Preiselastizität bestimmt. Diese gibt an, in ­welchem Maß sich die Absatz­menge bei einer Änderung des Preises verändert. Die Formel für die Preis­elastizität der Nachfrage E lautet entsprechend:

Die Nachfrage ist preisunelastisch, wenn sie bei Anhebung des Preises nur geringfügig zurückgeht und umgekehrt (E > -1). Die Nachfrage ist preiselastisch, wenn sie bei Steigerung des Preises in stärkerem Ausmaß sinkt und entsprechend bei Senkung des Preises stark ansteigt (E < -1 ). Bei E = -1 entspricht die Veränderung des Preises der Veränderung der nachgefragten Menge. Wenn man die Preiselastizitäten kennt oder einschätzen kann, dann können sie eine Richtschnur für Preiserhöhungen oder Preissenkungen sein. Leichte Preiserhöhungen sind bei eher preisunelastischen Produkten möglich. Preissenkungen sollten – wenn überhaupt – bei preiselastischen Artikeln vorgenommen werden (s. Kasten „Die Artikel sind eher preisunelastisch, wenn ...“).

Die Artikel sind eher preis­unelastisch, wenn ...

  • … keine Substitutionsgüter verfügbar sind,
  • … der Bedarf kurzfristig und dringend ist,
  • … es sich um exklusive Markenprodukte handelt,
  • … es sich nicht um Indikatorartikel handelt.

Spielraum für Preis­anhebungen

Neben der vorsichtigen Preiser­höhung bei preisunelastischen Artikeln können auch Preisschwellen genutzt werden, um Preise zu erhöhen. Bei nahezu allen Konsumgütern gibt es kleine Preisbereiche, in denen die Preis­elastizität starr ist, wo sich also eine Preisveränderung auf die Nachfrage nicht oder kaum auswirkt und von den Kunden nicht oder kaum wahrgenommen wird. Übersteigen die Preise jedoch eine Preisschwelle, dann nehmen die Kunden dies wahr und reagieren mit Kaufzurückhaltung.

Alle Preise sollten daher daraufhin überprüft werden, ob sie den Preisspielraum direkt unterhalb von Preisschwellen nutzen. Runde Preise wie 2 oder 20 Euro, aber auch 4,60 oder 5,20 Euro stellen Preisschwellen dar. Sinnvollerweise werden die Preise direkt unter den Preisschwellen mit 1,99 oder 19,99 Euro bzw. 4,59 oder 5,19 Euro ausgelobt. Übrigens werden generell gebrochene Preise als preisgünstig beurteilt.

Die Preisbereitschaften unterscheiden sich auch in zeitlicher Hinsicht. So sind im Bekleidungseinzelhandel in der Vor- und Nachsaison die Preise niedriger. Es ist zu überlegen, ob dies auch auf einige Produkte der Apothekenfreiwahl übertragen werden kann.

Schließlich sollte man sich auf das Preiswürdigkeits-Urteil der Apothekenkunden verlassen. Sie setzen den Preis ins Verhältnis zum subjektiv wahrgenommenen Produktnutzen. Dieser Nutzen ist stark abhängig von der Qualität und der Atmosphäre der Apotheke als Einkaufsort (POP Point of Purchase). Es sollte daher immer größter Wert auf eine gepflegte ­Atmosphäre in der Offizin und eine geordnete Apothekenfreiwahl gelegt werden.

Preisnachlässe und Preisaktionen

Preisnachlässe und Preisaktionen müssen gründlich geplant werden. Sicher sind immer nur die Ertragsverluste aufgrund der Preissenkungen, die erwarteten Umsatzsteigerungen können nur geschätzt werden. Bei Preisaktionen sollte vorher der erforderliche Mehrumsatz berechnet werden, der erreicht werden muss, um zumindest den gleichen Ertrag sicherzustellen. Hierfür gibt es eine einfache Formel:

Wir fragen zum Beispiel, wie hoch der Mehrumsatz sein muss, wenn für einen Artikel mit einer Handelsspanne von 50% und einem ­variablen Kostensatz von 20% eine Aktion mit 10% Aktionsrabatt durchgeführt wird. Nach der obigen Formel ergibt sich ein Mehrumsatz von 50%! Deshalb ist darauf zu achten, dass es sich bei Aktionsware immer um preis­elastische Artikel handelt.

Als Kaufmann sollte man nach dem Grundsatz handeln, dass sich alle Preisaktionen selbst tragen müssen. Sie sollten sich über die zusätzlich generierten Umsätze oder – wie im Einzelhandel üblich – über preislich angehobene Kompensationsartikel finanzieren. Außerdem sollte immer versucht werden, von den Lieferanten entsprechende Werbekostenzuschüsse zu erhalten.

Im Zusammenhang mit Preisaktionen müssen natürlich auch Zugaben erwähnt werden. Zugaben wurden nach häufigem missbräuchlichem Einsatz auf einen niedrigen Wert in Höhe von bis zu einem Euro festgesetzt. Damit sind sie kein Instrument zur aggressiven Kundengewinnung. Zugaben können aber zur Kundenbindung beitragen, wenn sie durch geschickte Auswahl speziell für den jeweiligen Kunden einen Mehrwert darstellen und mit einem kompetenten und freundlichen Hinweis überreicht werden. Dann wird die Zugabe zu einem angenehm empfundenen Abschluss eines Apothekenbesuches, der sich beim Kunden einprägt. Dies gilt im Übrigen auch für die kostenlose Abgabe von Kundenzeitschriften.

Bei Preisaktionen sollten folgende Regeln beachtet werden:

  • Preisnachlässe werden nie für das gesamte Sortiment oder für ganze Warengruppen vorgenommen.
  • Alle Preisaktionen werden zeitlich begrenzt.
  • Sie werden immer nur eingesetzt, um bestimmte Aktionsziele zu realisieren, z. B. die Stimulierung des Absatzes bestimmter Produkte bzw. Warengruppen oder Kundengewinnung und -bindung.
  • Je nach Ziel sind Umsatzgrößen, Anzahl Kunden oder Höhe des Bonwertes pro Kauf festzulegen und nach Abschluss der Aktion zu überprüfen.

Für jedes Ziel gibt es typische Aktionsformen. Viele sind im Einzelhandel erprobt, kommen aber in Apotheken – noch – nicht zur Anwendung. Vielleicht ist es an der Zeit, mit neuen Preisaktionen zu zeigen, dass die Apotheke auch beim preisaktiven Angebot des Freiwahlsortiments eine attraktive Einkaufsstätte ist. Eine Aufstellung zu im Einzelhandel üblichen Aktionsformen enthält die Tabelle.


Im Einzelhandel übliche Aktionsformen
Zielsetzung
Aktionsform
Kurzbeschreibung
Stimulierung des Absatzes
Coupons
Gutscheine, in festgelegter Zeitdauer einzulösen
Direct-Mail-Coupons
Versand von Coupon-Heftchen per Brief, Mail oder SMS
Leaflet-Coupons
Ausgabe der Coupons über Handzettel
On-Pack-Coupons
Coupons befinden sich auf der Verpackung
Preisnachlass
Begrenzter Preisnachlass und Aktions-Schütten
Multipacks
Mehrere Packungen des Produkts werden gemeinsam verpackt zu einem günstigeren Preis angeboten
Kundenbindung
Bonusaktionen
Vorzugspreise für Inhaber von Kundenkarten
Follow the Free
Kostenlose Abgabe des Erstprodukts (vielfach Software) und dann Komplementär­produkte kostenpflichtig
Bonusprogramme
Bonuspunkte pro Einkauf
Umsatzbonus
Rückerstattung auf Monats-, Quartals- oder Jahreseinkäufe
Kunden­gewinnung
Rabattaktionen
zeitlich eng begrenzte Preissenkungen auf bestimmte Warengruppen z. B. morgen 20% auf das ganze Körper­pflege-Sortiment
Mengenrabatte
Preisreduktion bei festge­legten Kaufmengen
Treuerabatte
Ausgelobte Preisreduktion wird erst nach mehrmaligem Kauf gewährt
Zeitrabatte
Preissenkungen an einem bestimmten Zeitpunkt für bestimmte Kundengruppen (Seniorentag, Studententag, Frauentag etc.)
Serviceangebote
Kostenlose Dienstleistungen beim Kauf bestimmter Produkte

Es ist zu wünschen, dass Ihnen diese Ausführungen zur Preispolitik einige Anregungen für Preiserhöhungen und sinnvolle Preisaktionen geben und damit helfen, Ihr Betriebsergebnis zu erhöhen. Alle Sortiments- und Preismaßnahmen sind eingebettet in die Apothekenkommunikation. Das wird das letzte Kapitel unseres Grundkurses sein. Seien Sie gespannt auf die nächste Folge in 14 Tagen. |

Prof. Dr. Dieter Benatzky


Prof. Dr. Dieter Benatzky ist Leiter des Instituts für Gesundheitswirtschaft in Bad Endorf und emeritierter Professor für Marketing an der FH Rosenheim


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